Kommissar Morry - Die Stimme des Terrors
Rogers Wagen in ihr Blickfeld kam. Eine halbe Minute später hielt er neben ihr. Roger kletterte ins
Freie und begrüßte sie. Obwohl er sich um ein Lächeln bemühte, war ihm seine innere Nervosität anzumerken.
„Alles klar?" fragte er.
„Ich hoffe."
„Ist dir jemand gefolgt?"
„Lange Zeit dachte ich's. Eine blaue Limousine. Aber die bog dann kurz vor West Fork ab."
„Ich war ganz allein auf der Bundesstraße." Er warf einen Blick in Richtung der verfallenen Holzgebäude. „Hast du schon nachgeschaut, ob alles in Ordnung ist?" fragte er und senkte unwillkürlich die Stimme.
Sie schüttelte den Kopf. „Dazu fehlte mir der Mut."
Roger rieb sich die Hände, als ob ihm kalt sei. „Es ist am besten, wir fangen gleich an.“
Mißtrauisch musterte die junge Frau die Bäume und Büsche am Rand der Kiesgrube. „Komisch", sagte sie. „Ich fühle mich die ganze Zeit beobachtet."
„Wir werden auch beobachtet", versuchte er es mit einem lahmen Scherz. „Das schlechte Gewissen schaut uns zu!"
„Für Witze dieser Art bin ich nicht in der rechten Stimmung", meinte sie.
„Ich sehe mal nach, ob alles okay ist", meinte er. „Wenn sich an dem Wagen nichts verändert hat, wurde er auch noch nicht entdeckt. Dann können wir unbesorgt an die Arbeit gehen."
Er wandte sich ab und verschwand kurz darauf zwischen den verfallenen Bretterbuden. Wenig später tauchte er wieder auf.
„Alles in Ordnung", stellte er fest.
„Ich frage mich, weshalb wir den Wagen nicht gleich in die Grube gefahren haben!"
„Wir hatten keine Zeit", erwiderte er. „Außerdem war es zu dunkel. Es ist wichtig, sich vorher zu vergewissern, daß die Grube tief genug ist."
Er ging erneut weg und suchte sich ein etwa zwei Meter langes Brett. Dann trat er an den Rand der mit Wasser gefüllten Grube. Er legte sich auf den Bauch, um bei der Tiefenlotung nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Die Grubenwände fielen steil ab. Er tauchte die Latte bis an den Ellenbogen ein, vermochte aber keinen Grund zu erreichen.
Kitty war hinter ihn getreten. „Reicht es?"
Er ließ die Latte los und sprang auf. „Ja, es muß gehen."
„Beeile dich", drängte sie. „Meine Nerven sind für derlei Unternehmungen nicht gemacht."
„Ich hätte dich da nicht mit hineinziehen dürfen..." meinte er bekümmert.
„Unsinn! Es ist jetzt nur wichtig, daß wir nach getaner Arbeit rasch von hier wegkommen."
„Gehe auf den Hügel", bat er. „Behalte die Straße im Auge. Halte dich im Schutze eines Baumes oder Strauches. Wenn jemand auf den Feldweg einbiegt, gibst du mir ein Zeichen. Verstanden?"
Kitty nickte. Im Weggehen nestelte sie das Kopftuch ab. Er schaute ihr hinterher, dann wandte er sich mit einem Ruck ab und näherte sich den verfallenen Holzbuden. Zwischen ihnen stand O'Conners' Pontiac-Limousine. Roger räumte die Bretter und Zweige beiseite, die er zur Tarnung darüber gebreitet hatte und kletterte ins Innere des Wagens. Der Zündschlüssel steckte. Roger trat auf den Starter. Er hatte dabei das Gefühl, noch niemals zuvor ein lauteres Startgeräusch vernommen zu haben. Die Maschine sprang nicht an. Er zog den Choke und versuchte es erneut, aber auch nach wiederholtem Starten gelang es ihm nicht, den Motor in Gang zu bringen. Leise fluchte er vor sich hin. Seine Sicht war im Augenblick verdeckt, und er konnte Kitty nicht sehen, aber ihm war klar, daß sie seine vergeblichen Startversuche mit wachsender Nervosität verfolgte. Roger stieg aus und untersuchte den Boden. Der Untergrund war weich und sandig. Es würde unmöglich sein, die schwere Limousine zu zweit bis an den Rand der Grube zu schieben. Er öffnete die Motorhaube und blickte hinein. Technische Dinge waren noch nie seine Stärke gewesen. Er prüfte die Batterieanschlüsse und klopfte ein wenig an der Verteilerkappe herum. Dann kletterte er wieder in den Wagen und startete erneut. Umsonst. Er merkte, daß die Batterie im zunehmenden Maße an Kraft verlor.
Er gab es auf. Kitty kam den schmalen Weg herabgeeilt. „Springt er nicht an?"
„Hat er das schon öfters gemacht?"
„Ich glaube, es liegt an den Kontakten", meinte Kitty. „Ich weiß, daß Patrick in der letzten Woche wiederholt zur Werkstatt wollte, um sie auswechseln zu lassen."
„Wenn es die Kontakte sind, weiß ich mir zu helfen", sagte er. „Es genügt im allgemeinen, daß man sie mit dem Taschenmesser etwas auf raut."
Er ging sofort an die Arbeit. Bei einem neuerlichen Startversuch sprang die Maschine an. „Endlich!"
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