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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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Vögeln, die über die Palmenkronen segelten, die Ruhe über der sanften blanken Lagune und dem weichen Sandstrand, dagegen die Wildheit in dem roten Riff mit Kanonade und Trommelwirbel in den Lüften - all das machte einen überwältigenden Eindruck auf uns sechs, die wir vom Meer da draußen kamen, einen Eindruck, den wir niemals mehr aus der Erinnerung wischen können. Es war kein Zweifel, daß wir jetzt auf der anderen Seite waren. Niemals würden wir eine »echtere« Südseeinsel zu Gesicht bekommen. Landung oder nicht, auf jeden Fall waren wir in Polynesien, die offene See lag für alle Zeit hinter uns.
    Der Zufall wollte, daß dieser Festtag von Angatau der siebenundneunzigste Tag an Bord war. Siebenundneunzig Tage hatten wir in New York als absolutes Minimum bei theoretisch idealen Verhältnissen veranschlagt, um die nächsten Inseln in Polynesien zu erreichen.
    Um fünf Uhr passierten wir zwei palmengedeckte Hütten zwischen den Bäumen an Land. Aber es war kein Rauch und kein Lebenszeichen zu sehen.
    Um halb sechs steuerten wir von neuem auf das Riff zu. Wir näherten uns dem Westende der Insel und mußten uns einen letzten Überblick verschaffen. Vielleicht war doch eine Passage zu finden. Die Sonne stand nun so tief, daß sie uns blendete.
    Wo sich das Meer an dem Riff brach, einige hundert Meter außerhalb der letzten Landzunge der Insel, hob sich ein kleiner Regenbogen in die Luft. Sie lag wie eine Silhouette vor uns. Auf einmal entdeckten wir am Strand drinnen einige regungslose Schatten. Plötzlich schob sich der eine langsam herunter gegen das Wasser, während einige andere in vollem Lauf gegen die Waldkante verschwanden. Es waren Menschen! Wir steuerten so nahe ans Riff, wie wir nur wagen konnten. Der Wind war flau geworden. Wir hatten den Eindruck, als wären wir eben dabei, in den Windschutz der Insel zu gelangen. Jetzt wurde ein Kanu ins Wasser gesetzt, und zwei Gestalten hüpften an Bord und paddelten hinter dem Riff entlang. Weiter draußen wendeten sie die Nase herüber, und wir sahen, wie die Wellen das Kanu in die Luft wirbelten, dann schnitt es durch die Passage des Riffs und hielt scharf auf uns zu.
    Dort unten also lag die Öffnung im Riff. Dort war unsere einzige Hoffnung. Nun sahen wir auch das ganze Dorf, das da drinnen zwischen den Palmenhainen lag. Aber schon begannen die Schatten lang zu werden.
    Da winkten die zwei im Kanu. Wir winkten eifrig zurück, und sie beschleunigten ihre Fahrt. Es war ein polynesisches Auslegerkanu, und zwei Braune saßen an den Paddeln, das Gesicht uns zugewendet. Hier würde es neue Sprachschwierigkeiten geben. Ich war der einzige an Bord, der sich noch von Fatuhiva her einiger Worte Marquesanisch erinnerte, aber mit Polynesisch bleibt man in den nordischen Ländern kaum auf dem laufenden. Man hat zu selten Gelegenheit zur Aussprache.
    Deshalb fühlten wir uns erleichtert, als das Kanu gegen die Seite des Floßes stieß und die zwei an Bord sprangen. Denn der eine grinste über das ganze Gesicht, streckte seine braune Hand vor und rief auf englisch:
    »Good night!«
    »Good night«, antwortete ich verblüfft, »do you speak English?« Der Mann grinste zurück und nickte.
    »Good night«, sagte er, »good night.«
    Das war sein ganzer Wortschatz in fremden Sprachen. Damit überrundete er allerdings seinen bescheidenen Freund weit, der nur im Hintergrund stand und seinen gebildeten Kameraden bewundernd angrinste.
    »Angatau?« fragte ich und zeigte auf die Insel.
    »H'angatau«, nickte der Mann zustimmend.
    Erich nickte stolz. Er hatte recht gehabt, denn wir waren wirklich dort, wo ihm die Sonne gesagt hatte, daß wir sein müßten.
    »Maimai hee juta«, versuchte ich mich.
    Nach meinen Kenntnissen aus Fatuhiva mußte das etwa heißen:
    »Möchten gehen an Land.«
    Da zeigten die zwei auf die unsichtbare Passage im Riff. Wir legten das Ruder über und wollten versuchen, darauf zuzuhalten.
    Im selben Augenblick kamen einige frischere Windstöße von der Insel herüber. Es lag eine kleine, regenschwere Wolke über der Lagune. Der Wind versuchte, uns von dem Riff wegzuschieben, und wir merkten, daß die »Kon-Tiki« dem Steuerruder nicht in einem Winkel gehorchte, groß genug, die Öffnung im Riff zu erreichen. Wir versuchten, Anker zu werfen. Aber das Tau langte nicht bis hinunter. Nun mußten wir zu den Paddelrudern greifen, und das geschwind, bevor uns der Wind zu fassen bekam. Wir ließen das Segel herunterrauschen und langten jeder nach seinem großen

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