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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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kreieren, zu idealisieren und sich einem Bildreferenzpool zu bedienen und
     einzugliedern. Zudem ist der Referenzpool, aus dem sich bedient wird, ebenfalls fiktional: Filme, Musikvideos, Games und Rollenspiele.
     Dieses
reenactment
der Männlichkeiten dient auch dem Sichtbarmachen vermeintlich verloren gegangener Tugenden und der Exklusion des Todes aus
     dem alltäglichen Leben. Die beiden Bildbeispiele zeigen Rob Darken von der Ein-Mann-Band
Graveland
und Varg Vikernes von der Ein-Mann-Band
Burzum
, die sich as Krieger präsentieren (Abbildungen 3 und 4). Es sind zwei Formen von Archetypen zu unterscheiden: die hier thematisierte
     Inszenierung archaischer Männlichkeiten und neo-archaische Männlichkeiten. Archaische Männlichkeiten, auf die hier im Besonderen
     eingegangen wird, beschwören |177| vormoderne Bildwelten eines Kriegers mit starkem Naturbezug und zum Teil übergroßen, altertümlichen Waffen.
    Abbildung 4: Varg Vikernes, alias Count Grishnackh
    (Quelle: http://www.myspace.com/burzum1987, 03.06.2008)
    Ein Teil der Heavy Metal-Ikonografie ist hier zu verorten. Neo-archaische Männlichkeiten finden ihr Repräsentationsfeld im
     Jetzt eines urbanen Kontexts, wie beispielsweise im Hip-Hop. Im Hip-Hop allerdings sind mittlerweile auch Tendenzen zu erkennen,
     die ein apokalyptisches Männer- und Repräsentationsbild verkörpern, bei dem sich nicht mehr den urbanen Gangstermythen, sondern
     ähnlichen Referenzen wie im Black Metal bedient wird (siehe
Horror-
und
Gore-Rap
; beispielsweise von
Necro
7 und
Kampfhund666
8 ). Für diese Kleinstformen einer Musikrichtung ist MySpace ideal.
    |178| Dystopische Bildwelten als subkulturelles Kapital – Das Böse bekommt ein Gesicht
    Die Zerstörung der Welt quasi als absolute Provokation, zur Steigerung der subkulturellen Reputation. Es stellt sich die Frage,
     wie das Böse dargestellt wird und ob die bildliche Repräsentation der angedeuteten Apokalypse standhält. Das Böse hat viele
     Gesichter, derer sich bedient werden kann, um den eigenen Authentizitätswert zu steigern.
    Abbildung 5: CD-Cover der schwedischen nationalistischen Black Metal-Band Sigrblot
    (Quelle:
http://www.myspace.com/affenhasser, 03.06.2008)
    Die Formen der Provokation passen sich den zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten, der medialen Repräsentation des Bösen
     an. Somit ist die perfekte Formel einer universellen Provokationsstrategie die Selbstpräsentation eines Kriegertypus mit antidemokratischem
     und sozial-darwinistischem Weltbild. 9 Es geht nicht um eine Gegenposition im diskursiven Sinne, sondern |179| um die bildliche Heraufbeschwörung eines apokalyptischen Moments über unkontrollierbare, scheinbar virale Phänomene, in denen
     der Tod zu einer absoluten Waffe gegen ein System wird, welches gerade vom Ausschluss des Todes lebt (vgl. Baudrillard 2003:
     21). Ebendies wird von Baudrillard als
Geist des Terrorismus
beschrieben: »Das System nie in Form von Kräftebeziehungen zu attackieren. Das nämlich wäre das (revolutionäre) Imaginäre,
     das einem vom System selbst aufgezwungen wird, welches nur dadurch überlebt, dass jene, die es attackieren, dazu gebracht
     werden, sich auf dem Feld der Realität zu schlagen, das stets das dem System eigene Terrain sein wird. Stattdessen aber den
     Kampf in die symbolische Sphäre zu verlegen, in der die Regel der Herausforderung, des Rückstoßes, der Überbietung gilt.«
     (Baudrilllard 2002: 21) Die symbolische Gewalt zeitgenössischer gesellschaftlicher Angstgegner, wie islamistische Terroristen
     oder amoklaufende Jugendliche, wird popkulturell bricolagiert und in die Ikonographie des Bösen eingegliedert. Als Beispiel
     hierfür dient das Cover Artwork der schwedischen nationalistischen Black Metal Band
Sigrblot
10 (Abbildung 5), welches auch eine Fanseite auf MySpace schmückt. Sigrblot zeigen in dem Design eine altertümlich wirkende
     Visualisierung von 9/11, des zeitgenössischen Symbols der Verwundbarkeit, der modernen westlichen Welt.
    Genderspezifische Machtstrukturen werden erhalten, überzeichnet und radikalisiert. Diese Männerbilder, welche sich der symbolischen
     Gewalt als Stil bedienen, entwerfen kein neues Modell von Männlichkeit, sondern repräsentieren die konsequente Verschärfung
     in einer faschistoiden Rückgewandtheit als ästhetisches Mittel. Das Erreichen einer absoluten Authentizität wird über die
     reale Verwirklichung einer bösen Tat und der Selbstverortung in einer vormodernen Zeit angestrebt. Die

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