Komplott
der Realität waren, und sie stimmte ihm zu. »So, und jetzt fahre ich los und führe ein Gespräch, das ich nicht länger aufschieben will«, sagte sie schließlich. »Ihr Frühstück steht auf dem Küchentisch.«
»Wen wollen Sie denn so früh am Tag schon befragen?«, fragte Tweed erstaunt.
»Coral Flenton. Ich weiß, dass sie immer sehr früh aufsteht. Vermutlich sitzt sie schon bei der zweiten Tasse Kaffee.«
Tweed ließ es sich nicht nehmen, Paula zu Coral Flenton nach Covent Garden zu fahren. »Nach dem, was uns gestern passiert ist, lasse ich Sie nirgendwo mehr allein hin«, hatte er mit fester Stimme gesagt, nachdem er hastig sein Frühstück eingenommen hatte.
Er fand einen Parkplatz, von dem aus er die Eingangstür zu Coral Flentons Wohnhaus im Blick hatte, und blieb im Auto sitzen. Paula war noch nicht lange im Haus, als er eine ihm bekannte Person die Straße entlanggehen sah.
Es war Miss Partridge, die einen langen Mantel trug und ihr Haar unter einem breitkrempigen Hut versteckt hatte. Sie blieb gegenüber von Coral Flentons Haus stehen und tat so, als würde sie Zeitung lesen. Tweed, dem sofort klar war, dass sie das Haus beobachtete, fragte sich, weshalb sie das tat.
Unterdessen hatte Coral Flenton Paula freudig begrüßt, auf eine Tasse Kaffee eingeladen und sie gefragt, ob sie auch ein Frühstück wolle.
»Vielen Dank, aber ich habe schon gefrühstückt. Und wie steht es mit Ihnen?«
»Schon vor einer halben Stunde. Es ist wirklich schön, Sie zu sehen. Haben Sie meine Nachricht erhalten?«
»Deshalb bin ich hier«, antwortete Paula und setzte sich in den Sessel, den ihre Gastgeberin ihr angeboten hatte. »Ihre Nachricht klang sehr positiv. Hat sich denn bei Ihnen in letzter Zeit etwas verändert? Ein neuer Freund vielleicht? Oder soll ich Sie so etwas lieber nicht fragen?«
»Ja, fragen Sie besser nicht. Es ist ein Geheimnis, und ich habe mich entschlossen, es Ihnen lieber doch nicht zu sagen. Seien Sie mir nicht böse, aber ich möchte erst sicher sein, dass überhaupt etwas daraus wird. Aber jetzt würde ich Ihnen gern den Rest meiner bescheidenen Wohnung zeigen.«
Coral führte Paula hinaus in den Flur und öffnete die Tür zum Schlafzimmer gegenüber, in dem ein großes Doppelbett stand. Der Boden bestand aus auf Hochglanz gebohnerten Dielenbrettern, auf denen zu beiden Seiten des Bettes ein farbenfroher Läufer lag. An einer der Wände stand eine Kommode aus dunklem Holz.
»Machen Sie doch mal die Schranktüren auf«, forderte Coral Paula mit einem erwartungsfrohen Lächeln auf. Paula tat, was ihre Gastgeberin von ihr wollte, und stellte erstaunt fest, dass man in den Kleiderschrank richtig hineingehen konnte.
»Das ist ja wie in Amerika«, sagte sie, während sie ihre Blicke über Corals Kleidung schweifen ließ. Besonders fielen ihr dabei drei Mäntel auf, die alle über Kleiderbügeln hingen. Einer war aus Kamelhaar, der andere ein eleganter Abendmantel, während der dritte ein pfiffig geschnittener Regenmantel war.
»Das sind hübsche Mäntel«, sagte sie, während sie wieder aus dem Schrank trat. »Die waren bestimmt sehr teuer.«
»Ich habe sie nicht bezahlen müssen.«
»Also doch ein neuer Freund«, sagte Paula mit einem Lächeln.
»Schön wär’s. Meine Tante hat vor ein paar Monaten einen stinkreichen Mann geheiratet, der mir einen dicken Scheck hat zukommen lassen. Den habe ich gleich für diese Mäntel ausgegeben.«
»Dann geht es Ihnen bestimmt sehr gut.«
»Leider nein.« Corals Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an.
»Warum denn nicht? Was ist denn los?«
»Ich mache mir Sorgen wegen eines Mannes, der mich ständig verfolgt. Immer, wenn ich irgendwo hingehe, habe ich das Gefühl, dass er hinter mir herschleicht. Aber wenn ich mich dann umdrehe, ist er verschwunden.«
»Können Sie ihn mir beschreiben?«
»Nein. Schließlich habe ich ihn ja noch nie gesehen. Aber ich weiß, dass er da ist.
Irgendwie klingt das für Sie jetzt vielleicht ein wenig seltsam, als hätte ich einfach zu viel Fantasie. Kann ja sein, dass es auch nur Einbildung ist – wir Frauen kriegen manchmal einfach fixe Ideen, wenn wir unter zu starkem Stress stehen.«
Paula konnte sich gut vorstellen, weshalb Coral unter Stress stand. Ihre Chefin, Miss Partridge, war nicht nur sehr anspruchsvoll, was die Erledigung ihrer Arbeit an belangte, sie war auch trotz ihres deutlich höheren Alters eine sehr attraktive Frau, der gegenüber sich Coral bestimmt in einer gewissen
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