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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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Bastlertum etwa darin, dass zwar Unternehmen einerseits versuchen, ihre
     Produkte und Marken mit quasi beliebigen Bedeutungen aufzuladen, die Konsumenten aber postwendend diese in ebenso beliebiger
     Weise wieder für sich umdeuten. Das Motiv der Coolness liefert hier ein besonders schönes Beispiel. Die rührenden Versuche
     von Unternehmen, Produkten und Marken ein oberflächlich cooles Image zu geben, laufen oft ins Leere; denn zur gleichen Zeit
     haben die wirklich coolen Leute schon ganz neue Ziele gefunden, die sie ihrerseits als cool konnotieren (vgl. Düllo 2005).
    Abbildung 3: Aufgebohrter iPod
    (Quelle: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,406885,00.html, 20.03.2006)
    Basteln ist unter den Bedingungen fortgeschrittener Individualisierung quasi zum universellen Prinzip geworden und umfasst
     nicht zuletzt auch
customization
|37| als demonstrative Modifikation beziehungsweise Individualisierung von Produkten. Hier sind die USA führend, wie uns MTVs »Pimp
     My Ride« lehrt. Stefan Liske, Leiter Produktstrategie bei VW, stellt fest: »Die Amerikaner geben im Jahr […] 31 Milliarden
     aus, um ihre Autos zu customizen. Der durchschnittliche Angehörige der Generation Y, die jetzt zwischen 25 und 38 ist, investiert
     11.500 Dollar in die Customization seines Autos« (Friebe 2006: 86).
    Doch nicht nur Autos bedienen den Bastel- und Individualisierungstrieb, sondern potenziell jedes Objekt im Haushalt (Berger/Hawthorne
     2005). Zeitschriften wie
ReadyMade
und
Make
zeigen dies anhand einer unüberschaubaren Menge an Beispielen und Anleitungen. Und neuerdings heißt es nicht mehr nur von
     Mofas, sie würden »aufgebohrt«, sondern auch von iPods (Abbildung 3).
    Unternehmen müssen feststellen, dass sie nicht mehr die alleinige Hoheit über die Produktentwicklung besitzen, und die fortschrittlicheren
     unter ihnen gehen vermehrt dazu über, die bei der Kundschaft vorhandene Innovations-Kompetenz nicht nur anzuerkennen, sondern
     auch abzugreifen.
Lead user
heißt das Konzept, das versucht, die Innovation zu »demokratisieren« (Hippel 2005) und an den Zweckentfremdungen beziehungsweise
     Umdeutungen der Konsumenten zu partizipieren. Denn man hofft, dass diese
lead user
schon heute Bedürfnisse an den Tag legen, die erst morgen oder übermorgen im Mainstream gängig sind. Das ist leichter gesagt
     als getan, denn ebenjene innovativen, unorthodoxen und möglicherweise gar als deviant einzustufenden Nutzer sind im Segment
     der Endverbraucher nicht gerade leicht zu identifizieren. Oder man muss womöglich feststellen, dass ein Kontakt mit dieser
     interessanten Kundengruppe anrüchig erscheinen könnte. So wurde ein Hersteller von Sprühlacken irgendwann der Tatsache gewahr,
     dass seine wirklichen
lead user
nicht unter den Handwerksmeistern des Anstreich- oder Kfz-Gewerbes, sondern in der Szene der Graffiti-Sprayer zu finden sind:
     Auf den nächtlichen Touren braucht es aus ganz naheliegenden Gründen extrem schnell trocknende Lacke, bestimmte Düsen für
     hohen Farbdurchsatz oder Dosen, denen man auch bei abgenommener Kappe noch ansieht, welche Farbe sie enthalten.
    |38| Zum Konzept des Cultural Hacking
    Es ist das Verdienst des Post-Situationisten und Punk-Schriftstellers Stewart Home (1996), den höchst plastischen Sammelbegriff
     des »Cultural Hack« für solche – teils widerspenstigen, teils subversiven – Aktionen geprägt zu haben. Streng genommen führt
     Home die Bedeutung des Wortes Hack wieder auf den Ursprung zurück, der noch vor der Einführung elektronischer Datenverarbeitung
     liegt. Ein Hack war ursprünglich ein Ausdruck für journalistisches Arbeiten mit unorthodoxen Mitteln. Was sich dann sehr schnell
     auf den Bereich der Datenverarbeitung übertrug, denn seit jeher waren die Programmierer gefordert, Umwege zu machen und kreative
     Lösungen zu entwickeln, um mit der Begrenztheit von Programmiersprachen, Betriebssystemen und Hardware-Ressourcen fertig zu
     werden. Innovation und Hacking fallen also häufig in eins (Abbildung 4).
    Abbildung 4: Definition von Hack
    (Quelle: http://www.healthhacker.org/images/debconf4/def_hack.jpg, 03.06.2008)
    Um die gesamte Bandbreite von Konsuminnovationen verstehen zu können, bedarf es zunächst einer Systematisierung des Feldes.
     Was also ist das |39| Wesen des Hacking und welche Strategien zeichnen einen Hacker aus? Und was ist es, was das Überraschungsmoment ausmacht? Laut
     dem
New
Hacker’s Dictionary
(Raymond 1996) steht Hacking für

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