Kommissar Morry - Der Judas von Sodom
was das für eine Summe ist? Dreihundert Pfund! Von diesem Geld könnten wir ein halbes Jahr lang leben.“ „Hm. Und wer fängt den Mörder?“ fragte Steff Milligan spöttisch. „Du vielleicht? Mit der Klappe, he?“
„Was soll das?“ murmelte Chris Longman gekränkt. „Um ein Haar hätte ich ihn gefaßt. Das nächstemal passe ich besser auf. Die dreihundert Pfund gehören uns. Verlaßt euch auf mein Wort, Boys!“
„Ich würde ihm keine Silbe glauben“, sagte da plötzlich eine dunkle Stimme. „Er hat in Wirklichkeit keine Ahnung, wer der Mörder ist.“ Chris Longman starrte wütend auf den ungebetenen Gast, der sich an ihren Tisch geschlichen hatte. Es war Thom Harban, der Mann, den man vor ein paar Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen hatte. Er war wieder sehr elegant gekleidet und stach merkwürdig von den fünf verkommenen Strolchen ab. „Glaubt ihm kein Wort, Boys“, sagte er noch einmal. „Er wird jahrelang hinter dem Mörder herrennen, ohne ihn jemals zu fangen.“
„Hau ab, verfluchter Judas“, zischte Chris Longman erbost. „Weißt du etwa mehr als wir? Bist du dem Mörder schon persönlich begegnet?“
„Vielleicht!“ lächelte Thom Harban mit unerschütterlicher Ruhe. „Vielleicht könnte ich ihn euch genau beschreiben. Er ist groß, schlank, dunkelgebräunt und...“
„Das hast du von den Steckbriefen abgelesen, wie?“ höhnte Chris Longman geringschätzig. „Finde, die Beschreibung könnte ganz gut auf dich passen. Wundert mich, daß noch niemand darauf gekommen ist. Hast du nicht mal eine Weile lang James Hatfield geheißen?“
Thom Harban ließ sich schmunzelnd am Tisch nieder. Er trank einen Schnaps und rauchte eine Zigarette dazu. Spöttisch musterte er die fünf Männer am Tisch.
„Ich könnte euch einen Tip geben“, meinte er gedehnt. „Einen Tip, wo ihr den Mörder finden könnt.“
„Wo hält er sich versteckt?“ fragte Chris Longman wie aus der Pistole geschossen.
„Versteckt? Er hält sich überhaupt nicht versteckt. Er läuft frei herum. Manchmal ist er gleich nebenan im Mulatten Klub zu sehen...“
„Warum fängst d,u ihn dann nicht selbst, wenn du ihn so genau kennst?“ fragte Buster Lorre argwöhnisch. „Du willst uns wohl auf den Leim führen, he? Ein faules Ei in die Tasche zaubern, he?“
„Wenn ich Beweise hätte“, sagte Thom Harban langsam, „dann würde ich heute nacht noch zupacken, das dürft ihr mir glauben. Dann würde ich euch auch gar nicht brauchen. Aber diese Beweise fehlen eben noch. Ihr müßtet sie erst mühsam Zusammentragen. Dafür dürftet ihr die Belohnung allein kassieren. Ich will nichts davon.“
Die fünf Burschen am Tisch blieben mißtrauisch. „Warum bist du dann so interessiert daran, daß wir den Mörder fangen? Da stimmt doch was1 nicht?“
Thom Harban zuckte mit den Achseln. „Denkt, was ihr wollt“, sagte er wegwerfend. „Ich wollte euch nur den Tip geben, daß der Mörder höchstwahrscheinlich im Mulatten Klub verkehrt. Ich glaube sogar, daß er seine Hände im Kokain- Geschäft hat. Er ist sicher ziemlich reich. Er kann es sich leisten, von Zeit zu Zeit im Ausland unterzutauchen. Wenn ich nicht irre, wird er von seinen Freunden im Mulatten Klub Burt Lukin gerufen. Aber das müßtet ihr erst herausfinden. Genau weiß ich es nicht.“
Nach diesen Worten trank Thom Harban seinen Schnaps aus und nahm seinen Hut vom Haken.
„Überlegt es euch“, meinte er zum Abschied. „Ein solches Angebot bekommt ihr nicht alle Tage. Bis morgen, Boys!“
„Was haltet ihr von seinem Gerede?“ fragte Chris Longman, als Thom Harban verschwunden war. „Denke, der Bursche will uns nur veralbern. Ich traue ihm nicht über den Weg.“
Buster Lorre zuckte gähnend mit den Achseln. „Man könnte es ja einmal versuchen“, meinte er mundfaul. „Zum Mulatten Klub haben wir ja nicht weit. Melde mich freiwillig für den Gang. Macht sonst noch einer mit?“
„Ich“, sagte Chris Longman eifrig. „Ich bin dabei. Glaube, wir zwei sind vollauf genug. Die ändern sollen hier auf uns warten. Ist’s recht so, Freunde?“
Ja, sie waren alle damit einverstanden. Sie hatten nur den einen Wunsch, möglichst rasch die verlockende Belohnung zu kassieren. Je eher sie das Geld in die Finger bekamen, desto besser für den ganzen Verein.
Chris Longman gab Buster Lorre einen derben Stoß in die Seite. „Los!“ brummte er. „Wir brechen auf. Wird uns nicht schwerfallen, die verdammten Koksschieber nach einem gewissen Burt Lukin
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