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Konigs-Schiessen

Konigs-Schiessen

Titel: Konigs-Schiessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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mehr aus Ratlosigkeit, sprach dort mit den Kollegen über die Waffe, aber es brachte nichts Neues.
    Fast täglich fuhr er raus nach Keeken.
    Der Chef ließ ihn einstweilen gottlob in Ruhe und richtete seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf Breitenegger und den Motorrad fall.
    Astrid sah Toppe so gut wie gar nicht mehr; es war ihm nur allzu recht, denn seit der Szene in Xanten puckerte sein Gewissen.
    Dabei war ja eigentlich nichts passiert. Noch nichts, aber nachts im Bett, während Gabi neben ihm lag, überschlugen sich seine Phantasien, wie es sein könnte mit Astrid. Er verstand sich nicht. Seit er mit Gabi zusammen war, hatte er keine andere Frau mehr in dieser Weise begehrt, hatte er sich zufrieden und sicher gefühlt. Manchmal, wenn Gabi ihn anschaute, glaubte er, sie müsse seine Gedanken lesen können, und schämte sich. Dann war er übergangslos zärtlich, sagte ihr und sich, daß er sie liebe und wieviel sie doch schon gemeinsam erlebt, genossen und gelitten hätten. Er beruhigte sich selbst; betete sich vor, es handele sich um die nur allzu gewöhnliche Midlife-Crisis, die wohl alle einmal traf, und sträubte sich gleichzeitig dagegen, in diesen Topf zu gehören. Er sagte sich, daß Astrid austauschbar sei und war doch nicht sicher. Es schmeichelte ihm, daß sie ihn offensichtlich begehrenswert fand, und gleichzeitig mißtraute er ihr zutiefst. Seine Unzufriedenheit war ihm selbst zuwider, quälte ihn, machte ihn sprachlos und launisch. Die Stimmung zwischen Gabi und ihm war ungesund wechselhaft und anstrengend. Immer öfter blieb er über Mittag im Dorf, aß in einer der beiden Kneipen Jägerschnitzel oder Rippchen mit Rotkohl. Er fühlte sich inzwischen fast heimisch hier, und auch für die Leute schien er schon dazu zu gehören. Sie waren freundlich und offen, luden ihn in ihre Häuser ein zu Kaffee und selbst aufgesetztem Bees.
    Er ging zu Hein Verhoevens Stammtisch und versackte. Er redete mit dem Pastor, dem Küster, den Schützenbrüdern, ging zur Probe des Kirchenchores.
    Aber all das führte ihn nicht weiter; er lernte lediglich das Dorf besser kennen, die Leute genauer einschätzen, auch die Verhoevens, und der Mord wurde immer unerklärlicher.
    Er fragte, ob er selbst wohl zufriedener wäre, wenn er hier geboren und aufgewachsen wäre, wie sehr einen wohl diese Atmosphäre prägte, in der in so vielen Dingen die Zeit stehengeblieben schien, alles ein bißchen angestaubt, aber doch so wohlgeordnet war. Gleichzeitig träumte er davon, zurück nach Düsseldorf zu gehen, in eine Altbauwohnung mit hohen Decken und überhaupt nicht perfekt, ins Theater zu können, ins Kino, in Konzerte, einfach so, kurzentschlossen wieder den Tag zu leben und zu spüren, mit Freunden die Nächte durch zu reden und zu trinken. Er erzählte Gabi davon, aber sie lächelte nur traurig: »Das alles haben wir vor fünfzehn Jahren entschieden. Oder waren die Kinder nicht auch deine Entscheidung?« An die Kinder hatte er dabei überhaupt nicht gedacht, und das ließ wieder sein Gewissen schlagen.
    An einem Samstag Ende Oktober wanderte er mit Bongartz, dem er oft über den Weg lief, durchs Dorf, ohne Ziel, ohne Fragen.
    »Es ist schon lange nicht mehr so idyllisch hier, wie es Ihnen vorkommt, Herr Toppe«, meinte Bongartz. »Vor dem Krieg, als hier nur Keekener wohnten, da konnte man vielleicht von Idylle reden.«
    »Können Sie sich denn daran noch erinnern?«
    »Sicher, ich bin neunundfünfzig.«
    Er lachte, als er Toppes erstauntes Gesicht sah. »Erbmasse. In unserer Familie halten wir uns alle so lange frisch, und dann die gesunde Landluft. Sie kommen wohl aus der Stadt?«
    Jetzt lachte Toppe. »Wieso? Habe ich mich so schlecht gehalten?«
    »Nein, nein, um Gottes Willen. Ich mein’ bloß, weil Sie das sagten mit der Idylle.«
    »Ich bin in Meerbusch geboren, aber seit ich achtzehn war, habe ich immer in Düsseldorf gewohnt. Bis ich nach Kleve versetzt wurde.«
    »Irgendwie merkt man es doch, wenn einer nicht von hier ist. Tja, vor’m Krieg hatten wir sogar noch unseren eigenen Polizisten hier und unser eigenes Gefängnis.«
    »Wirklich?«
    »Ja, kommen Sie, ich zeig’s Ihnen.«
    Sie gingen um das hohe Backsteinhaus am Kriegerdenkmal herum.
    »Das war mal unsere Schule. Und hier hinten, im Anbau, war das Gefängnis, nur eine Zelle, aber immerhin.«
    Toppe sah in den Hof hinein, der heute davon nichts mehr erkennen ließ. Die jetzigen Bewohner der Schule hatten eine große Laube angelegt, einen Gartenteich, und die

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