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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Leisetretern und dickwanstigen Lebemännern umgeben. Es herrschte ein ziemlicher Tumult. Draußen im Foyer zeterten und schrien die vielen
    enttäuschten, die keine Karte mehr erhalten hatten. Punkt neun Uhr ging der Wirbel los. Die Lichter verdunkelten sich langsam und erloschen. Über der Bühne hob sich der Vorhang. Das Bar- Orchester spielte einen schneidigen Rumba. Und dann kamen sie hereingewirbelt, zwölf blitzsaubere Girls, eine so gut gewachsen wie die andere. Unter den bunten Flitterkostümen zeichneten sich verlockende Formen ab. Schlanke Beine, pralle Schenkel, biegsame Hüften — alles in allem makellose Figuren. Vergebens suchte Kommissar Morry nach einer blitzenden Brille. Umsonst spähte er nach einem dürren Geschöpf aus, das die gelben Haarsträhnen straff nach hinten gebürstet hatte. Leider konnte er die Gesichter aus dieser Entfernung nicht genau erkennen. So wußte er bis zum Schluß nicht, ob Angela Sirion wirklich mit von der Partie war. Sie hat mich angelogen, dachte er verärgert. Sie drückt sich vielleicht irgendwo im Garderobengang herum. Auf keinen Fall kann diese Vogelscheuche tanzen. Ungeduldig wartete er das Ende des Programms ab. Er war einer von den ersten, die den schummerigen Barraum verließen. Wie ein Baum pflanzte er sich draußen vor dem Seitenausgang auf. Er wartete auf die Girls, die bald aus der Garderobe kommen mußten. Zehn Minuten vergingen. Zwanzig Minuten. Eine halbe Stunde. Dann endlich kamen sie angetrippelt. Immer zwei oder drei nebeneinander. Nur hinten am Ende kam eine ganz allein. Es war Angela Sirion.
    „Nummer zwölf“, zählte Kommissar Morry. Es stimmte also. Sie zählte wahr und wahrhaftig zum Ballett.
    Kommissar Morry trat rasch auf sie zu. Er machte ein seltsam hölzernes Gesicht. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so unsicher gefühlt.
    „Wie habe ich Ihnen gefallen?“ fragte Angela Sirion mit glücklichem Gesicht. „Ich war wundervoll, nicht wahr? Sie müssen bedenken, daß ich alle Tänze in zwei Tagen erlernen mußte. Habe ich auch nur ein einziges Mal aus der Reihe getanzt?“
    Morry kniff verdrossen die Augen zusammen. Er sah sie an, wie sie da so unscheinbar und altjüngferlich vor ihm stand. Sie hatte einen viel zu weiten Mantel an mit einer riesigen Kapuze. Sie sah beinahe aus wie der Weihnachtsmann. Plump und häßlich lag die Nickelbrille über ihren Augen.
    „Haben Sie wirklich getanzt?“ fragte Morry restlos erschüttert.
    Angela Sirion blitzte ihn empört an. „Wie können Sie das jetzt noch bezweifeln?“ fauchte sie zornig. „Haben Sie mich denn nicht erkannt? Ich war die zweite von rechts.“
    „Die zweite von rechts“, murmelte Morry tonlos. „Es ist unfaßlich. Es ist wirklich unfaßlich.“

    *

    Um die gleiche Stunde wurde auch Liz Etty von einem Mann abgeholt. Es war Thom Harban, der sie am Seitenausgang erwartete. Höflich lüftete er den Hut vor ihr.
    „Du?“ fragte Liz Etty überrascht. „Ich dachte, du hättest heute Abend dringende Geschäfte zu erledigen?“
    „Daraus ist nichts geworden. Es ist auch gut so. Ich bin lieber mit dir zusammen. Die Geschäfte haben Zeit.“
    „Man wird nicht klug aus dir“, sagte Liz Etty gehemmt. „Wenn du immer so wärst wie eben jetzt, dann wäre ich das glücklichste Mädchen in ganz London.“
    „Bin ich nicht immer so?“ fragte Thom Harban gedehnt.
    „Nein. Leider nicht. Manchmal meine ich, ich sähe dich zum erstenmal. Du bist mir dann ganz fremd. Ich kann dir das nicht erklären. Vielleicht weißt du es selbst am besten.“
    Das Thema schien Thom Harban nicht besonders zu gefallen. Er lenkte rasch ab. „Wohin wollen wir gehen?“ fragte er lächelnd. „Schade, daß du noch immer in der Artistenpension wohnst. Ein Hotel wäre mir entschieden sympathischer.“
    „Die Pension am Mill Market ist sicherer für mich“, sagte Liz Etty scheu. „Dort kann mir nicht viel passieren. In einem Hotel ginge es mir vielleicht wie Kate Hugard oder Stephanie Malet. . .“ Thom Harban runzelte die Stirn. Er wurde schweigsam. Er sagte nichts mehr, bis sie vor der kleinen Teestube standen, die sie immer besuchten. „Willst du lieber heim?“ fragte er wortkarg. Liz Etty schüttelte den Kopf. Ihre blauen Augen blickten ihn forschend an. Die blonden Haare lagen wie ein heller Schein um ihr hübsches Gesicht.
    Sie traten ein. Sie setzten sich auf ihren alten Platz in der hintersten Ecke. Wie immer tranken sie Tee mit Rum.
    „Ihr seid jetzt wieder vollzählig, wie?“ fragte Thom

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