Kommissar Pascha
riskieren.
Er verließ den Park des Harlachinger Klinikums, um im Haus der Güzeloğlus auf sie zu warten. Dort stand ihr Reisegepäck für den Flug nach Istanbul.
Gül hielt den Rauch der Zigarette lange in den Lungen. Nach nur einem Zug legte sie die Zigarette zum Erstaunen von Demirbilek und Vierkant in den Aschenbecher.
»Also gut. Ich habe von Florian Krust nach dem Tod meines Vaters erfahren, dass Döner Delüks pleite ist. Ich bin eine Güzeloğlu, auch wenn ich kein Mann bin. Es ist meine Pflicht, unser Unternehmen am Leben zu erhalten. Ich werde den Sohn des Geschäftspartners heiraten, und zwar als Jungfrau, wie es mein Vater vertraglich festgehalten hat. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
»Wen Sie heiraten, geht mich tatsächlich nichts an, Frau Güzeloğlu«, bemerkte Demirbilek kurz angebunden. »Aber haben Sie Metin Burak beauftragt, Karaboncuk und Tavuk umzubringen, weil die beiden Sie erpresst haben?«
Güzeloğlu richtete leicht nervös ihren Kimono, bevor sie antwortete. »Nein, das habe ich nicht. Metin Burak war wie ein zweiter Vater für mich. Ich habe ihm mein Herz ausgeschüttet, als ich es nicht mehr ertragen konnte, die beiden Schweinehunde sehen zu müssen, die mich erpresst haben. Sie konnten den Hals nicht vollkriegen. Gier ist ein schlechter Ratgeber, oder? Was meinen Sie?«
»Erzählen Sie bitte weiter!«, sagte Demirbilek, ohne auf ihre Frage einzugehen.
»Gut, ich habe auch wenig Zeit, Herr Kommissar. In einer Stunde kommt der Chefarzt zur Visite. Danach bin ich hier weg … Metin hat sich um die beiden gekümmert. Ich wusste davon nichts.«
»Mit
gekümmert
meinen Sie, er hat sie getötet?«
»Wenn Sie so wollen, ja«, antwortete sie mit einer Kälte, die den Kommissar erschrecken ließ.
»Er hat sich aber nicht alleine
gekümmert
«, stellte er fest.
»Davon weiß ich nichts. Wie kommen Sie darauf?«
Vierkant reagierte, ohne von Demirbilek aufgefordert worden zu sein. Sie gab ihm die drei Mini-Polaroids. Demirbilek zeigte Güzeloğlu die Aufnahmen.
»Ich kenne die Fotos nicht«, erwiderte sie, ohne die Aufnahmen richtig anzusehen.
»Wir haben sie in Ihrer Handtasche gefunden.«
»In welcher? Ich besitze einhundertfünfundneunzig Handtaschen.«
Sie griff nach der qualmenden Zigarette, zog hastig daran und drückte sie dann aus. Demirbilek wartete und zeigte ihr das Mini-Polaroid, auf dem die Hand mit dem verkrüppelten Finger zu sehen war.
»Wessen Hand ist das?«
Sie ignorierte die Frage.
»Wessen Hand ist das, Frau Güzeloğlu?«, fragte Demirbilek noch einmal.
Gül blinzelte in die Sonne und rieb sich die Augen. Tränen begannen langsam über ihr Gesicht zu fließen. Vierkant glaubte ihr die Tränen nicht, Demirbilek dagegen schon. Denn nach wie vor war er davon überzeugt, dass diese Frau nicht leichtfertig ihre Unschuld hergegeben hatte. Er vertraute auch dieses Mal seiner Intuition.
»Sie wollten sich umbringen, weil Sie jemanden lieben«, stellte er fest.
[home]
48
C engiz stand vor dem Haus der Güzeloğlus und fand es immer noch prächtig anzusehen. Sie hatte vor, von unterwegs Pius Bescheid zu geben, stellte aber fest, dass sie ihr Smartphone im Büro liegen gelassen hatte. Sie wollte kontrollieren, ob es neben der Videokamera an der Einfahrt weitere Überwachungskameras gab, da sie im Protokoll dazu keinen Vermerk gefunden hatte. Sie untersuchte das Haus systematisch, konnte jedoch zu ihrem Bedauern keine zusätzliche Kamera entdecken.
Als sie schon wieder gehen wollte, fiel ihr Blick auf die protzige Villa auf der anderen Straßenseite. Dort entdeckte sie mit bloßem Auge drei uralte Überwachungskameras, eine davon ziemlich genau gegenüber der Einfahrt der Güzeloğlus. Wer weiß, dachte sie, probieren kann ich es ja mal, vielleicht hat die Kamera etwas Verwertbares aufgezeichnet.
In dem Moment hörte sie ein Geräusch. Aus dem gekippten Fenster der Souterrainwohnung drang das leise Klicken einer Fotokamera. Eigentlich durfte niemand mehr im Haus sein, dachte Cengiz. Die Umzugsarbeiten waren beendet, vielleicht ein Handwerker, der nicht fertig geworden war? Zur Sicherheit zog sie ihre Dienstpistole und ging zum Fenster.
Was sie durch den Spalt zu sehen bekam, erstaunte sie: An die Wände der leergeräumten Einzimmerwohnung waren Mini-Polaroids mit Reißnägeln festgemacht. Genau von der Größe und Art, wie sie sie in Güls Handtasche gefunden hatten. Es müssen Tausende sein, dachte sie. Soweit sie erkennen konnte, war auf den
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