kommt wie gerufen
verschiedenes zu besprechen. Auf angenehme oder weniger angenehme Art, das hängt ganz von Ihnen ab.«
Gehirnwäsche, dachte Mrs. Pollifax verächtlich und bemerkte plötzlich, daß sie sich nicht mehr fürchtete. Sie hatte andere Krisen bestanden, ohne darüber ihre Haltung zu verlieren: Geburten, den Tod ihres Mannes, Krankheiten. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, daß alles Wertbeständige Zeit und Einsamkeit kostete, ja vielleicht sogar den Tod. »Ich bin zwar keine Nihilistin«, dachte sie, »aber ich lasse mich nicht einfach von einem Mann einschüchtern, dessen einzige Waffe darin besteht, daß er meinem Leben ein Ende setzen kann. Schließlich habe ich nichts zu verheimlichen. Ich wollte, es wäre anders. Ich bin nicht einmal eine Spionin, wenn ich auch knapp daran war, aber dann mußte dieser widerliche Mensch aufkreuzen und alles verderben.« Sie setzte sich und betrachtete ihn mit wachsender Empörung. Laut sagte sie: »Darf ich fragen, General Perdido, was Sie veranlaßt hat, mich zu entführen?«
Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück, zündete sich eine Zigarette an und spießte sie plötzlich förmlich mit seinem stechenden Blick auf. »Ich hatte eine intelligentere Frage von Ihnen erwartet, Mrs. Pollifax. Nichts ist mir verhaßter, als gespielte Naivität.«
»Aber ich habe allen Grund zur Beschwerde«, versetzte sie, »und weit und breit ist kein Konsul, an den ich mich wenden kann. Ich hatte sehr angenehme Ferien in Mexico-City verbracht, und jetzt höre ich, daß ich in Albanien bin. Stimmt das?«
»Die Fragen stelle ich«, sagte General Perdido.
»Dann sind Sie ein Verschwender«, antwortete sie kalt. »Sie haben mich Tausende Meilen fliegen lassen, nur um mich auszufragen, obwohl Sie das ganz leicht in Mexiko hätten tun können. Ich weiß ja nicht, für welches Land Sie arbeiten, General Perdido, aber Ihre Steuerzahler hätten allen Grund, erbost zu sein, wenn sie wüßten, wie Sie mit ihrem Geld umgehen.«
Das Gesicht des Generals verfinsterte sich. »Sie leugnen also, eine amerikanische Spionin zu sein?«
»Eine Spionin?« sagte Mrs. Pollifax verächtlich. »Dafür halten Sie mich? Ein Grund mehr, beleidigt zu sein, General.«
»Sie dumme Person!« zischte der General. »Sie befinden sich nicht in den Vereinigten Staaten und nicht in Mexiko, Mrs. Pollifax, und – «
»Dann sagen Sie mir endlich, wo ich bin«, mahnte sie ihn.
»Das ist Nebensache«, brüllte er. »Jedenfalls sind Sie weit von Ihrer Heimat entfernt, und kein Mensch weiß, wo Sie sind. Niemand, verstehen Sie? Und ich habe Mittel und Wege, Sie zum Sprechen zu bringen, sehr raffinierte oder sehr brutale, aber alle sehr schmerzhaft. Ich bin in diesen Methoden ungemein beschlagen.«
»Ich bin sicher. Sie sind ein Meister Ihres Faches«, versetzte sie ungerührt, »nur halte ich dieses Fach nicht für bewundernswert.«
General Hoong wandte sich vom Fenster ab und redete rasch auf General Perdido ein. Dann war es still, und General Perdido sagte unwillig: »Seien Sie doch vernünftig, Mrs. Pollifax.«
»Gern«, willigte sie ein.
»Sie haben vor wenigen Tagen den Buchladen zum Papagei aufgesucht, nicht wahr?«
»Allerdings.«
»Weshalb?«
»Um ein Buch zu kaufen, natürlich.«
»Damals haben Sie mir gestanden, daß Sie schon früher einmal in diesem Laden gewesen sind. Stimmt das?«
Mrs. Pollifax nickte.
»Sie haben sich auch bei mir nach Señor de Gamez erkundigt und mir gesagt, daß Sie sich längere Zeit mit ihm unterhalten haben.«
»Natürlich«, antwortete Mrs. Pollifax eifrig. »Er war ein ungemein liebenswürdiger Mann.«
Geduldig fuhr der General fort: »Sie sagten, er hätte Ihnen ein Buch geschenkt.«
»Ja, und das fand ich ganz reizend von ihm. Wir waren ins Gespräch gekommen, und ich erzählte ihm, daß ich allein reiste. Da hat er mir das Buch gegeben und gemeint, daß ich am Patiencelegen viel Freude haben werde.«
Der General zog eine Lade des Schreibtischs auf und entnahm ihr zwei Bücher. »Dann ist es dieses Buch über die Regeln des Patiencespiels, das er Ihnen gegeben hat!« sagte er triumphierend.
Er hielt die Bücher hoch, und Mrs. Pollifax rief fassungslos: »Sie haben ja beide! Die haben Sie aus meinem Hotelzimmer gestohlen!«
»Selbstverständlich«, gab der General zu und sein Goldzahn funkelte. »Wir waren äußerst gründlich, denn dieses Geschenk stammt von einem sehr gefährlichen Mann.«
»Tatsächlich?« sagte Mrs. Pollifax.
Der General lehnte sich zurück und sah sie
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