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Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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schickte Sidney Romer in meine Sprechstunde. Er hat es sicher gut gemeint. Ich habe mir die Krankenpapiere aus der Anstalt Tootham kommen lassen und mich entschlossen, Sidney Romer nach der modernen Splinding Methode zu behandeln. Fragt sich nur, ob sich der junge Mann wieder bei mir sehen läßt.“
    „Das möchte ich allerdings auch bezweifeln“, sagte Morry spöttisch. „Lieber einen kleinen Dachschaden als ein großes Loch im Schädel. Bei Ihnen würde er sicher nicht gesund werden, Doc. Ein Arzt, der einen Mörder zum Freund hat, ist nicht sehr vertrauenerweckend.“
    Dr. Vanmeren rückte nervös an seiner Brille. Sein Gesicht war bleich geworden. „Ich muß doch bitten, Kommissar“, brach es dann aus ihm hervor. „Bisher habe ich Ihre hämischen Angriffe stillschweigend hingenommen. Sollten Sie aber in diesem Ton weitersprechen, so werde ich von meinem Hausrecht Gebrauch machen.“
    Kommissar Morry lächelte nur. „Ich lasse mich nicht so leicht einschüchtern“, sagte er freundlich. „Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Doc, so ist es dieser: Raffen Sie sich endlich zur Wahrheit auf. Auf die Dauer können Sie den Mörder ja doch nicht decken. Da Sie ein intelligenter Mann sind, wissen Sie sicher selbst, daß es letzten Endes nur zwei Möglichkeiten für Sie gibt. Das Gefängnis oder den Tod von Seiten Ihres Freundes. Sie haben die Wahl, Doc! Überlegen Sie gut. Ich komme morgen wieder.“
    Das war zunächst alles. Morry nahm sich nicht einmal die Zeit zu einem Abschiedsgruß. Wortlos ging er aus dem Sprechzimmer. Er hatte kaum in seinem Dienstwagen Platz genommen, da sah er eine Menge Leute aus dem Haus des Arztes kommen. Es waren die Patienten, die eben noch im Wartezimmer gesessen hatten. Sie waren einfach weggeschickt worden. Die Sprechstundenhilfe stand unter der Tür und vertröstete die braven Leutchen auf den nächsten Tag.
    „Morgen“, sagte sie immer wieder. „Kommen Sie morgen um die gleiche Zeit, meine Herrschaften. Dr. Vanmeren fühlt sich augenblicklich nicht recht wohl.“
    „Hm“, brummte Morry und löste die Bremsen. „Man muß die Menschen nur zu behandeln wissen. Diesen Doktor habe ich ganz schön in die Zange genommen. Der alte Herr wird sich noch wundern. Das alles war nur der Anfang.“
    Er schaltete den Gang ein, überquerte den Ladogan Place und bog kurz nachher in den Kings Walk ein. Vor dem Hotel Astoria stellte er seinen Wagen ab. Der livrierte Portier setzte die Flügeltüre in Schwung. „Guten Tag, Sir“, grüßte er ehrerbietig. Er hatte die Polizeilimousine auf den ersten Blick erkannt. Deshalb beugte er den Rücken um zehn Zentimeter tiefer. Kommissar Morry schritt lächelnd an ihm vorbei und begab sich in den Speisesaal I im Erdgeschoß. An der Tür blieb er stehen und blickte forschend in den großen Raum. Die Tische waren noch immer so festlich gedeckt wie einst. Auch die Speisekarten boten noch immer eine verlockende Auswahl an Gerichten. Dennoch war der festliche Saal halb leer. Morry setzte sich an einen bescheidenen Ecktisch und verzehrte ein paar kleine Happen. Als er einmal den Kopf zur Seite wandte, sah er Daisy Hor- way hinter dem Büfett stehen. Das weiße Servierhäubchen stand anmutig zu ihrem hübschen Gesicht. Geschickt und rasch bediente sie die wartenden Ober.
    Morry sah eine Weile grübelnd zu ihr hin. „Na, na“, murmelte er. „Wenn das nicht das Mädchen aus Busters Hafenasyl ist, will ich mich hängen lassen. Wollen dem hübschen Kind mal ein wenig auf den Zahn fühlen.“
    Er wartete ab, bis sich der größte Rummel vor dem Büfett gelegt hatte. Dann ging er zu der polierten Ablage hinüber. Er lehnte sich lächelnd über ein Speisenbrett und blickte Daisy Horway herausfordernd in die Augen. „Wir kennen uns doch“, sagte er schmunzelnd. Sie haben mir in Busters Hafenasyl einmal einen verdorbenen Hering auf den Teller gelegt. Erinnern Sie sich noch?“
    Daisy Horway blickte den Mann hochmütig und abweisend an. „Was wollen Sie hier, Sie Wicht?“, sagte sie von oben herab.
    „Leute, die in Busters Hafenasyl verkehren, sind hier fehl am Platze. Gehen Sie in eine kleine Kneipe essen. Sicher wissen Sie mit Messer und Gabel gar nicht umzugehen.“
    „Ich heiße Kommissar Morry“, sagte der berühmte Detektiv belustigt. „Vielleicht erinnern Sie sich jetzt, Miß Horway. Ich war damals hinter Ihren Freunden her. Was machen die Lords jetzt eigentlich? Hocken sie immer noch im Hafenasyl herum?“ Daisy Horway biß sich auf die Lippen.

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