Konigs-Schiessen
und Fritten und ließ sie einfach laufen. Mit Astrid redete er über Gott und die Welt, nur über den Fall sprachen sie nicht.
Sie kletterte mit den Kindern bis ganz oben in die Holzburg auf dem Spielplatz und spielte Fangen mit ihnen auf der Wiese, während er im Gras saß und zuschaute. Wenn sie so lachte und rumtobte, sah sie noch viel jünger aus, als sie war.
»Puuh.« Sie ließ sich der Länge nach ins Gras fallen, schloß die Augen und atmete tief. Ihre schwarze Bluse war völlig verrutscht.
»Wir gehen noch mal zur Hängebrücke, Papa!« rief Oliver.
»Okay!«
Er drehte sich von ihr weg, zog die Beine an und umschlang die Knie mit den Armen.
»Was ist?« fragte sie leise.
Er zuckte nur die Schultern, weil er nicht wußte, was er sagen sollte; er wußte nicht einmal genau, was er dachte.
»Geht’s dir nicht gut?« Sie setzte sich auf und streichelte mit ihrem Zeigefinger ganz zart sein Handgelenk.
»Doch.« Er sah ihr in die Augen. »Doch, mir geht’s gut, und wir können beim,Du’ bleiben.«
Sie kniete sich hin.
»Ja, du«, sagte sie ernst und küßte ihn ganz kurz auf den Mund.
Als sie sich wieder zurücklehnen wollte, faßte er sie an den Oberarmen und zog sie zu sich heran. Er küßte sie hart. Sie schob ihre Zunge in seinen Mund. Abrupt ließ er sie los.
»Entschuldige, ich wollte das nicht.«
»Aber ich wollte es«, antwortete sie ruhig.
Er sah sie unsicher, fast abweisend an.
Sie hielt ihm ihre Hand hin. »Komm, wir gehen die Jungs suchen.«
Es knallte laut; das typische, schauerliche Geräusch, wenn Blech auf Blech trifft. Er ließ seinen Big Mäc in die Styroporschale fallen und hastete zum Fenster. Nein, Gott sei Dank, sein Bock war unbeschädigt. Obwohl, die Alte hatte ihn nur ganz knapp verfehlt. Mann, da war’ was los gewesen! Die war wohl rückwärts aus der Parkbucht raus und den Wagen, der da ankam, hatte sie nicht gesehen. War ja auch schon etwas älter, das Mädchen, mindestens siebzig. Gott, wie die da jetzt rumrannte; wie so’n aufgescheuchtes Huhn. Das Kind in dem anderen Auto hatte wohl was abgekriegt, blutete am Kopf. Na, ihm konnt’s egal sein. Immer mehr Leute liefen zusammen und nahmen ihm die Sicht. Sogar die Penner und Junks vom Rondell setzten sich in Bewegung, um zu gucken, was da für’n Film ablief. Ach, da kamen auch schon die Bullen. Egal, er würde jetzt in Ruhe seinen Big Mäc essen und noch zwei, drei Cola trinken. Bis dahin würden die da draußen ja wohl fertig sein.
Die Katastrophe hätte keiner mehr abwenden können. Heinrichs hatte, als er zur Toilette ging, die Bürotür offengelassen, und Franz Josef, der sich inzwischen hier schon wie zu Hause fühlte, war Breiteneggers väterlicher Obhut entwischt. Laut kläffend flitzte er den Flur entlang. Breitenegger brüllte im besten Befehlston hinter ihm her, aber es war schon zu spät.
Die Tür am Ende des Flurs wurde geöffnet, und heraus trat Stanislaus Siegelkötter. Franz Josef hüpfte ihm freudig an den Beinen hoch, seine Stimme überschlug sich vor Begeisterung.
Siegelkötter sah dem heraneilenden Breitenegger konsterniert entgegen.
»Wem gehört dieser Hund?« fragte er schneidend.
Nun war Breitenegger anders als Toppe. Seelenruhig nahm er erst einmal Franz Josef auf den Arm und streichelte ihn, bis er ruhig war.
»Der gehört mir, Herr Siegelkötter. Ein schönes Tier, nicht wahr?«
»Und was, bitte schön, macht der hier im Büro?«
»Ich kann ihn leider in den nächsten Tagen nirgendwo anders unterbringen. Das Tier braucht besondere Fürsorge. Es ist krank.«
»Krank?« Siegelkötter drohte seine wohldosierte Kühle zu verlieren.
»Das ist ja wohl absolut unglaublich, Herr Breitenegger. Dies ist ein Polizeirevier und kein Tierasyl.« Man konnte fast sagen, daß er brüllte.
»Es dürfte Ihnen, Herr Siegelkötter, bekannt sein, daß es in anderen Betrieben und öffentlichen Einrichtungen durchaus gängig ist, daß stillende Mütter ihre Säuglinge mit zur Arbeit bringen. Ich sehe also nicht ein, warum..«
Jetzt brüllte Siegelkötter wirklich.
»Es ist mir völlig gleichgültig, was Sie einsehen. Stillende Mütter! Solange ich hier Chef bin, greifen solche Zustände jedenfalls nicht um sich. Sie entfernen sofort das Tier, oder es wird Konsequenzen für Sie haben!«
Breitenegger sah ihn kalt und mitleidig an. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und stapfte zum Büro zurück.
17
Die Tage gingen ins Land; im Mordfall Verhoeven bewegte sich nichts. Toppe führ nach Duisburg,
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