Konfetti im Regen
hatte.
»Ich fahr’ um halb fünf morgens«, sagte sie, ihren eigenen Köder aufnehmend.
»Halb fünf?« sagte 405. »Warte, du hast was mit dem Finanzmarkt zu tun, richtig?«
»Bei McKinney-Alitzer.«
Er lächelte und nickte, unterstrich seine Kenntnisse. »Dann bist du da, wenn der Markt öffnet.«
»Ja. Es ist der helle Wahnsinn, aus dem Bett zu kommen, aber der Verkehr ist großartig.«
»Egal«, fuhr 405 fort, »was mich an dieser Stadt überrascht, ist, daß jeder stehenbleiben und sich eine Leiter ansehen muß, die von einem Lastwagen gefallen ist.«
»Woher kommst du?« sagte 118.
»Chicago. Und du?«
»Ich komm’ aus New Orleans.«
»Ich bin aus L.A.«, sagte Iris.
Sie sahen sie an, als hätte sie gesagt, sie käme vom Mars.
»New Orleans?« sagte 118. »Großartige Stadt...«
Iris ging in das Eßzimmer, nahm sich etwas von einem Teller mit Käsewürfeln und rohem Gemüse, der auf dem Eßtisch stand, und fragte sich, ob die Männer überhaupt gemerkt hatten, daß sie gegangen war.
»Mein Agent hat mir geraten, das Grau rausmachen zu lassen, es ließ mich zu alt aussehen«, sagte ein Bursche in einem zerknitterten Leinenjackett, das er über einem schwarzen T-Shirt und stonewashed schwarzen Jeans trug. »Also färbe ich es, richtig? Und ich werde zum Vorsprechen für einen Werbespot eingeladen, und die sagen >Ihr Haar ist anders<. Sie hatten sich die alten Porträtaufnahmen angesehen und wollten einen grau werdenden Managertyp. Da war der Job weg.«
Die Frau im schulterfreien Cocktailkleid war von klassischer Schönheit. »Einer sagte mir, ich sollte dunkler Werden. Einer sagte mir sogar, ich sollte blond werden. Ich bin auch gerade ein blonder Typ, nicht? Die wissen nicht einmal, was sich verkauft.« Sie kaute auf einem rohen Karottenstift. »Also... du hast gearbeitet?«
Das Schlafzimmer des Gastgebers war voller Frauen, die vor dem Bad Schlange standen. Zwei Männer und eine Frau bahnten sich gemeinsam ihren Weg aus dem Bad und kicherten. »Was übriggelassen?« rief jemand aus der Menge.
Drei Mädchen kämpften um eine gute Position vor dem Spiegel, der über der Kommode hing, reichten eine Dose Haarspray herum, beugten die Köpfe über die Knie, bürsteten das Haar nach hinten, toupierten es mit Kämmen, bis es verfilzt und zu einem Heiligenschein von über einem halben Meter Durchmesser verklebt war.
Iris betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Sie bemerkte, wieviel älter sie aussah als diese Mädchen. Wie Blanche DuBois war sie dankbar für das gedämpfte Licht.
Zurück im Wohnzimmer lehnte sich Iris an den Kamin, in dem ein Feuer gegen die Augustkühle, die vom Ozean kam, prasselte. Leute tanzten in einem Raum mit Glaswänden neben dem Wohnzimmer. Sie dachte, sie sähe Steves Hemd da drinnen hüpfen. Ein Mann in ausgebeulten Khakihosen und einem lockeren weißen Hemd und mit einem Kurzhaarschnitt stand auch am Kamin.
»Kennst du irgend jemanden hier?« fragte er sie freundlich.
»Nur Josh und den Mitgastgeber Steve.«
»Ich kenne nur Josh. Großartiges Haus, nicht?«
»Er hat es gekauft, nachdem er vom Fernsehen eine ständige Rolle in der Klamaukserie bekommen hatte«, sagte Iris.
»Wer ist Steve?«
»Er ist hier irgendwo. Ich glaube, er tanzt grade.«
»Ist er auch Schauspieler?«
»Ja, aber meistens gibt er Segelunterricht und macht Arbeiten für eine Segelschule und einen Bootsverleih in Marina Del Rey.«
»Scheint, als ob hier alle Schauspieler oder Schriftsteller sind, aber im wirklichen Leben machen sie alle noch etwas anderes.«
»Wirklich.« Iris war erleichtert, jemanden gefunden zu haben, mit dem sie reden konnte. »Was machst du?«
»Ich bin Joshs Börsenmakler.«
»Für wen arbeitest du?«
»Burns Fenner Smith.«
»Ich betreu’ die Konten mit hohem Nettowert bei McKinney Alitzer.«
»McKinney Alitzer. Ich kenn’ da ein paar Leute. Warren Gray?«
»Sicher.«
»Billy Drye?«
»Oh, ja.«
»Billy sorgt schon dafür, daß man ihn kennt, nicht?«
Beide lachten.
»Sag mal, hab’ ich nicht gehört, daß irgendein Bursche, der bei euch im Büro arbeitet, letzte Woche ermordet wurde?«
»Ja.«
»Kanntest du ihn?«
»Flüchtig.«
»Oh Mann! Das ist ganz schön schlimm. Was ist passiert?«
»Tut mir leid, ich seh’ jemanden, den ich kenne. Entschuldige mich. War nett, mit dir zu reden.«
»Iß ein bißchen Kuchen«, sagte John Somers. Ein Stück heißer Apfelstrudel lag in einer Pfütze aus Vanilleeis auf einem Teller vor ihm.
»Ich trinke nur einen
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