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Konigs-Schiessen

Konigs-Schiessen

Titel: Konigs-Schiessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Gefängniszelle wurde offensichtlich als Geräteschuppen genutzt.
    »Und das Doppeltor daneben, das war unsere Feuerwehrstation.«
    »Sie hatten eine eigene Feuerwehr für dieses kleine Dorf?«
    » Keine richtige Feuerwehr, aber immerhin einen eigenen Spritzenwagen mit Handpumpe. Der wurde von einem Pferd gezogen. Heute haben wir ja eine richtige Feuerwehr in Bimmen. Aber damals waren die Dörfer noch streng getrennt. Bimmen war für uns ein Provinzkaff, höchstens hundert Einwohner. Nein, lachen Sie nicht. Es war so. Und die Bimmener Kinder mußten bei uns zur Schule gehen.«
    Sie kamen an der Volksbankfiliale vorbei, die nur donnerstags geöffnet war, wie ein Schild an der Tür mitteilte, an einer großen Gärtnerei – »die waren früher mal stinkreich; der Alte war einer von den fünf Parteigenossen im Dorf, aber mit Politik hatten wir nie viel am Hut«- dann am Schützenhaus und schließlich zur Landstraße.
    »Und da drüben auf der anderen Straßenseite, das gehört auch noch zu Keeken?«
    »Ja, bis zum Altrhein runter. Sind nur noch ein paar Häuser.«
    Sie überquerten die Straße, und Toppe zeigte auf die kleine weiße Zwiebelturmkirche, die nahe am Deich stand. »Und wieso haben Sie zwei Kirchen?«
    »Das ist die evangelische Kirche. Früher hatten wir sogar zwei Pfarrer. Jetzt werden die paar Evangelischen von Kranenburg aus mitbetreut. Das war ja alles mal ganz anders hier.«
    Er erzählte sehr lebhaft von den Herren von Bylant, die die Kirche im frühen 18. Jahrhundert bauen ließen, die hier ihr Schloß hatten, das aber von einem Hochwasser in den Rhein gerissen wurde; Holländer waren das gewesen, Calvinisten.
    »Damals im 16. und 17. Jahrhundert war dies hier eine bedeutende Gegend. Da verlief der Rhein noch in seinem alten Bett und war eine wichtige Handelsstraße, und hier war eine der Hauptzollstellen. Kann man sich heut’ kaum noch vorstellen, nicht?«
    Sie stiegen den Deich hoch und blickten auf den Altrhein und die weite Ebene auf der anderen Seite mit ihren Pappeln und Weiden, die sich bis zum großen Deich zog, hinter dem der neue Rhein floß.
    »Unsere Altrheininsel. Hier haben wir als Kinder immer gespielt. Das ganze Jahr über, im Sommer Geländespiele, und im Winter sind wir hier auf den Kolken und dem Altrhein Schlittschuh gelaufen. Mit diesen holländischen Schaatsen aus Holz.«
    »Und wie sind Sie rübergekommen auf die Insel? Hier ist doch keine Brücke.«
    »Na, mit dem Boot. Der Bauer vom Vossegatt hatte eins, das er uns überließ.«
    Er lachte leise vor sich hin. »Wenn unsere verschiedenen Banden mal Krach untereinander hatten, dann haben wir den anderen heimlich das Boot geklaut, und die saßen auf der Insel fest. Wenn sie nach Hause wollten, dann mußten sie schwimmen. Ist mir selbst auch ein paarmal passiert.«
    Sie hockten sich auf einen Zauntritt, und Toppe zündete sich eine Zigarette an.
    »Muß schön gewesen sein hier damals.«
    »Ja, in der Erinnerung ist das meiste schön, nicht wahr? Die schlimmen Sachen, die vergißt man immer. Wie arm wir damals waren. Im Sommer sind wir barfuß gelaufen, weil wir keine Schuhe hatten, und im Winter in Klompen mit dicken Schaffellsocken drin. Vor der Schule mußten wir die Holzschuhe immer mit Kreide putzen, damit sie wieder hell wurden. Ein paar dicke Bauern gab es, aber die anderen? Kätler ohne Acker, mit einer Kuh, die sie den ganzen Tag an den Wegrändern entlangtrieben, damit sie fressen konnte. Eine Kuh, ein Schwein, ein paar Hühner, aber einen ganzen Stall voll Kinder. Arbeit gab’s hier keine. Gut, ein paar Leute wurden in der Molkerei gebraucht, ein paar Knechte auf den Höfen. Die anderen waren froh, wenn sie schon mal Arbeit auf der Ölmühle in Spyck kriegten. Jeden Tag mit der Fiets elf Kilometer hin und elf Kilometer zurück. Und da war die Straße noch nicht asphaltiert, und die Räder hatten Vollgummireifen und eine Karbidlampe vorne. Was meinen Sie, wieviele unverheiratete Männer im besten Alter es hier im Dorf gab, einfach weil sie keine Familie ernähren konnten. Solche Sachen vergißt man leicht.«
    »Und die Verhoevens gehörten zu den,dicken Bauern’?«
    »Ja, damals vor dem Krieg war Verhoeven der reichste von allen. Und nachher hat er auch noch ganz gut am Schmuggel verdient. Na ja, aber gucken Sie sich doch die Landwirtschaft heute mal an. Die Bauern buttern doch alle zu. Wenn man ein Loch stopft, reißt man woanders wieder ein neues auf. So ein Hof wie der von den Verhoevens, ein bißchen

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