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Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Titel: Kommissar Morry - Terror um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Telefonzelle bemerkte ein aufmerksamer Polizist einige Blutstropfen. Die sofort angestellte Untersuchung ergab jedoch, daß es sich um Kaninchenblut handelte. Da der öffentliche Markt in der Nähe war, schloß man daraus, daß der Käufer oder die Käuferin eines frisch geschlachteten Kaninchens von hier aus telefoniert hatte.
    „Vielleicht hat man sich mit uns einen Scherz erlaubt“, meinte May, nachdem er dem Inspektor Bericht erstattet hatte.
    „Sie wissen so gut wie ich, daß das kein Scherz war, May“, erwiderte Motley.
    „Es hörte sich verdammt echt an“, gab May zu.
    „Es war echt, mein Freund.“
    „Sicher ist, daß sich an den Tod des Mixers zwei weitere Verbrechen anschlossen. Das dritte ist noch nicht bewiesen. Ich wünschte, wir hätten schon das Motiv. Das würde alles erleichtern.“
    „Bei Miß Benson wissen wir noch nicht genau, ob es Mord oder Selbstmord war."
    „Doch. Ich vergaß Ihnen mitzuteilen, daß das endgültige Untersuchungsergebnis von Dr. Nighel vorliegt. Es steht fest, daß Miß Benson bereits tot war, ehe man sie in jene unglückliche Lage brachte.“
    „Warum hat Nighel so lange gebraucht, um das herauszufinden?“
    „Es war schwer, den Hergang zu rekonstruieren.“
    Motley nickte. Das Bild rundete sich ab. May hatte recht. Alles wäre viel einfacher, wenn man Genaueres über das Motiv wüßte. Aber eins stand fest: eine unbekannte Bande trieb ebenso plump wie rücksichtslos ihr Unwesen, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu lenken. Für Motley war es klar, daß Miß Bensons Mörder das Mädchen vor der Tat gezwungen hatte, den mysteriösen Zettel zu schreiben. Auf diese Weise hoffte man zu erreichen, daß die Polizei in Miß Benson den Mörder des Mixers sah. Alles machte einen etwas überhasteten Eindruck, so als seien die Verantwortlichen gezwungen gewesen, rasch zu improvisieren. Was den Tod von Webb betraf, so hatte Motley in diesem Punkt eine besonders gewagte Theorie aufgestellt. Sie baute auf einigen sehr wichtigen Erkenntnissen auf und schuf die einzige logische Erklärung des bisherigen Geschehens. Plötzlich schrillte das Telefon.
    May nahm ab, lauschte kurz, nahm dabei unwillkürlich eine respektvolle Haltung ein und äußerte, bevor er auflegte:
    „Ich richte es sofort aus, Sir.“
    Motley blickte May an.
    „Morry will mich sprechen, was?“
    „So ist es, Sir."
    Motley erhob sich seufzend. Er wußte, was jetzt kommen würde. Morry würde ihn in die Zange nehmen. Das war so eine Spezialität von ihm. Begabung. Dabei hatte Motley eine ans Abergläubische grenzende Furcht davor, seine Kombinationen in einem Gespräch preiszugeben. Aber natürlich gab es nicht die geringste Chance, der beredsamen Überzeugungskraft des Kommissars mit billigen Ausflüchten zu begegnen. Morry stand auf, als Motley nach kurzem Anklopfen dessen Dienstzimmer betrat.
    „Setzen Sie sich, Inspektor.“
    „Vielen Dank.“
    Motley nahm gleichzeitig mit Morry Platz und fand Gelegenheit, das straffe, gebräunte Gesicht des Kommissars zu bewundern. Es war das Gesicht eines Mannes, der über ein ausgewogenes Urteilsvermögen verfügt. Die klugen, freundlichen Augen ließen selten Unmut erkennen, und meistens hatte man den Eindruck, daß er sich über alles und jedes ein bißchen zu amüsieren vermochte. Seine Untergebenen wußten, daß diese Eigenschaft das zwangsläufige Ergebnis von Morrys unbestrittener Überlegenheit war. Es handelte sich dabei keineswegs um arrogante Ironie, sondern nur um die wohlwollende Bereitschaft zum Verstehen.
    Trotzdem war es ganz Scotland Yard bekannt, daß die Güte in den klugen Augen sehr rasch einer stählernen Härte weichen konnte. Kommissar Morry war immerhin der gefürchtetste Gegner der Banditen des Landes.
    „Sie haben sich allerhand vornehmen müssen, was?“ fragte der Kommissar lächelnd.
    „Mir reicht's“, erwiderte Motley griesgrämig.
    „Was halten Sie von der Geschichte?“
    Motley hatte nach einem kurzen Blick auf den Schreibtisch des Kommissars bemerkt, daß Morry die bisherigen Untersuchungsergebnisse schon Vorlagen. Es war also damit zu rechnen, daß Morry sich bereits ein konkretes Bild des Geschehens gemacht hatte. Das war dumm. Jetzt war er, Motley, dazu gezwungen, Farbe zu bekennen. Wenn er etwas Törichtes sagte, konnte er sich leicht den Spott des Kommissars zuziehen.
    „Es ist alles reichlich verzwickt", meinte Motley, der vergeblich versuchte, Morrys Fußangeln zu entgehen.
    „Hm“, gab Morry freundlich lächelnd zu.

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