Komplott
gehört.«
»Als ›kleinen Ausflug‹ würde ich das, was wir in Marseille gemacht haben, nun wahrlich nicht bezeichnen«, erwiderte Paula. »Immerhin wären wir dabei alle fast ums Leben gekommen.«
»Aber das war ein Kinderspiel gegen das, was uns möglicherweise hier erwartet.
Halten Sie sich immer dicht bei mir, und seien Sie so leise wie möglich.«
Newmans düstere Prophezeiung brachte Paula dazu, noch einmal zu überprüfen, ob ihre Browning auch wirklich einsatzbereit war. Sie gingen den kleinen Weg zur Fähre entlang, auf dem tiefe Reifenspuren im Boden zu sehen waren. Offenbar waren hier vor nicht allzu langer Zeit mehrere schwere Fahrzeuge entlanggefahren. Newman verließ den Weg und führte Paula ein Stück weit in den Wald hinein, bis er ihr mit erhobener Hand bedeutete anzuhalten. Auf einer kleinen Lichtung standen drei große Lastwagen, die Newman mithilfe eines kleinen, aber starken Fernglases eingehend betrachtete. Als er damit fertig war, verstaute er das Glas wieder in der Golftasche, die er über der Schulter trug.
»Leer«, flüsterte er Paula zu.
»Was ist eigentlich in der Golftasche?«, flüsterte sie zurück. »Bestimmt keine Schläger, oder?«
»Nein, ein automatisches Gewehr mit jeder Menge Munition«, erklärte er fast beiläufig. »Aber jetzt sollten wir zur Fähre gehen – sie legt nämlich gleich ab. Gestern haben die Schwarzuniformierten starke Scheinwerfer nach Black Island geschafft, weshalb ich glaube, dass sie dort jetzt auch in der Nacht arbeiten werden. Das möchte ich mir gern ansehen.«
»Was tun sie denn auf der Insel?«
»Genau das will ich herausfinden«, antwortete Newman. »Wenn wir erst mal drüben sind, müssen Sie sich genau an meine Anweisungen halten.«
»Wenn Sie meinen … Aber denken Sie dran, dass ich neulich beim Training in Surrey in so gut wie allen Disziplinen besser abgeschnitten habe als Sie.«
»Das stimmt. Aber die Leute vom Staatsschutz haben bestimmt auch kein schlechtes Training hinter sich. Außerdem sind sie skrupellos und schwer bewaffnet…«
Während Newman den Pfad zur Fähre entlangging, blieb er immer wieder stehen und horchte in den Wald hinein, bevor er mit weit ausholenden Schritten seinen Weg fortsetzte. Paula musste sich anstrengen, um ihm hinterherzukommen. Irgendwann hörte der Wald auf, und sie befanden sich wieder auf offenem Gelände, wo es stark nach Meer und Seetang roch. Die Fähre, die an einem alten Holzsteg vor ihnen lag, sah aus wie ein großer Lastkahn mit einer Leiter am Heck. Auf dem Steg stand ein knorriger, wettergegerbter Mann in gelbem Ölzeug, der eine gebogene Pfeife rauchte.
»Woll’n Sie rüber?«, fragte er mit starkem West-Country-Akzent.
»Ja«, sagte Newman und drückte ihm das Fährgeld für zwei Personen in die Hand.
»Heute ist ruhige See, da müssen Sie kein Ölzeug anziehen«, sagte der Fährmann und wandte sich an Paula. »Ich heiße übrigens Abe.«
»Hatten Sie heute schon Fahrgäste, Abe?«, fragte Newman mit einem freundlichen Lächeln.
»Ja. Sechs von diesen Bastarden – entschuldigen Sie bitte, Miss – in diesen lächerlichen schwarzen Uniformen sind heute früh gekommen und haben gefragt, ob ich auch nachts noch übersetze. Ich habe ihnen gesagt, dass die letzte Fähre um halb neun geht.
Und stellen Sie sich vor, dann hat mir doch glatt einer von diesen Lackaffen gesagt, ich sollte niemandem davon erzählen, dass sie da waren, sonst könnte meine Frau mich im Krankenhaus besuchen. So eine Unverschämtheit…«
Sie kletterten über die kleine Leiter am Heck hinauf auf den Kahn und gingen nach vorn zum Bug, wo sie sich auf eine lange Holzbank setzten. Abe ließ den Dieselmotor an, und die Fähre setzte sich langsam in Bewegung. Gemütlich vor sich hintuckernd, glitt sie durch einen breiten, von Schilf gesäumten Kanal hinaus aufs offene Meer.
»Black Island hat etwa die Form eines Dreiecks, dessen längste Spitze nach Süden, in den Ärmelkanal, zeigt«, erklärte Newman. »Wir werden in einer kleinen Ortschaft namens Lydford an Land gehen, die eigentlich nur aus einem Pub und ein paar Häusern besteht.«
»Gibt es denn keinen Tourismus auf der Insel?«
»Doch, aber nur an der Ostspitze, wo sie gute Strände und sogar ein paar Hotels haben. Aber dorthin fährt eine andere Fähre, die auch Autos mitnimmt. Diese Fähre hier ist eher für die Einheimischen. Die Westseite der Insel war bisher völlig unbewohnt, und genau da bauen diese Staatsschutz-Typen jetzt wie die Wilden. Ich
Weitere Kostenlose Bücher