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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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beziehungsweise sich unter den Vorzeichen einer Sub- beziehungsweise Gegenkultur (vgl.
     Gelder 2005 und Muggleton/Weinzierl 2006) formierende Projekte bis hin zu kommerziellen Anbietern und Konzernen wie Hornbach
     reicht, in dem sich klassische
Grassroots-
Initiativen neben ehrgeizigen Start-ups und Guerilla Marketing-Kampagnen (vgl. Levinson 1990; Düllo/Liebl 2005), konventionelle
     Heimwerker neben skurrilen Hobbyisten, KünstlerInnen und ambitionierten Nachwuchs-DesignerInnen finden. Einen wahren Boom
     zeitigen sowohl individuelle Blogs wie auch Community-Foren sowohl
How to-
Seiten wie www.instructables.com, auf denen man für alle nur denkbaren DIY-Projekte Anleitungen findet, als auch Plattformen
     wie www.etsy.com, auf denen man das Selbstgemachte nicht nur präsentieren, sondern zum Verkauf anbieten kann. Und ganz ähnlich
     wie in der Hornbach-Werbung wird auch hier auf breiter Front mit dem Selbstgemachten |102| nicht nur Individualität, sondern – wie mitunter sogar adaptierte Piratenflaggen mit gekreuzten Scheren oder Stricknadeln
     unterstreichen – ein revolutionärer Gestus des
craftivism
assoziiert. 12 Letzterer wiederum begegnet auch nicht allein dort, wo es um eine Abgrenzung vom Beigeschmack der Biederkeit und von reaktionären
     Politiken geht, die traditioneller Heimwerker- und Handarbeit anhaften können. 13 Vielmehr scheint die »DIY-Ästhetik des Widerstands« mittlerweile so salonfähig geworden zu sein, dass sie auch in bürgerlichen
     Kulturinstitutionen reüssiert (vgl. Kuni 2005 und Kuni 2008) – und erfolgreich eigene Märkte generiert, auf denen man sogar
     ein
Guerilla Art Kit
mit Anweisungen für die kreative DIY-Revolution erstehen kann (vgl. Smith 2007 sowie insgesamt den boomenden Buchmarkt, etwa
     Berger/Hawthorne 2005, Lupton 2006, Carson 2006, Spencer 2007).
    Verwundern kann dabei weniger die bunte Vielfalt per se als die breite Präsenz, mit der nunmehr auch die analoge Handwerks-
     und Handarbeitskultur im digitalen Medienverbund vertreten ist. 14 Nicht von ungefähr richtete das Magazin
Make
, das nach seiner Gründung 2005 rasch zum Zentralorgan für technophile BastlerInnen geworden war, schon wenig später mit
Craft
eine Schwesterzeitschrift ein, die auf den neuen Boom reagiert: 15 In Zeiten von DIY 2.0 sind Open Source-Programmier, Demo-Enthusiasten, Modder 16 und Hacker nicht länger unter sich, sondern finden sich – in doppeltem Wortsinn – Seite an Seite mit sägenden, schweißenden,
     nähenden und strickenden ZeitgenossInnen wieder.
    |103| Man muss sicher nicht so weit gehen, hierin erste Zeichen eines Überdrusses an der Omnipräsenz digitaler Kultur zu sehen,
     in dessen Zuge haptisch erfahrbare Dinglichkeit sowie das Einzelstück beziehungsweise Original eine neuerliche Aufwertung
     erfahren: Schließlich sollte sich ein solcher Überdruss naturgemäß primär in Aktivitäten außerhalb des Netzes niederschlagen.
     Dort haben jedoch – wie sich mit Blick auf das Feld der DIY-Handarbeits- und Bastelaktivitäten feststellen lässt – gerade
     die um neue Technologien entstandenen Fankulturen zahlreiche Hybridformen von der Wii-Konsole zum handgestrickten iPod-Beanie
     hervorgebracht. 17 Festzustellen ist vielmehr, dass sich im Analogen
wie
im Digitalen ein deutlicher Trend zum Selbermachen und zu Selbstgemachten abzeichnet und dabei Medien- und Materialkulturen
     in vielfacher Hinsicht ineinandergreifen (Kuni 2008; Broeckmann/Jaschko 2001).
    Eine wesentliche Triebkraft dieser Entwicklung lässt sich in dem ausmachen, was allgemein als Web 2.0 gefasst wird: Applikationen,
     die es auch ohne weitergehende Programmier- und Technikkenntnisse ermöglichen, eigene Inhalte auf ansprechende Weise ins Netz
     zu stellen und kontinuierlich selbst zu pflegen, sowie aktiv an Netz-Gemeinschaften teilzunehmen beziehungsweise sich in diesen
     entsprechend zu engagieren (vgl. zum Web 2.0 Berners-Lee/Fischetti 1999 und Alby 2007). Was bereits allgemein für eine alltagskulturelle
     Nutzung von Medien beziehungsweise Anwendungen gilt, die per se nicht zu den primären Arbeitsmitteln zählen, hat umso mehr
     Gewicht, wenn es Handgemachtes im Netz verfügbar zu machen gilt: Mögen die jeweiligen Kapazitäten auch von individuellen Kenntnissen
     und Interessen sowie – potenziell – der Organisation in Netzwerken und anderen Gemeinschaften abhängen, sind einer parallelen
     Ausübung zweier vergleichsweise zeitaufwendiger Tätigkeiten wie dem Handarbeiten und dem

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