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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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irgendetwas Altes zurück, das sich dann
     verfestigt.
     
    BR: An welchem Punkt aber werden denn nun die konventionellen Formen durch die neue mediale Struktur durchbrochen?
     
    DD: Das wäre in der Tat eine Frage an die Forschung zur digitalen Kultur. Im öffentlichen Zusammenhang entwickelt sich dann
     möglicherweise eine Form von Lebendigkeit auf der einen Seite, und auf der anderen Seite ein Narzissmus, bei dem die Lebendigkeit
     keine so entscheidende Rolle spielt, sondern bei dem es eher darum geht, sich statuarisch und unangreifbar zu machen.
     
    BR: Diese Selbstdarstellung sieht man bei den YouTube-Egoclips in ihrer ganzen Bandbreite, natürlich medial überformt. Dennoch
     fassen selbst Wissenschaftler diese Bilder als »aus dem Leben gegriffen« und »authentisch« auf. Dabei wird ignoriert, dass
     gerade hier vorgegebene Formen die Selbstdarstellung dominieren. Dies auch bei MySpace, wo sich ein deutlicher Wandel von
     einer Musik- zu einer Selbstdarstellungsplattform vollzieht.
     
    DD: Alle Aktivitäten, die rund um diese Seite platziert sind, klassifizieren das Leben mit den Handlungsmöglichkeiten nicht
     primär als High oder Low. Das ist eine positive Veränderung, dass die Möglichkeiten und somit die Mittel für alle gleich sind.
     Das finde ich schon bemerkenswert. Weiterhin ist das Neue an MySpace, dass es keine Unterscheidung Mainstream-/Underground-Darstellung |190| mehr gibt. Diese Trennlinie ist getilgt. Alles, was noch zu sehen ist, findet dort statt und es gibt auch niemanden, der sagt,
     bei MySpace machen wir nicht mit. Jede noch so futuristische, extreme, avantgardistische Geschichte läuft dort auch. Was ich
     ja bemerkenswert finde, ist, dass dort die Szene und vollkommen ahnungslose Leute zugleich sind. Und was man in der Szene
     miteinander verhandelt, das bleibt wie immer in der Szene.
    Wenn man von elektronisch oder digital orientierten Räumen spricht, dann suggerieren diese aber auch eine Nachbarschaftsmöglichkeit,
     die es nicht wirklich gibt. Also Dinge, die da täglich nebeneinander leben oder in der Wahrscheinlichkeit nebeneinander liegen,
     sind so nicht tatsächlich nebeneinander. Es führt oft kein Weg von einem zum anderen. Die Welten, die sich in der Wirklichkeit
     nicht begegnen, begegnen sich auch auf YouTube nicht, höchstens kann man sagen, dass den Ethnologen des Alltags die Arbeit
     erleichtert wird. Bildungs- und Klassendifferenzen bleiben natürlich erhalten. Aber ganz so banal ist es natürlich auch nicht.
     
    BR: Es gibt auch die Möglichkeit, dass man durch die Netzstruktur Dinge entdeckt, die man vorher niemals gehört oder gesehen
     hätte, oder?
     
    DD: Das hätte man natürlich auch als blinder Mainstream-Konsument in einem traditionellen Schallplattenladen alter Schule
     machen können – hat es aber nicht getan. In einem realen Schallplattenladen sind aber die ganzen Einschüchterungsstrukturen
     kultureller Machtverhältnisse viel stärker als im Netz. Dahinter, so die Annahme, stehen irgendwelche Leute, die sich offensichtlich
     auskennen, da gehöre ich nicht dazu, also frage ich auch nicht.
    Die Frage ist, wie die Verdichtung zu einem sozialen Phänomen organisiert ist im Netz und damit nach den Effekten, die ich
     im Alltagsleben erzielt habe, als ich mir 1965 lange Haare habe wachsen lassen oder 1976 einen Stachelkopf, und ob das damit
     vergleichbar ist. Es gibt ja nicht sehr viele Dinge, von denen man sagen kann, das hätte es ohne das Internet nicht gegeben.
     Man kann sagen, diese Gruppe ist tatsächlich über MySpace bekannt geworden, aber das ist dann nicht so, dass die irgendwie
     ganz anders klingen.
     
    BR: Man kann also feststellen, dass das Netz im Web 2.0 Modus keine neuen Sounds hervor bringt. Die Veränderungen finden auf
     anderer Ebene statt, in der Archivierung und neuen Sortierung und Verwaltung von Musik und Musikvideos in einer Datenbank.
     Keine Soundguerilla, aber neue Ästhetiken im Kontext von Sound.
     
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High Dynamic Range (HDR)-Fotos zeichnen sich durch ein hohes Kontrastverhältnis aus, das mittels mehrerer Aufnahmen und Software
     hergestellt wird.

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Konsumguerilla in Bild und Medien

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|191| Die Kunst des Medienhandelns: Vom Massenkonsum zum Kulturgut der Massen
    Lev Manovich
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    Die enorme Zunahme nutzergenerierter Inhalte im Internet hat seit dem Jahr 2005 ein neues Medienuniversum entstehen lassen.
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