Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
Vom Netzwerk:
13
    Die Gefährlichkeit speist sich also weniger über das Verbrechen als isolierte Tat(sache), als über Ikonen bildlicher Gewaltdarstellung.
     Vikernes Wandlung vom einst satanistisch anmutenden, mittelalterlichen Krieger hin zum Neo-Nazi scheint einerseits logisch,
     weil eine Erweiterung und Verschärfung des Provokationswertes betrieben wird und die Strategie des
Ernst machens
nicht über die Symbolik eines Musikgenres sondern über eine politische Ideologie und deren Stilwelt erreicht wird. Andererseits
     wird so diese universelle Provokationsstrategie in politische Bahnen gelenkt und verliert so das apokalyptische Moment, das
     dem Black Metal in musikalischem und visuellem Ausdruck seine Kraft verleiht.
    Formen archaischer Männlichkeit finden auf MySpace einen Raum, in dem szenetypische Darstellungsmuster konserviert werden.
     MySpace ist besonders für die bildliche Huldigung des Starkörpers geeignet, weil es sich um ein Medium handelt, welches sich
     über die Verortung innerhalb eines Genres und einer Subkultur definiert, die dann über Bilder, Clips, Musik und Text dargestellt
     und kommuniziert werden.
    |182| Während Flickr der Veröffentlichung des eigenen fotografischen Werks und der Kommunikation darüber dient und YouTube die Möglichkeit
     bietet, Clips zu präsentieren sowie diese bewerten oder kommentieren zu lassen, lebt die MySpace-Darstellung primär von Profilen.
     Die Kommunikation läuft entlang der Beschaffenheit des Mediums, zwar nicht nur über Einzelbilder oder customized Profile,
     jedoch bietet es die Möglichkeit, verschiedenste Bilddaten zu sammeln und über das Userprofil zu visualisieren. MySpace als
     Repräsentations-Plattform für archaische Männlichkeiten ist aufgrund der Vielfalt der Darstellungsformen ideal und bietet
     Produzenten und Rezipienten Möglichkeiten zur (Bild-)Kommunikation. Im Gegensatz zu klassischen Bandwebsites findet MySpace
     fast ausschließlich auf einer Ebene statt, auf der so ein konzentriertes Bild- und Informationskonglomerat entsteht. Das abseitige
     Potenzial archaischer Männlichkeiten liegt in den Divergenzstrategien, der Optimierung von Provokationsformen und deren Sichtbarmachung.
     Diese Maskerade der Hypermaskulinitäten überzeichnet patriarchale Allmachtsfantasien, allerdings ohne sie zu ironisieren oder
     tradierte Rollenstereotypen zu hinterfragen. Die mögliche Differenz von Theorie und Praxis schlägt sich nicht auf der Ebene
     bildlicher Repräsentation nieder. Das visualisierte Böse findet über archaische Männlichkeiten eine Konservierung in den Archiven
     des Web 2.0.
    Literatur
    Baudrilllard, Jean (2003),
Der Geist des Terrorismus
, Wien.
    — (2006),
Die Intelligenz des Bösen
, Wien.
    Ernst, Wolfgang (2002),
Das Rumoren der Archive
, Berlin.
    Foucault, Michel (1977),
Überwachen und Strafen
, Frankfurt/M.
    Hodkinson, Paul (2004), »The Goth Scene and (Sub)Cultural Substance«, in: Andy Bennett/Keith Kahn-Harris (Hg.),
After Subculture: Critical Studies in Contemporary
Youth Culture
, London, S. 135–147.
    Mühlen Achs, Gitta (1998),
Geschlecht bewusst gemacht
, München.
    Nietzsche, Friedrich (1985),
Götzendämmerung
, Frankfurt/M.
    — (1986),
Der Antichrist
, Frankfurt/M.
    Raabe, Jan/Speit, Andreas (2002), »L árt du mal«, in: Andreas Speit (Hg.),
Ästhetische
Mobilmachung
, Münster.
    Richard, Birgit/Grünwald, Jan/Ruhl, Alexander (2008), »Me, Myself, I: Schönheit des Gewöhnlichen. Eine Studie zu den fluiden
     ikonischen Kommunikationswelten |183| bei flickr.com«, in: Kaspar Maase (Hg.),
Die Schönheiten des Populären. Ästhetische Erfahrung der Gegenwart
, S. 114–132, Frankfurt/M.
    — /Grünwald, Jan (2008), »Charles Manson tanzt auf den Achsen des Bösen im Web 2.0! Zur Re-Dramatisierung des Bösen in der digitalen
     medialen Alltagskultur«, in: Werner Faulstich (Hg.),
Das Böse heute. Formen und Funktionen
, S. 151–169, Paderborn.
    — (2003), »9/11. World Trade Center Image Complex + ›shifting image‹«, in:
Kunstforum International, Das Magische,
Band 164, S. 36–73.
    — (2008), »Epistemologische Medientheorie produziert immer wieder unmittelbare Kurzschlüsse mit der Alltagswirklichkeit unserer
     Medienkultur«, Gespräch mit Wolfgang Ernst in:
Kunstforum International
, Band 189, Denken 3000, S. 147–152.
     
1
http://www.myspace.com/eiworgjviemie, 03.06.2008.
2
http://www.myspace.com/gorgoroth, 03.06.2008.
3
Vgl. Mayhem: Pure Fucking Armageddon, Demokassette 1986.
4
Also der Typus Mann,

Weitere Kostenlose Bücher