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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Stöhnen. Sie verhauten ihn, bis er am ganzen Leibe grün und blau war. Vielleicht dauerte der ganze Hexentanz nur knappe drei Minuten. Aber für Chris Longman war es eine Ewigkeit. Er hatte das Gefühl, als wäre er schon verschwollen und blau geschlagen auf die Welt gekommen. Er war völlig fertig, als seine Peiniger endlich von ihm abließen.
    Fluchend, keuchend und greinend versuchte er sich zu erheben. Es gelang ihm nicht. Er mußte auf allen vieren vorwärts kriechen. Erst an der Hausmauer fand er soviel Halt, daß er sich mühsam auf richten konnte. Jeder einzelne Knochen tat ihm weh. Im Brustkorb schienen alle Rippen gebrochen. In seinem Kopf dröhnten unerträgliche Schmerzen. Ohne sich um Buster Lorre zu kümmern, taumelte er durch das rückwärtige Tor auf den Sodom Wall hinaus. Er kam nur langsam vorwärts. Er humpelte dahin wie ein lahmgeschossener Hund. Als er unter der nächsten Laterne die erste Rast einlegte, sah er plötzlich Buster Lorre auf sich zuwanken. Er sah um kein Haar besser aus als er selbst. Seine Augen waren so verschwollen, daß er kaum den Weg fand. Schwitzend und stöhnend klammerte er sich am Geländer fest.
    „Das war ein Zirkus, wie?“ brummelte er und spuckte einen Zahn auf den Gehsteig. „Schlimmer kann das jüngste Gericht auch nicht sein. Möchte nur wissen, was diese Halunken von uns wollten? Ich kann mir den Spuk jetzt noch nicht erklären.“ „Ich schon“, knurrte Chris Longman erbost. „Die fürchterliche Tracht, die sie uns da eben verpaßten, haben wir allein diesem verfluchten Judas zu verdanken.“
    „Wem?“ fragte Buster Lorre schwerhörig. „Diesem Thom Harban“, fluchte Chris Longman grimmig. „Er hat diese Pleite vorher gewußt. Unsere Abreibung geht allein auf sein Konto.“ Buster Lorre hatte noch immer nicht verstanden. Seine Ohren hingen wie zerknautschte Lappen nach vorn. Stumpfsinnig trottete er neben Chris Longman dahin. Sie hätten nach dem ausgestandenen Schrecken noch gern eine heiße Suppe im Bouillonkeller gegessen. Aber in ihrem Aufzug wagten sie nicht, vor ihren Freunden zu erscheinen. Sie wußten genau, wie lächerlich sie sich gemacht hätten. So schlichen sie trübsinnig an der Kneipe vorbei und wankten erschöpft ihrer Behausung zu.

    7

    Kommissar Morry schaute recht ungnädig von seinen Akten auf, als seine neue Assistentin Angela Sirion ins Zimmer trat. Er liebte es nicht be sonders, ohne jede Anmeldung gestört zu werden. Nicht einmal seine Inspektoren hatten das bisher gewagt.
    „Was wollen Sie denn?“ fragte er schroff.
    Angela Sirion ließ sich durch die unfreundliche Begrüßung nicht beirren. Sie nahm rasch und selbstsicher im Besuchersessel Platz. In schwärmerischer Verehrung blickten ihre grauen Augen auf den Kommissar. Wenn sie sich nur etwas anders kleiden würde, dachte Morry schaudernd. Ihr Kostüm sieht aus wie ein nasser Sack. Ihre Figur ist trostloser als eine Fahnenstange. Am meisten aber störten ihn die plumpe Nickelbrille und die straff nach hinten gekämmten Flachshaare.
    „Wollen Sie mir nicht endlich erzählen, was Sie zu mir führt?“
    Angela Sirion klappte eifrig ein Notizbuch auf. „Ich habe schon eine ganze Menge in Erfahrung gebracht“, begann sie zu plaudern. „Da ist zunächst einmal Thom Harban. Haben Sie schon et-was von diesem Mann gehört, Sir?“
    „Nein“, sagte Morry gleichgültig. „Was ist mit ihm?“
    „Zunächst einmal sieht er aus wie der Mann, den wir auf unserem Steckbrief suchen. Er ist groß, hochgewachsen, dunkel gebräunt, sieht fremdländisch aus und...“
    „Die weitere Beschreibung können Sie sich sparen“, brummte Morry ungeduldig. „Es gibt sicher tausend Männer in London, die genauso aussehen.“
    Angela Sirion strich ihr sackähnliches Kleid glatt. Dann heftete sie ihre Blicke wieder auf den Kommissar.
    „Es gibt noch einige Punkte, die Thom Harban für mich so interessant machen“, sagte sie. „Er ist mit den meisten Girls aus der Austern Bar befreundet. Mit einigen ist er schon ausgegangen. Mit Liz Etty ist er auch heute noch ständig zu sehen. Was halten Sie davon, Sir?“
    „Gar nichts“, sagte Morry trocken.
    Angela Sirion blätterte seufzend ihr Notizbuch um. Sie hatte geglaubt, ihre Nachricht würde wie eine Bombe einschlagen. Um so enttäuschter war sie, daß der Kommissar ihre Worte kaum ernst nahm.
    „Da ist noch etwas, Sir“, begann sie wieder von neuem. „Thom Harban war früher verheiratet. Er wohnte in Irland. Vor einem Jahr starb seine

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