Komplott
dicker Mann kam auf sie zu und zeigte ihr eine Axt, woraufhin die Frau einen gellenden Schrei ausstieß, der Paula durch Mark und Bein ging. Der Dicke hob die Axt, ließ sie mit einem gewaltigen Hieb auf den nackten Hals der Frau herniedersausen und trennte ihr damit den Kopf ab, der vor dem Stein auf den Boden fiel und noch ein kurzes Stück weiterrollte. Von Panik getrieben, wandte Paula den Blick ab, aber wohin sie auch sah, war eine Leinwand, auf der sich die grausigsten Exekutionsszenen abspielten. Von all den Massakern wurde Paula so schlecht, dass sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Und dann sah sie, wie Fitch auf sie zukam. Er beugte sich ganz nah zu ihr und kicherte ihr diabolisch ins Ohr, während auf der Leinwand vor ihr drei gefesselte Frauen ihre nackten Bäuche drei mit Äxten bewaffneten Männern entgegenstrecken mussten. Durch die Entsetzensschreie der Gequälten hörte Paula immer wieder Fitchs heiseres, widerwärtiges Kichern, dazu spürte sie seinen warmen Atem an ihrer Ohrmuschel. Das gab ihr den Rest. Sie beugte ihren Oberkörper nach vorn und griff mit ihren gefesselten Händen in den Schaft ihres linken Stiefels. Während Fitch sich von ihr abwandte und zu Tweed hinüberging, zog sie die Beretta aus ihrem Spezialholster und zielte damit auf seinen Rücken. Zweimal drückte sie kurz hintereinander ab. Die erste Kugel traf Fitch ins linke Schulterblatt, die zweite direkt neben der Wirbelsäule mitten in den Rücken. Dann richtete sie die Waffe an die Decke des Raumes, zielte sorgfältig und feuerte die restlichen im Magazin verbliebenen Kugeln auf die Beamer ab, die einer nach dem anderen aufhörten, ihre grausigen Filme auf die Leinwände zu projizieren. Nach dem letzten Schuss herrschte eine fast unheimliche Stille in dem großen Raum.
Paula drehte sich wieder um und sah, dass Tweed sich mit seinem Oberkörper gegen die Beine des ins Taumeln geratenen Fitch warf und ihn dadurch direkt in den Schacht bugsierte, den er selbst vorhin geöffnet hatte. Trotz seiner schweren Verwundungen gelang es Fitch, sich mit beiden Händen an den Rand des Lochs zu krallen.
»Hilfe!«, winselte er. »So helft mir doch!«
Paula, der die Schreie der armen gequälten Frauen in den Filmen noch immer in den Ohren gellten, sah zu, wie Tweed sich mühsam aufrappelte und mit unsicheren Schritten auf das Loch zuging. Kurz vor Fitch blieb er stehen, hob einen Fuß und trat dem verzweifelt um Gnade winselnden Kidnapper voll auf die Finger der rechten Hand. Fitch schrie vor Schmerz laut auf und ließ los. Weil er sich mit einer Hand nicht mehr halten konnte, rutschte sein Körper an der glatten Stahlwand des runden Schachts immer weiter nach unten.
Verzweifelt versuchte er noch, einen Halt zu finden, dann hörte Paula, wie sein schwerer Körper ins Wasser klatschte, das ihn mit lautem Gurgeln in Richtung Themse fortspülte.
30
Zum Glück lag neben dem Laptop ein Messer auf dem Tisch, mit dem Paula Tweed die Plastikhandschellen durchschneiden konnte. Nachdem er dasselbe bei ihr getan hatte, nahm er den Laptop als Beweismittel mit und brachte Paula in seinem Wagen, den die Kidnapper vor dem Lagerhaus hatten stehen lassen, in ihre Wohnung. Nach dem Erlebnis in dem Lagerhaus wollte Tweed auf keinen Fall, dass Paula allein blieb, und Paula bot ihm daraufhin ihr Gästezimmer an.
Als Paula schließlich zu Bett ging – Tweed war sich sicher, dass sie nach diesem anstrengenden Tag schlafen würde wie ein Murmeltier –, blieb Tweed noch lange wach und blätterte in seinem Notizbuch. Als draußen der Morgen graute, kam zu seinem Erstaunen auf einmal Paula ins Zimmer. Sie war vollständig angezogen.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte Tweed verwundert. »Ich dachte, Sie schlafen sich jetzt mal richtig aus.«
»Ich hatte einen fürchterlichen Traum. Ich war allein im Büro, als ein Mann mit einem Fleischerbeil hereinkam. Er hat es hoch in die Luft geschwungen und ist damit auf mich losgegangen. Er trug eine seltsame Brille und hatte furchtbar stechende Augen.
Ich wollte schreien, brachte aber keinen Ton heraus. Und dann bin ich aufgewacht.«
»Konnten Sie erkennen, wer der Mann war?«
»Es war Benton Macomber. Und die Brille war richtig unheimlich, weil seine Augen durch die Linsen gigantisch vergrößert wurden.«
Tweed musste nicht erst in seinem Notizbuch nachsehen, um zu wissen, dass Benton Macomber auf seiner langen Liste der Mordverdächtigen stand. Er sagte Paula, dass Träume oft ein verzerrtes Spiegelbild
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