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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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Konsumcollagen – Persönliche Aneignung versus kommerzielle Verwertung im Möbeldesign
    Thilo Schwer
    Aneignung als alltägliche Praxis
    Produkte aus der Massenfertigung haben – im Vergleich zu handwerklich hervorgebrachten – keinen einzigartigen Charakter. Im
     Gegenteil: ihre Uniformität widerspricht dem Wunsch der Käufer nach Selbstbestimmung und Einzigartigkeit. Hersteller versuchen
     diesen Mangel auszugleichen, indem sie Markenpersönlichkeiten kreieren und diese über Werbung vermitteln. Konsumenten wiederum
     entwickeln ihrerseits Strategien, um die Produkte aus der Anonymität der Warenwelt herauszulösen und in den persönlichen Besitz
     zu überführen. Dieser aktiv gestaltete Prozess wird mit dem Begriff der Aneignung bezeichnet, der weit mehr als den Kaufakt
     selbst umfasst: Man möchte sich ein Produkt zu eigen machen, sich mit ihm identifizieren und es als persönliches Statement
     verstehen. Dabei unterscheiden sich die Vorgehensweisen, Absichten und ihr jeweiliger Stellenwert erheblich. Sie reichen von
     »kleinen, starrsinnig anmutenden Gesten der Identifikation mit Objekten« (Boehe/Selle 1986: 33f.) über individuelle Kombinationen
     und Umcodierungen bis hin zu umfassenden Modifikationen, nach denen das Ursprungsobjekt fast nicht mehr zu erkennen ist.
    Viele dieser Aneignungsprozesse laufen in unserem Alltag automatisch und unbewusst ab. So bilden Gebrauchserfahrungen, wie
     die Auswahl eines Kugelschreibers nach Griffigkeit oder das Testen eines Sofas auf Bequemlichkeit erste individuelle Unterscheidungskriterien,
     um ein Produkt aus der Masse herauszuheben. Die Vielschichtigkeit dieser Gebrauchserfahrungen steigt mit dem Erfahrungshorizont
     ständig an, worunter die Handhabbarkeit jedoch nicht zwangsläufig leidet. Im Bereich der Mode gehen die als alltäglich empfundenen
     Praktiken der Aneignung noch weiter. Durch die Auswahl und Kombination der persönlichen Kleidungsstücke wird neben dem individuellen
     Stil auch die Zugehörigkeit zu Konsum-, Stil und Wertegemeinschaften ausgedrückt. Zusätzlich zur Zusammenstellung |56| des Outfits erzeugt die Trageweise der Kleidung – wie etwa das Anziehen eines T-Shirts über einem Hemd – Bedeutung. Das gezielte
     Verändern, zum Beispiel durch das Abtrennen von Ärmeln, markiert eine weitere Form der individuellen Aneignung. Diese Form,
     Produkte durch Modifikationen zu einem Teil des Selbst zu machen, ist im Automobilbereich sehr häufig anzutreffen. Vor allem
     in der
Tuning-
oder
Hot-Rod-Szene
ist sie schon fast Selbstzweck. Denn die Fahrzeuge dienen hier häufig nur noch als Leinwand, auf der Auto-Fans ihre eigene
     Vision von der perfekten (meist stehenden) Fahrmaschine verwirklichen.
     
    Aneignung als Prozess
    Die Kulturhistoriker Jutta Boehe und Gert Selle erweitern in ihrer Untersuchung der deutschen Wohnkultur den Begriff der Aneignung
     auf die »ganze Beziehungsarbeit eines Lebens« (Boehe/Selle 1986: 51), also sämtliche Erfahrungen des Subjekts mit sich, den
     umgebenden Gegenständen sowie der engeren und weiteren sozialen Umwelt. Um den damit sehr umfassenden Begriff handhabbar zu
     machen, führen sie die drei folgenden Ebenen ein:
    »In der gesellschaftlichen Aneignung kumuliert letztlich die Gesamtheit aller historischen Erfahrungen am Gegenstand – von
     den ersten menschlichen Werkzeugentwürfen bis zur hochentwickelten Industriekultur. In der sozialen Aneignung treffen die
     gegenständlichen Gebrauchserinnerungen und -erfahrungen aus der Sozialgeschichte mit den sozial differenzierten und sozial
     differenzierenden aktuellen Gebrauchsweisen zusammen. Und in der individuellen Aneignung handelt es sich um die Gesamtheit
     der lebenslang aufgebauten gegenständlichen Beziehungen und intimen Erfahrungen, in denen sich die Bestimmungen aus den anderen
     Ebenen brechen.« (ebd.: 49)
    Obwohl diese Begriffsdefinition die verschiedenen Konnotationen der Aneignung beleuchtet, bleibt der aktive Teil dieses Prozesses
     weitgehend im Dunkeln. Schließlich ist uns im Bereich der Mode der »kreative Umgang mit Konsumwaren« (Richard 1998: 51f.)
     schon länger vertraut, wie Birgit Richard in einem Aufsatz über Mode als ästhetischen Komplex darlegt. Diese Praxis kann aber
     auch in allen anderen Bereichen der Konsumgüter gefunden werden. Auf der Website iWrap 1 können beispielsweise Schutzoder |57| Schmuckhüllen für iPods und andere Gegenstände selbst gestaltet, heruntergeladen und gebastelt werden. Neben dem

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