Komplott
seine Zigarre weg und verschwand in einer Seitenstraße. Ich bin ihm hinterhergegangen und habe gesehen, wie er in ein Taxi stieg. Dann habe ich mir einen Handschuh angezogen, die Zigarre aufgehoben und in den Plastikbeutel gesteckt. Normalerweise bewahre ich darin meine benutzten Papiertaschentücher auf. Man kann ja mit all diesen Bazillen nicht vorsichtig genug sein.« Sie blickte mit ihren großen Augen in die Runde. »Und jetzt zu Ihrer zweiten Frage: Verfolgt werde ich seit zwei Tagen, und zwar jedes Mal, wenn ich aus dem Büro komme. Und noch etwas muss ich Ihnen sagen: Ich weiß, dass Ihre Paula Grey in großer Gefahr schwebt. Fragen Sie mich nicht nach Einzelheiten, denn die darf ich Ihnen nicht sagen, weil sie streng geheim sind.«
Tweed wartete, bis Zena Partridge Luft holen und ihren Redefluss für eine Sekunde unterbrechen musste. »Gehen Sie zur Sicherheitsagentur Medford«, riet er ihr. Bei dem Mundwerk der Frau war es kein Wunder, dass sie bei ihren Mitarbeitern nicht beliebt war. »Ich gebe Ihnen die Adresse und sage Ihnen, an wen Sie sich dort wenden können. Wir selbst können Ihnen keinen Personenschutz geben, so leid es mir tut.«
»
Mir
tut es leid«, keifte Partridge und stand auf. »Und die Adresse von Medford brauche ich nicht, die habe ich nämlich selber. Ich hätte mir ja gleich denken können, dass Sie mir nicht helfen wollen. Was für eine Zeitverschwendung!« Sie zog sich ihren Mantel an, und Tweed reichte ihr den Plastikbeutel mit der Zigarre.
»Die können Sie behalten!«, fauchte sie böse und rannte aus der Tür.
»Reizende Person«, sagte Tweed sarkastisch. »Haben Sie ihr die Geschichte mit dem übergewichtigen Verfolger eigentlich abgenommen, Paula?«
»Natürlich nicht.«
»Ich auch nicht. Aber was mir Sorgen macht, ist der Hinweis, dass Sie in Gefahr sind.
Möglicherweise war sie nur deshalb hier, um uns das mitzuteilen. Kann gut sein, dass die drei Brüder ein Druckmittel haben wollen, um mich doch noch zum Einlenken zu zwingen.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Paula, als ihr Mobiltelefon klingelte. Sie ging ran und sagte: »Hallo?«
»Erkennen Sie meine Stimme?«, fragte ein Mann. Es war Newman.
»Ja.«
»Ich brauche dringend Ihre Hilfe. Ich bin gerade im Monk’s Head Hotel in Tolhaven, westlich von Dorset. Können Sie so schnell wie möglich hinkommen?«
»Bin schon unterwegs.«
»Bringen Sie Ihre Kamera mit. Hier geschehen äußerst seltsame Dinge. Und kommen Sie bewaffnet -«
Die Verbindung brach abrupt ab. Paula kritzelte den Namen des Hotels auf einen Notizblock und holte dann ihre Browning aus dem Geheimfach ihrer Umhängetasche.
Nachdem sie sie überprüft hatte, steckte sie sie wieder zurück und nahm aus einer Schublade ihres Schreibtischs eine 6,35 mm Beretta, die sie sich in einem kleinen Halfter an den linken Unterschenkel band. Sie brachte den Notizblock hinüber zu Tweed und erzählte ihm, was Newman gesagt hatte.
»Ich würde gern mitkommen«, sagte Tweed, »aber die Situation hier ist zu prekär …«
»Bob hat auch nichts von Ihnen gesagt«, erklärte Paula mit einem frechen Grinsen. »Ich halte Sie auf dem Laufenden, soweit ich kann. Leihen Sie sich Nields Handy aus. Bis dann!«
»Nehmen Sie nicht Ihren Saab, wenn Sie nach Tolhaven fahren«, warnte Tweed. »Alle wissen, dass Sie diesen Wagen haben, und unsere Feinde haben ihre Hausaufgaben gemacht. Nehmen Sie meinen alten verbeulten Ford mit dem getunten Motor. Das wird sie möglicherweise verwirren.«
»Mach ich.«
Paula war schon fast an der Tür, als sie auf dem Teppichboden etwas liegen sah. Sie bückte sich und hob es auf. Es war eine gelblich grün getönte Kontaktlinse, die sie zu Tweed brachte und vor ihm auf den Schreibtisch legte.
»Die muss Miss Partridge vor lauter Wut aus dem Auge gefallen sein.«
»Sehr interessant«, murmelte Tweed, während er nachdenklich die Kontaktlinse betrachtete.
»Ach, übrigens, ich habe mit meiner Spezialkamera heimlich zwei Fotos von der Frau gemacht«, sagte Paula. »Hier ist der Film.«
Tweed gab den Film an Monica weiter.
»Bringen Sie den gleich runter zu den Eierköpfen. Sie sollen ihn sofort entwickeln. Ich bin gespannt, was unser begabter Zeichner Joel aus diesem Gesicht alles machen kann.«
7
Paula raste dieselbe Autobahn entlang, die vor einigen Stunden auch Newman genommen hatte. In der Park Crescent hatte sie noch auf die Landkarte geschaut und sich die Lage von Tolhaven eingeprägt, einem Ort, in dem sie noch nie gewesen
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