Kommissar Morry - Lautlos kommt der Tod
du dir wohl vorstellen, was mein Freund dann mit deiner lieben Frau anfängt!"
Winston Fleming stöhnte gequält auf. Auf keinen Fall durfte er sich noch einmal vergessen. Seine Frau befand sich in höchster Gefahr, und schon um ihre Qual zu verkürzen, jagte er in schnellstem Tempo dahin. Der Regen hatte sich noch verstärkt.
„Ein schönes Wetter heute", spottete der stiernackige Verbrecher und klopfte Winston Fleming wohlwollend auf die Schulter. „Direkt geeignet für eine Spazierfahrt. Scheinst ja endlich vernünftig geworden zu sein, mein Alter! Ich glaube, wir werden noch die besten Freunde."
„Sie Lump", zischte ihn, sich seiner Hilflosigkeit bewußt werdend, der verzweifelte Mann an.
Höhnisch lachte der Gangster auf. „Freundchen", warnte er, „werde mir nicht übermütig. Du mußt doch eigentlich am meisten daran interessiert sein, mich bei guter Laune zu halten. Wenn ich dich jetzt auch wirklich um einige der Kostbarkeiten erleichtere, so betrifft dich das doch nicht weiter, denn dafür steht ja wohl bekanntlicher weise die Versicherung gerade."
Mit zusammengepreßten Lippen raste Winston Fleming seinem Ziel entgegen. Als sie es nach wenigen Minuten erreicht hatten, stieß der Verbrecher sein Opfer in die Seite und flüsterte drohend:
„Du weißt hoffentlich, was für dich auf dem Spiel steht. Also mach keine Dummheiten. Je schneller wir fertig werden, desto besser für deine Frau."
Wie eine aufgezogene Puppe ging der Wehrlose auf eine Tür zu und schloß sie hastig auf. Nun schritten die beiden Männer die Treppe empor. Vor einer vergitterten Tür blieb Winston Fleming stehen, öffnete das komplizierte Schloß, rollte das Gitter auseinander und wollte gerade die Tür öffnen, als er zusammenzuckte. Hinter sich vernahm er die drohende Stimmte des Verbrechers: „Mit mir kannst du solche Dinger nicht machen, Alter. Ich weiß ganz genau, daß sich links in dem Kasten der Schalter für die Alarmanlage befindet. Und wenn du die Tür aufmachst, mein Guter", fuhr er auflachend fort, „ist rechts neben der Tür auch noch ein kleiner Hebel in Bewegung zu setzen. Ja, da staunst du, was? Ich bin genauestens informiert."
Winston Fleming war über das Wissen seines Peinigers derart überrascht, daß er unbewußt fragte: „Woher haben Sie die Informationen . . . wer hat Ihnen mein sorgsam gehütetes Geheimnis verraten."
„Dreimal darfst du raten", stieß zynisch der Verbrecher aus, aber dennoch wirst du nicht dahinter kommen. Nun beeil dich endlich, wir wollen die Sache schnell hinter uns bringen."
Winston Fleming resignierte. Bis zum letzten Augenblick hatte er auf diese Chance gehofft. Durch die Auslösung der Alarmanlage wären in wenigen Minuten die Polizeibeamten des Reviers erschienen.
Als sie sich im Innern der luxuriös eingerichteten Geschäftsräume befanden, deutete Winston Fleming auf die Vitrinen und sagte: „Bitte, bedienen Sie sich!"
„Das könnte dir so passten, du alter Narr. Dort hast du doch nur die kleinen Fische ausgestellt. Deine Kostbarkeiten befinden sich im Safe dort . . . die allein interessieren mich."
Als der Juwelier zögerte, stieß ihn der Verbrecher brutal in den Rücken. Quer durch den Raum taumelte der ältere Mann. Wieder peitschte ihn die Wut, und wie ein sprungbereites Raubtier starrte er auf seinen gefährlichen Gegner.
„Nun habe ich aber genug, du Idiot", brüllte der Gangster, „wenn du jetzt nicht parierst, schieße ich dich erbarmungslos zusammen."
Die dunkle Mündung des Revolvers deutete genau auf das Herz des Zurückweichenden. „Wenn ich aber abdrücke", fuhr der Verbrecher im gefährlichen Unterton fort, „hört das kein Mensch, die Waffe hat nämlich einen Schalldämpfer."
Die Augen des Stiernackigen verrieten grausame Entschlossenheit, und gerade seine harten Blicke waren es, die Winston Fleming zur Besinnung brachten. Es ging um sein Leben, und wenn er jetzt noch einmal zögerte, dann war es um ihn geschehen.
Er hatte in die Augen eines Mörders geblickt. Mit zitternden Händen öffnete er das komplizierte Schloß des gewaltigen Geldschranks.
„Donnerwetter", vernahm er nun die überrascht klingende Stimme des Verbrechers. „Das ist ja mehr, als ich erwartet habe. Nun mal schnell, Alterchen, hol alles raus, und dann legst du es mir schön sorgfältig in die Tasche. Aber alles, verstanden? Sieh mal", höhnte er, „ich bin doch großzügig. Die Sachen in den Vitrinen kannst du behalten als Schmerzensgeld."
Mit Tränen in den Augen
Weitere Kostenlose Bücher