Kommissar Steen 01 - Unruhe
dort unten eine Terrorsache mit dänischen Akteuren. Auch wenn die Albaner im nördlichen Makedonien mit kriminellen Typen aller Art Geschäfte machen, sind sie doch Muslime, genau wie die meisten Burschen am Blågårds Plads. Und es ist bekannt, dass viele von ihnen mit der Hizb Ut Tahrir sympathisieren, die die westliche Gesellschaft mit Gewalt zu Fall bringen will und für entsprechende Aussagen auch schon verurteilt wurde. Wir haben gute Gründe zu der Annahme, dass ein Teil des Profits aus dem Rauschgifthandel verwendet wird, um via Bosnien den internationalen Terrorismus zu finanzieren. Das ist das Netzwerk, das wir in Zusammenarbeit mit einigen ausländischen Diensten aufdecken und zerschlagen wollen.«
Das hier war die paranoideste Scheiße, die Axel je gehört hatte, seit das Morddezernat auf Veranlassung des PET gezwungen gewesen war, einen herostratisch berüchtigten muslimischen Agitator aus Brønshøj zu verhaften, der angeblich einen Anschlag auf die Oslo-Fähre geplant hatte, sich schließlich aber mit einer Anklage wegen Fahrraddiebstahls und Waffenbesitzes zufrieden geben musste, weil er ein antikes Schwert aus dem Jahr 300 nach Christus besaß. Die Schweine am Blågårds Plads waren Kriminelle der übelsten Sorte. Ihr Ehrbegriff war mittelalterlich, und sie ließen kaum eine Gelegenheit aus, ihren Hass gegen Dänemark kundzutun, aber es ging nicht tiefer, als dass Dänemark nun einmal das Land war, das versuchte, sie an der Ausübung ihrer gewalttätigen und kriminellen Machenschaften zu hindern. An Terrorismus glaubte er keine Sekunde.
»Gibt es Hinweise, dass Verbindungen zu Terrorzellen hier in Dänemark bestehen?«
»Darauf würde ich wirklich gerne antworten, aber das kann ich nicht. Das ist vertraulich. Und damit habe ich genug gesagt. Außerdem muss ich diese Besprechung jetzt leider verlassen, Dienstreise. Ich verlasse mich darauf, dass ihr die notwendigen Maßnahmen ergreift, um den Fall schnell aufzuklären. Und ich verlasse mich auf eure Geheimhaltungspflicht.«
Er stand auf und nahm die gelbe Manilamappe an sich, die während der Sitzung vor ihm auf dem Tisch gelegen hatte, lächelte breit, hob die linke Hand zu einem römischen Gruß, hielt aber mitten in der Bewegung inne.
»Axel Steen, kann ich dich noch einen Moment sprechen?« Er formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und zeigte mit einem schelmischen Lächeln auf ihn.
Axel stand auf und sah, wie Jens Jessen den anderen gegenüber zweimal kurz die Augenbrauen hochzog. Dann verließ er mit ihm den Raum.
Er lächelte mechanisch, die Mappe unter dem Arm, und sah Axel auf eine herausfordernde und zugleich unschuldige Art an.
»Gute Fragen, wirklich, wirklich gut. Nun sind wir ja sozusagen eine Familie, und deshalb … ich dachte …«
»Wir sind keine Familie.«
»Nun ja …«
»Und das werden wir auch nie sein.«
»Nein, na gut, ich dachte einfach … ich wollte sagen, dass ich natürlich hoffe, dass nichts Persönliches zwischen uns steht, weil ich jetzt … na ja, ich meine, ich habe nichts gegen dich, ich habe nur Gutes von dir gehört, nicht zuletzt von Sille, aber auch von anderen. Das war’s, was ich noch gesagt haben wollte.«
»Das hast du hiermit getan, aber das ändert nichts daran, dass ich meinen Mordfall habe, und ich will nicht von Informationen abgeschnitten werden, die für die Aufklärung wichtig sein können.«
Jessen lächelte und hob abwehrend eine Hand.
»Nein, daran hat wohl auch niemand Zweifel. Es tut mir leid,sollte das Ganze etwas seltsam gewesen sein, aber ich bin sicher, wir werden das wie erwachsene Menschen angehen. Ich muss jetzt los.«
Er drehte sich um und wollte gehen, hielt dann aber inne, als sei ihm noch etwas eingefallen.
»Dir geht es gut, oder? Du bist nicht etwa krank oder so was? Ist alles okay bei dir?«
Axel wusste nicht, auf welche der Fragen er antworten sollte. Also schwieg er und ging wieder in das Konferenzzimmer.
28
Piver bekam Schläge. Viele Schläge. Er hatte versucht, Zeit zu gewinnen, indem er dem Mann weismachte, er habe eine Kopie von der Videoaufnahme bei einem Freund in Christiania versteckt, die der andere alleine niemals ausfindig machen würde, und er deshalb gezwungen sei, Piver mitzunehmen.
Aber es war vollkommen schiefgegangen. Der andere hatte keine Sekunde daran gedacht, Piver mitzunehmen, sondern versuchte, die Wahrheit aus ihm herauszuprügeln.
Jetzt lag er am Boden des Containers, den Geschmack von Blut im Mund. Der Mann schien
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