Komplott
am Cours. Lassen Sie uns einen Augenblick verschnaufen.«
Er schraubte den Schalldämpfer von der Mündung des Revolvers, den Paula ihm im Laufen zurückgegeben hatte, bückte sich und warf ihn in einen Gully.
»Warum werfen Sie den weg?«, fragte Paula.
»Schalldämpfer sind sehr empfindlich. Der erste Schuss ist meistens okay, aber schon beim zweiten kann es zu einem Rohrkrepierer kommen. Ich habe noch mehr solcher Waffen. Aber jetzt müssen wir zurück zum Hotel und Tweed erzählen, was passiert ist.«
»Das wollte ich ihm eigentlich lieber nicht sagen.«
»Aber ich bestehe darauf. Er ist nun mal unser Chef und muss alles wissen, was vor sich geht. Sie müssen mir versprechen, dass Sie es ihm erzählen. Tweed vertraut mir.«
Tweed saß in einem Sessel in der Lobby und las Zeitung, als Paula und Philip ins Hotel zurückkamen. Paula ging zu ihm, während Philip sich auf einen Drink an die Hotelbar begab. Jetzt, da der erste Schreck nachgelassen hatte, fühlte sie sich ziemlich mitgenommen.
Tweed nickte ihr zu, als sie sich in den Sessel neben dem seinen fallen ließ und beim Kellner ein Glas Chardonnay bestellte. Erst als sie ihren Wein bekommen und einen Schluck davon getrunken hatte, sagte Tweed in ernstem Ton: »Und jetzt erzählen Sie mir, was passiert ist, als Sie mit Philip da draußen waren.«
»Nichts Schlimmes. Warum fragen Sie?«
»Weil ich ein aufmerksamer Beobachter bin, Paula. Sie sind ganz bleich im Gesicht, und außerdem ist Philip gleich in die Bar gegangen, damit Sie allein mit mir reden können. Also heraus mit der Sprache. Was war los?«
»Philip hat mir das Leben gerettet«, sagte Paula, um ihre Beichte mit etwas Positivem zu beginnen. Und dann erzählte sie Tweed alles, was vorgefallen war. Er hörte ihr mit besorgtem Gesicht zu und sagte nichts, bis sie zu Ende gesprochen hatte.
»Stimmt, er hat Ihnen das Leben gerettet«, bemerkte er schließlich, »aber erst, nachdem er Sie einer schrecklichen Gefahr ausgesetzt hatte. Und ich dachte, der Brunnen, den Philip Ihnen zeigen wollte, wäre auf dem Cours Mirabeau. Einem Abstecher in die Altstadt hätte ich niemals zugestimmt, denn diesen Teil der Stadt sollte man nach Einbruch der Dunkelheit unbedingt meiden. Ich weiß das, weil ich vor ein paar Jahren im Hotel Violette abgestiegen bin. Damals gab es noch nicht so viele Araber wie heute, aber ich hatte trotzdem ständig die entsicherte Pistole in der Hand, wenn ich durch die Altstadt ging.«
»Aber Sie werden Philip hoffentlich keine Standpauke halten, oder?«
»Nein, das werde ich nicht. Erstens sind wir hier auf ihn angewiesen, und zweitens ist er einer meiner besten Auslandsagenten. Aber hier kommt er ja schon.« Tweed stand auf. »Hallo, Philip. Hätten Sie nicht Lust, mit mir und Paula einen kleinen Spaziergang auf dem Cours zu machen?«
Wieder einmal bewunderte Paula Tweeds außergewöhnliche Selbstbeherrschung. Sie wusste, dass er innerlich vor Wut kochte, aber nichts davon drang nach draußen, während sie gemeinsam das Hotel verließen und den nächtlichen Boulevard entlang schlenderten. Tweed ging in der Mitte zwischen Paula und Philip und erwähnte den Zwischenfall von vorhin mit keinem Wort. Nach und nach beruhigte sich Paula. Sie genoss die Atmosphäre dieser berühmten Straße sehr.
»Es ist wirklich wunderschön hier«, schwärmte sie.
»Da hätten Sie Aix erst mal vor zehn Jahren sehen sollen«, gab Tweed zurück. »Damals hatte es wirklich noch Charakter. Jetzt haben sie vieles modernisiert, sogar unser Hotel.
Es ist ja nicht schlecht gemacht, aber das Flair von früher ist leider dahin. Mein Badezimmer zum Beispiel sieht aus wie eines in diesen amerikanischen Hotelketten, die sich leider überall breitmachen. Aber das ist wohl der Lauf der Welt.«
»Apropos Hotel«, sagte Philip. »Ich habe die Rechnung schon bezahlt, damit wir morgen früh rasch aufbrechen können. Möglicherweise steht uns ein aufregender Tag bevor.«
»Wie aufregend?«, fragte Tweed.
»Noel Macomber wird seine fünfzig Slowaken morgen nach Paris bringen, von wo aus er sie nach England schleusen möchte. Sie fahren in zwei grauen Bussen. Erinnern Sie sich noch an die alte Steinbrücke, über die wir auf unserem Weg nach Aix gekommen sind? Die, auf der der Straßenbelag so schlecht war, dass wir ganz langsam fahren mussten?«
»Natürlich«, sagte Paula. »Die Brücke hatte in der Mitte einen richtigen Buckel.«
»Ganz genau«, sagte Philip. »Auf dieser Brücke sprengen wir einen der beiden
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