Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur
digitalen Grafiken und Fotografien im A0-Format ausdrucken und dann öffentlich ausstellen kann; 23 und wenn es einladend heißt: »Create Yor Own wired Cover«, dann steht die Firma Xerox im Hintergrund. 24 Und in den beiden
net.culture.labs
, die 2007 als »Innovationsinitiative« der Telekom Austria gegründet wurden, lief 2008 eine Veranstaltungs- und Workshop-Reihe
unter dem Motto »make your own thing« 25 – in deren Rahmen auch solche DIY-Projekte und -Techniken vorgestellt wurden, die sonst von Unternehmen eher bekämpft als
gefördert werden, weil sie Alternativen zu den von diesen bespielten Märkten eröffnen. So war im Rahmen der Reihe etwa auch
das Projekt
Burnstation
zu Gast, das auf eine alternative Distributionsstruktur für elektronische Musik setzt. 26
Doch auch Konzerne, die sonst ganz andere Konsummärkte bespielen, haben das DIY-Prinzip und die boomende Bastel- und Handarbeitskultur
inzwischen für sich entdeckt: So lud die Zigarettenmarke Lucky Strike 2006 im Rahmen eines (Wettbewerbs-)Projekts namens
Lucky Loft
Nachwuchs-KuratorInnen dazu ein, eine Ausstellungsreihe mit künstlerischen Projekten rund um DIY zu realisieren; 27 2007 forderte auch die Schweizer Marke Parisienne mit einer ebenfalls ästhetisch passend gestalteten Kampagne dazu auf, DIY
kreativ zu werden. 28 Und wenn sonst nichts Passenderes naheliegt, wird einfach ein T Shirt-Design-Wettbewerb ausgelobt, bei |107| dem man gegebenenfalls noch kostenfreie Inspirationen für neue Logo-Gestaltungen einsammeln kann. 29
Gemeinsam ist den Maßnahmen nicht nur, dass sie die allgemeine Beliebtheit einschlägiger Angebote in Form von webbasierten
Plattformen nutzen, die direkte Verknüpfungen zwischen Online- und Offline-Aktivitäten, Netzraum und Realraum sowie Medien-
und Materialkultur schaffen. Sondern vor allem anderen, dass sie auf das setzen können, was man früher als kreative und subversive
Potenziale von DIY- und Amateurkulturen beschrieben hätte – indes nun eine Generation glücklicher ProsumentInnen offenbar
keinen Widerspruch darin sieht, eben diese Potenziale in kommerzielle Kontexte einzubringen, in denen
Bricolage-
Ästhetik und Zeichen der Subversion nurmehr das Design bestimmen: »Die Zeiten, in denen ›DIY‹ nur mit Punk und Handwerken
assoziiert wurde, sind vorbei […]« 30
Verkauf’ Dich teuer...
In einer Kultur des
Ego-Brandings
, in der jeder seine eigene Marke kreiert beziehungsweise ist, wirkt Widerstand gegen Konsum ohnehin erst einmal denkbar deplatziert.
Feine Unterschiede werden eher an anderer Stelle gemacht: Es zählen die Kriterien der Wahl, der Kombination, der Konditionen
und des Know-how – die auch für die Prosumer von entscheidender Bedeutung sind. Entsprechend haben sich auch die Mottos verändert,
mit denen Distanz gegenüber einer wie auch immer imaginären ›unkritischen Masse‹ signalisiert werden soll: Aus »Klau’s Dir
doch« und »Macht kaputt, |108| was Euch kaputt macht!« 31 ist »Shop Crafty!« und »Buy Homemade« 32 geworden – während Prädikate wie
100% sweatshop free
und
bio
an sozial und ökologisch bewusstes Konsumverhalten appellieren beziehungsweise die entsprechende alternative Grundeinstellung
signalisieren.
So verwundert es auch nicht, unter der Domain www.konsumguerilla. net (04.08.2008) ein Blog vorzufinden, das einerseits zwar
klassische Märkte kritisch beobachtet – andererseits aber mit großem Enthusiasmus alternative Kaufoptionen bespricht. Und
dass die Adresse www.a-bettertomorrow.com (04.08.2008) einer Plattform gehört, über deren Webshop Nachwuchs-DesignerInnen
ihre Ware vermarkten können, spricht im Hinblick auf die Vorstellungen einer
besseren Zukunft
ebenfalls Bände. Vor allem aber fällt der Geschäftsgeist auf, der individuelle Projekte ebenso wie Plattformen durchweht und
den Community-Initiativen wie der Londoner Craft Guerilla mit Foren wie Craftster und Start-ups wie threadless.com oder spreadshirt.com
teilen. 33 Selbst dort, wo die Piratenfahne flattert, heißt es dem bereits zitierten Motto von www.etsy.com entsprechend: »sell yourself!«
Ist die gute alte Punk-Parole »Do-It-Yourself Or Die« – die sich bezeichnender Weise gerade in dieser Gemengelage wieder großer
Beliebtheit erfreut – also zum neuen Schlachtruf geworden, mit dem die vom »kreativen Imperativ« zu Höchstleistungen angespornten
ProsumentInnen zu Markte ziehen?
Nun könnte man mit Blick auf »Flower Power« wie auf
Weitere Kostenlose Bücher