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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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sagte: »Oh, wir bekommen schon wieder Besuch.«
    Die Tür wurde aufgestoßen, ein Mann trat mit einem Servierbrett ein, und hinter ihm folgte ein Wächter, der sein Gewehr in Anschlag hielt. Das fand Mrs. Pollifax ungezogen von ihm, drehte ihm den Rücken zu und nahm ihn so wenig zur Kenntnis wie einen unhöflichen Kellner. »Glauben Sie, sind die Speisen präpariert?«
    »Kaum. Man wird mich bald zum Verhör abholen, und als Schlafender würde ich ihnen nichts nützen.«
    Sie aßen stumm. Nach dem Käsegericht gab es starken Kaffee und in Honig getunkte Waffeln. Sobald sie fertig waren, zog Farrell ein zerdrücktes Päckchen Zigaretten hervor, zündete sich eine an und bemerkte ungerührt: »Der Verurteilte hat eine üppige Mahlzeit verzehrt. Und jetzt, Herzogin, glaube ich an der Reihe zu sein, Ihnen etwas zu sagen.«
    Mrs. Pollifax war es nun bedeutend leichter ums Herz, und ihre Kopfschmerzen waren verflogen. »Schießen Sie los«, sagte sie fröhlich.
    »Sie waren offen zu mir. Ich halte es für angebracht. Ihnen zu sagen, daß ich für General Perdido kein unbeschriebenes Blatt bin. Er weiß nämlich, daß auch ich für Carstairs arbeite.«
    Mrs. Pollifax schnappte hörbar nach Luft.
    »Ich bin seit der Gründung der CIA im Jahre 1947 Agent«, fuhr er fort. »Man könnte sagen, ich war ihr Mann in Mexiko. Oder einer davon«, ergänzte er zerstreut. »Vor langer Zeit hat mich ein Auftrag mit de Gamez zusammengeführt, daher wußte ich, wer er war, und hier liegt der Hase im Pfeffer. Ich habe de Gamez seit Jahren nicht mehr gesehen, nicht absichtlich, sondern wir verkehrten nicht in der gleichen Gesellschaft.
    Am 19. August aber erhielt ich gleich nach denn Mittagessen eine völlig wirre Verständigung von ihm und ging sofort in seinen Buchladen. Die Nachricht enthielt nämlich ein Codewort, das SOS bedeutete. Sämtliche Worte hätten chiffriert sein müssen, das wußte ich natürlich, aber wenn ein Freund in Not zu sein scheint, kann man sich doch nicht an Formalitäten stoßen, nicht wahr? Ich hätte schlauer sein sollen, denn so tappte ich genau in die Falle. Heute weiß ich, daß Perdido nur dieses eine Wort aus de Gamez oder irgendeinem armen Teufel, den er kannte, erpreßt haben muß, aber was hilft die späte Einsicht. Ich habe jedenfalls auf das Code-Wort reagiert und kam in den Buchladen und habe damit bewiesen, was die anderen bereits vermutet haben, daß ich nämlich der Agent bin, den sie seit 1947 suchen.« Er schwieg und lächelte mühsam. »Man muß nur einmal Pech haben und schon wird eine Serie daraus. Zuerst haben sie mir die Zyankalikapsel abgenommen, die ich ständig bei mir trage, dann meine Identität festgestellt und mir schließlich die Freiheit genommen. Und jetzt sitze ich da und weiß einen Haufen Sachen, die sie brennend interessieren. Ein hübsches, rundes Weihnachtsgeschenk im August für General Perdido.«
    Mrs. Pollifax starrte ihn verwundert an und begriff zum erstenmal den harten Zug in seinem Gesicht. »Sie sind sehr tapfer«, sagte sie.
    Spöttisch zog er seine Augenbraue hoch. »Im Augenblick nicht, Herzogin, das dürfen Sie mir glauben. Ich darf mich von General Perdido nicht verhören lassen. Sie begreifen, was ich zu tun habe, nicht wahr?«
    »Was meinen Sie damit?« stammelte Mrs. Pollifax.
    »Daß kein Mensch ihren Foltermethoden unbegrenzt standhalten kann, und der General ist für seinen Erfindungsreichtum bekannt. Man darf mich nicht lebendig in jenes Haus bringen.«
    Als Mrs. Pollifax die volle Bedeutung seiner Worte aufging, wurde sie sehr still.
    Farrell erhob sich und begann auf und ab zu laufen. »Für mich ist das ein Berufsrisiko«, sagte er, »aber Sie lasse ich höchst ungern in dieser Patsche zurück. Es ist zwar nicht galant von mir, aber – «
    Atemlos fiel Mrs. Pollifax ihm ins Wort: »Machen Sie sich um mich keine Sorgen, bitte. Was wollen Sie tun?«
    Er zuckte die Achseln. »Das Erstbeste. Versuchen, zwischen hier und dem anderen Gebäude auszureißen und hoffen, daß ich eine Kugel in den Rücken bekomme. Jemand einen Stein nachwerfen.«
    Wieder zuckte er die Achseln »Che sera, sera – wie es heißt. Auf keinen Fall darf ich das andere Haus betreten und mit General Perdido zusammenkommen.«
    »Wissen Sie sonst wirklich keinen Ausweg?« drängte sie. »Sie glauben nicht, daß der General…«
    Er lächelte. »Um nichts in der Welt, Herzogin.«
    Sie wandte den Blick ab, um ihn nicht durch ihr Mitleid in Verlegenheit zu bringen.
    Auf dem Flur ertönten

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