Kommissar Morry - Die Stimme des Terrors
seine Beziehungen zu Kitty immer nur als einen handfesten Flirt betrachtet. Er war davon überzeugt, daß Patricks Frau nicht anders denkt. Nun hat sich herausgestellt, daß das ein Trugschluß war."
„So geht das zuweilen mit einem sogenannten Flirt", erwiderte Stuart lakonisch. „Viel wird dabei nicht herauskommen. Wie gesagt: nur eine Freundschaft, die in Scherben gegangen ist. Es ist nicht allein Rogers Schuld."
„Er hätte es nicht soweit kommen lassen dürfen. Und wenn tatsächlich mehr als ein Flirt zwischen den beiden bestehen sollte, wäre Roger der letzte, der das zugibt."
„Kannst du ihm das verdenken? Er fühlt sich natürlich verpflichtet, Kitty zu decken. Tja, so ist das... Ärger, wohin man blickt! Mir geht es nicht anders. Heute morgen hatte ich einen Besucher, der sich in dieser Stadt keines sehr guten Rufes erfreut. Dirk Layman war bei mir."
„Der Gangster?"
„Kennst du ihn?"
„Nicht persönlich. Ich habe nur so einiges über ihn gehört. Ich kann nicht sagen, daß es für ihn sehr schmeichelhaft war. Du verkehrst doch nicht etwa mit ihm?"
„Ich habe ihn in einer Spielhölle kennengelernt. Du weißt, daß Roulett und Pokern meine große Leidenschaft sind. Als ich am Verlieren war, lieh er mir fünftausend Dollar. Ich verlor die Summe noch in der gleichen Nacht. Jetzt weißt du, wofür ich das Geld benötige."
„Layman wird es morgen bekommen. Aber, bitte, versprich mir, dich niemals wieder mit diesem Kerl einzulassen!"
„Ich verspreche es dir. Übrigens hat er mir ein paar sehr merkwürdige Dinge erzählt."
„Zum Beispiel?"
„Er behauptete, zu wissen, daß du von Ed, dem Mixer, eine Pistole gekauft hast."
„So? Hat er das gesagt?"
„Ja. Stimmen seine Angaben?"
Jeanette nickte.
„Warum hast du mir nie etwas davon erzählt?" fragte er, eher erstaunt als vorwurfsvoll.
„Ich... ich hielt es für überflüssig."
Stuart holte eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche. Er hielt ihr die Schachtel hin. Jeanette klaubte sich eine Zigarette heraus. Dann nahm er sich selber eine. Schweigend nahmen sie sich Feuer. Nach einigen Sekunden meinte Stuart: „Ich verstehe dich nicht, Liebling. Mir kannst du doch vertrauen! Begreifst du nicht, daß es dich in Schwierigkeiten bringen muß, wenn bekannt wird, daß du nur wenige Wochen vor dem Tod deiner armen Mutter eine Waffe gekauft und niemand davon auch nur ein Sterbenswörtchen gesagt hast?"
„Natürlich weiß ich das", erwiderte Jeanette, die starr geradeaus blickte und es vermied, Stuart in die Augen zu schauen. „Aber das ist noch nicht alles. Es kommt noch viel schlimmer. Die Pistole hatte das gleiche Kaliber wie die Mordwaffe."
„Layman erwähnte es. Aber es ist doch sicherlich zu beweisen, daß die Pistole nicht benutzt wurde? Beim heutigen Stand der Ballistik läßt sich das geradezu mühelos ermitteln."
„Nicht in meinem Fall."
„Wie bitte?" Er lenkte den Wagen an den Straßenrand und hielt. Dann wandte er sich dem Mädchen zu. „Sieh mich an, Jeanette... du mußt mir endlich die volle Wahrheit sagen!"
Jeanette machte ein gequältes Gesicht. Sie erwiderte seinen Blick und meinte: „Was gibt es da schon zu sagen? Ich fühlte seit langem, daß sich über unserem Haus ein Unglück zusammenzieht. Ich spürte, daß etwas Furchtbares auf uns zukam... ohne zu ahnen, worum es sich handeln mochte. Allein aus diesem Grund kaufte ich die Pistole. Sie gab mir das beruhigende Gefühl, den Ereignissen nicht wehrlos ausgesetzt zu sein. Ich sagte niemand etwas davon, weil ich nicht ausgelacht werden wollte. Als dann das Schreckliche mit Mama passierte, zählte nur noch der Augenblick. Ich hatte die Pistole ganz vergessen. Tage später erinnerte ich mich wieder an sie. Mir wurde rasch klar, daß mein verspätetes Geständnis von ihrem Besitz Aufsehen erregen und Mißtrauen wecken würde. Darum beschloß ich, zu
schweigen. Ich hatte sogar vor, die Waffe zu vernichten. Aber das war leider nicht mehr möglich."
„Wie soll ich das verstehen?"
„Die Pistole war nicht mehr da."
„Was denn ... du hast sie verlegt?"
„Nein. Irgend jemand hat sie gestohlen."
„Irgend jemand?" wiederholte Stuart ungläubig. Er schnippte die kaum angerauchte Zigarette ins Freie. „Ist dir klar, was du da sagst?"
„Ja, ich weiß auch, was das für mich bedeutet. Aber du, Stuart, zweifelst doch nicht an meinen Angaben? Du kennst mich! Du mußt wissen, daß ich die Wahrheit sage und völlig unschuldig bin!"
„Jaja", meinte er. „Das steht doch
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