kommt wie gerufen
prüfend an. »Ich halte Sie für eine ziemlich gerissene Person, Mrs. Pollifax. Wir haben diese Bücher genau durchleuchtet und nicht das geringste darin entdeckt. Im Augenblick genügt es mir zu wissen, welches der Bücher er Ihnen gegeben hat. Wir werden es noch viele Male unter die Lupe nehmen.«
»Finden Sie nicht, daß man das Mißtrauen auch übertreiben kann, General?« sagte Mrs. Pollifax hochmütig. »Jedenfalls erscheint mir ein geschenktes Buch ein sehr schwaches Motiv für meine Entführung.«
Der General betrachtete sie mit unverhohlenem Abscheu. »Falls Sie unschuldig sind, dann haben Sie für Ihren Besuch in dem Buchladen einen denkbar ungünstigen Vormittag gewählt, Mrs. Pollifax.«
»Ganz im Gegenteil«, gab sie spitz zurück. »Die Sonne schien, und ich wollte etwas zum Lesen haben.«
»Außerdem haben Sie sich sehr verdächtig benommen, als das Buch nicht im Schaufenster war.«
»Lächerlich! Ich hatte gehofft. Sie könnten sich als genauso bezaubernder Mann entpuppen wie der wahre Señor de Gamez. Das haben Sie allerdings nicht getan«, wies sie ihn streng zurecht.
»Warum haben Sie den Tee von mir angenommen? Was haben Sie eigentlich erwartet?«
»Einen gemütlichen Schwatz«, sagte Mrs. Pollifax entschieden.
»Was?«
»Einen kleinen Schwatz«, wiederholte sie. »Ist das so schwer zu glauben? Meine Regierung erwartet von jedem von uns, daß wir uns im Ausland als Botschafter unseres Landes benehmen. Ich habe mich bemüht. Sie besser kennenzulernen«, erklärte sie selbstgefällig.
General Perdido stieß ein Gebrüll aus, das wie Fluchen klang. Er und General Hoong sahen einander an, und General Perdido sagte erbittert: »Sie können in Ihre Zelle zurückgehen.«
Mrs. Pollifax nickte und stand auf. »Nur eines noch«, sagte sie. »Könnte ich bitte ein Aspirin haben?«
9
Der Wächter schob den riesigen Schlüssel, der wie einer Operette entlehnt aussah, ins Schloß, öffnete Mrs. Pollifax die Tür und warf sie hinter ihr wieder zu. Sofort sprang Farrell auf. »Fehlt Ihnen auch nichts?«
Seine Besorgtheit rührte Mrs. Pollifax. »Nein, mir fehlt gar nichts.
Der Mann, den ich in einem Buchladen in Mexico-City kennengelernt habe, hat mir verschiedene Fragen gestellt. Was sagen Sie, der ist jetzt hier in Albanien! «Sie setzte sich auf ihre Pritsche, griff nach den Karten und mischte sie. Mit gedämpfter Stimme sagte sie: »Farrell, ich muß mich für etwas Fürchterliches bei Ihnen entschuldigen. Glauben Sie, werden wir abgehört?«
»Das ist anzunehmen, sonst hätte man uns wohl kaum zusammengesperrt. Was ist es denn, Herzogin?« flüsterte Farrell.
Sie sah ihm voll ins Gesicht. »Es ist wirklich schrecklich peinlich«, wisperte sie zurück. »Ich glaube, wir sind deshalb hier, weil man mich für eine gefährliche amerikanische Spionin hält.«
Seine Mundwinkel zuckten ein wenig bei dieser Enthüllung. »Sie? Aber Sie sind es nicht, oder?«
Mrs. Pollifax zauderte. »In gewissem Sinne nein«, gab sie zu. »Andererseits wieder ja. Aber bestimmt nicht gefährlich.«
»Die Art, wie Sie das sagen, gefällt mir nicht, Herzogin«, sagte Farrell rundweg. »Sie müssen sich schon genauer ausdrücken. Sie vertrauen mir doch?«
Mrs. Pollifax nickte.
»Gut. Dann sagen Sie um Himmels willen, sind Sie nun Spionin oder nicht?«
Im Flüsterton beichtete Mrs. Pollifax ihm alles. »Und der gleiche Mann, der meinen Auftrag verdorben hat, sitzt jetzt im Vernehmungszimmer und nennt sich auf einmal General Perdido«, endete sie.
»O Gott!« sagte Farrell.
»Sie haben einmal im Flugzeug ganz nebenher seinen Namen erwähnt. Kennen Sie ihn denn?«
»Kein Mensch erwähnt Perdido nebenher«, versetzte er erbittert.
»Ja, ich habe von ihm gehört und er ist ein grausamer, sadistischer Schweinehu – Verzeihung«, sagte er hastig, und als er sie ansah, funkelten seine Augen belustigt. »Ausgerechnet Sie, Herzogin!«
Dann erlosch das Lächeln blitzartig, und er wurde nachdenklich. »Im Augenblick haben Sie den General überrumpelt und Zeit gewonnen, was ungemein wichtig ist, aber ich fürchte sehr – «
»Schon recht«, sagte sie beschwichtigend. »Ich weiß, was Sie denken. Selbst wenn er mir jedes Wort glaubt, kann er nicht zulassen, daß ich wieder heimfahre.«
Er grinste trocken. »Sie überraschen mich immer wieder, Herzogin, aber nur keine trüben Gedanken. Vielleicht hebt man Sie für einen internationalen Zwischenfall auf, um Sie für einen ihrer Leute auszutauschen.« Er blickte auf und
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