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"Kommst du Freitag"

"Kommst du Freitag"

Titel: "Kommst du Freitag" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorit Kowitz
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Liebe vergiften kann. Man muss aufpassen.
    Zwischen dem Genörgel um Küchendreck und den wirklich großen, möglichen Lebenskonflikten eines mitteleuropäischen berufstätigen Paares (Kind? Karriere? Gefühlskälte?) bildet sich aber in der Mitte so eine Art Zwischenform von Streits heraus, von deren Qualität man nicht recht weiß: Ist dieser Krach jetzt Ausweis für eine Krise? Wird uns das schaden? Tun wir uns weh? Kenn’ ich den oder die eigentlich wirklich? Will ich die Frau so kennen? Haben wir am Ende ein großes Problem? Oder haben wir gar keines? Das ist die zweite Konfliktebene, und die kann Fernliebende schon eher in gefährliche Untiefen führen. Denn man wird ihrer zunächst nicht gewahr und wenn doch, dann jäh.
    Es gibt aus diesem Zwischenreich des Streits eine für mich äußerst peinliche Begebenheit zu berichten. Dass ich erst 25 war, macht sie nicht wirklich besser. Sie ist in den Anekdotenschatz unseres Paarlebens unter dem Namen des Tatorts in Berlin-Neukölln eingegangen, an dem sie sich ereignete: Alboinstraße. Und das kam so.
    Ich wollte umziehen. Nachdem ich in Berlin zunächst hier und da zur Untermiete gewohnt hatte, fand ich eine zauberhafte eigene Wohnung. Paul hatte sie noch nicht gesehen. Ich hatte unglaublich viel geräumt, gepackt, organisiert; die Kisten, den Transporter, die Übergabe der alten und der neuen Wohnung. Die alte Wohnung meiner nach Hamburg gezogenen Freundin Nadja musste gemalert und geputzt werden, meine neue hergerichtet. In einem Zimmer fehlte ein Fußbodenbelag. Darum schleppte ich aus dem Baumarkt in der Nähe eine Rolle vier mal vier Meter großen Teppichbodens in mein Auto, aus meinem Auto heraus und in den ersten Stock hinauf, was eine Frau von 1,60 Meter Größe und 55 Kilogramm durchaus in die Knie zwingen kann.
    Allein tat ich das, alles allein. Es machte Spaß. Nebenbei arbeitete ich allerdings meine acht bis zehn Stunden am Tag, war darum völlig erschöpft und nun kam erst: der Umzug.
    Es mussten Möbel aus Leipzig und Kreuzberg nach Berlin-Treptow gekarrt werden. Ich fuhr den Siebeneinhalbtonner des billigsten Autovermieters von ganz Berlin nach Leipzig. Die Plane ließ Wasser durch, und auf der Tankanzeige stand ein Aufkleber: „Wenn ¼ voll tanken“. Ich nahm ihn wahr, irgendwie. Aber ich nahm ihn nicht für voll.
    Wir räumten Möbel aus der Leipziger Wohnung meiner Mutter ein, fuhren über die Autobahn wieder nach Berlin-Kreuzberg, räumten dort meine Kisten und Sessel aus dem vierten Stock im zweiten (!) Hinterhaus, natürlich ohne Fahrstuhl, keine Anfahrt möglich. Dann hievten wir sie in den Kleinlaster. Wir fuhren über die Stadtautobahn nach Treptow in mein neues Reich mit Stuck, Dielen und Südwestbalkon. Jedenfalls wollten wir das. Aber wir blieben stehen. Der Siebeneinhalbtonner blubberte, verebbte und bewegte sich keinen Millimeter mehr. Auf der A 100, in Höhe Alboinstraße, mitten in der Rush Hour. Paul war mit seinem Auto in Kolonnehinterhergefahren. Er hielt auf dem Seitenstreifen, stieg aus und kam gucken. Er sah den Aufkleber auf der Armatur, verstand ihn sofort als das, was er war, nämlich einen Hinweis darauf, dass die Tankanzeige kaputt war – und machte mich zur Katze. Er machte mich, nach diesen ganzen anstrengenden Wochen: rund. Im falschesten aller falschen Momente.
    Er sagt nicht, „Shit happens“ oder „Ach Mensch!“ Er rief: „Wie blöd kann man sein!?“
    Ich geriet außer mir. Ich schrie ihn an, der Verkehr toste. Er schrie zurück. Ich schrie wie eine Irre weiter, und weil sich keiner von uns beruhigte, schlug ich irgendwann auf ihn ein. Ich auf ihn. Blind vor Wut, am Rande der Stadtautobahn, Höhe Alboinstraße, im Feierabendverkehr. Es hatte, natürlich, zu regnen begonnen. Meine Mutter saß auf dem Beifahrersitz im Laster und wurde immer blasser hinter der Frontscheibe. Sie stieg aus und versuchte, zwischen uns zu gehen. Man muss sagen, ich komme nach ihr. Aber so etwas hatte selbst sie noch nicht hingekriegt.
    Es war ein bisschen wie Unterschichtenfernsehen, nur in echt.
    Ein Streifenwagen mit Blaulicht stoppte und man fragte uns Frauen, ob wir Hilfe bräuchten. Jemand hatte die Szene am Autobahnrand gesehen und die Polizei gerufen. Die Polizei in Berlin geht nicht davon aus, dass Frauen Männer hauen. Tja. Wir schickten den Polizisten weg, mit zu vielen beschwichtigenden Worten und peinlich berührt.
    Irgendwie fuhr Paul los und kaufte einen Kanister Diesel. Irgendwann landeten die Möbel in meiner neuen

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