Kommissar Morry greift ein Kommissar Morry
seinem Schreibtisch zu. „Gut, ich komme mit, aber eines Tages werden Sie die Sache noch bereuen, Inspektor. Mir steht das Recht zu, Herr Inspektor, mich sofort mit meinem Anwalt in Verbindung zu setzen.“ Und schon hatte er den Telefonhörer ergriffen, drehte hastig die Nummernscheibe, und als sich der Teilnehmer meldete, rief er erleichtert aus:
„Gott sei Dank, daß du zu Hause bist, Mac! Inspektor Slade hat mich verhaftet . . . informiere bitte Helena, und dann suche mich sofort auf. Natürlich ein Irrtum, Mac, was denkst du denn? Man will mich angeblich gestern Nacht mit Mister Williams in meinem Wagen gesehen haben . . . Wer behauptet das?“ Porter schluckte einige Male, dann stammelte er hilflos: „Der Wirt vom Nightingale und Sergeant Thomson . . . aber ich sage dir doch, Mac, ich war zu Hause... ja, du kommst? Ich danke dir!“
„Mit welchem Anwalt haben Sie telefoniert?“ forschte Kenneth Slade neugierig, „ach, Rechtsanwalt Mac Hunter . . . nicht schlecht, nicht schlecht“, lachte er, „der Mann ist ausgezeichnet, aber diesmal wird er sich die Zähne ausbeißen ... Ich freue mich schon auf seinen Besuch . . . also, kommen Sie endlich mit.“ In dem Augenblick, als die Männer den Raum verlassen wollten, wurde die Tür aufgerissen und Mrs. Porter trat zögernd näher.
„Aber Henry“, rief sie entsetzt, „was ist denn geschehen? . . . Du siehst mich ja so merkwürdig an. Nun rede schon!“
„Ich stehe unter dem Verdacht“, lachte Henry Porter gequält auf, „meine Bank ausgeraubt zu haben. Ich möchte wissen, warum ich das gemacht haben sollte . . .“
„Das könnte ich Ihnen sagen“, fiel ihm der Inspektor ins Wort. „Zuerst haben Sie die Gelder und die unkontrollierten Werte der Safes erbeutet . . . Schön, ich gebe zu, daß Sie davon vielleicht Ihren Komplicen die Hälfte abgeben müssen, und dann die Versicherungssumme, die Sie wohl hundertprozentig erhalten hätten . . .“
„Aber Inspektor Slade“, stieß verzweifelt Mrs. Porter aus, „Sie können doch meinen Mann nicht verhaften. Es ist bestimmt alles ein Irrtum . . .“
„Dort steht er, der lebende Irrtum“, erklärte mit kalter Stimme der Inspektor und deutete auf Sergeant Thomson. „Auch der Wirt vom Nightingale hat Ihren Mann in Begleitung Mister Williams gesehen ... in dem stadtbekannten blauen Wagen . . . soll ich noch mehr sagen, Mrs. Porter?“
Weinend warf sich die schöne Frau an die Brust ihres Mannes. „Es ist doch nicht wahr, Henry“, stammelte sie, „es muß doch ein Irrtum sein . . . Bitte, Henry, sag doch schon etwas . . .“
„Was soll ich darauf erwidern“, stöhnte der Mann auf. „Ich habe vor wenigen Minuten Mac angerufen ... er wird dich aufsuchen . . . fahre sofort nach Hause . . . vielleicht ist er schon da. Glaube mir, Helena, es wird sich alles aufklären ... du hast doch Vertrauen zu mir, nicht wahr?“
Mit Tränen in den Augen nickte Helena Porter. Als ihr Mann in Begleitung der beiden Beamten das Zimmer verließ, schwankte die schöne Frau. Aber nur Sekunden währte dieser Schwächeanfall, dann raffte sie sich zusammen, und mit hocherhobenem Haupt schritt sie durch den Schalterraum.
*
Rechtsanwalt Mac Hunter war eine elegante Erscheinung. Schlank, hochgewachsen und mit aller Sorgfalt gekleidet. Die Krawatte war zu dem hellen Anzug abgestimmt, ebenso die Schuhe zu dem Hut. Sein volles, dunkles Haar war an den Schläfen leicht ergraut und gab so seinem Gesicht einen markanten Zug. Große, lodernde Augen verrieten überragende Intelligenz. Als Mrs. Porter das Herrenzimmer betrat, erhob sich Mac Hunter aus einem Sessel und legte mit einer weichen, mitfühlenden Gebärde seinen Arm um die Schulter der verzweifelten Frau und sagte:
„Ich werde nachher sofort zu Henry fahren . . . mach dir keine Sorgen, Helena, und denke stets daran, daß eure Ehre die meine ist.“
„Ach, Mac“, stöhnte die schöne Frau auf und ließ sich erschöpft in einen Sessel fallen, „ich habe solche Angst. Überlege doch einmal ... es sind zwei Zeugen da, die behaupten, gestern Nacht Henry in Begleitung Mister Williams gesehen zu haben . . .“
„Ich weiß schon“, winkte Mac Hunter ab und ließ sich Helena gegenüber nieder, „aber ich werde die beiden schon aus dem Sattel heben, darauf kannst du dich verlassen. Hast du Gelegenheit gehabt, Helena, dich mit Henry einen Moment allein zu unterhalten? Du weißt doch, ein Mann sagt seiner Frau alles . . . Als Anwalt muß ich alles einkalkulieren .
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