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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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übersteigen in vielen Geschäftsfeldern die Umsätze mit den vielen vergleichsweise unpopulären Inhalten jene,
     die mit den 40 am besten verkäuflichen Artikeln erzielt werden können (vgl. Michael 2006).
    Die aus diesen Zahlen ablesbare Relevanz von Inhalten einzelner User-Innen auf Web 2.0-Seiten lässt sich anhand weiterer Zahlen
     konkretisieren. Im Mai 2008 liest sich die Liste der weltweit beliebtesten Webseiten wie folgt: YouTube belegt Platz drei,
     MySpace ist auf sechs, gefolgt von Wikipedia auf sieben und Facebook auf der acht. 2 Die Zahl derjenigen, die sich an solchen Netzwerken beteiligen und eigene Inhalte beisteuern, ist somit zweifellos überwältigend. 3 Dies umso mehr, zieht man gezielt eine bestimmte Gruppe als Stichprobe heran: In der Altersgruppe der 20- bis 30-jährigen
     SüdkoreanerInnen, welche ein Viertel der dortigen Bevölkerung stellen, sind 90 Prozent in Cyworld vertreten, 4 einer Plattform, die mit MySpace vergleichbar ist. Diese bereits unglaublichen Zahlen dürften möglicherweise in Zukunft nochmals
     um ein Vielfaches übertroffen werden, wenn die Web 2.0-Plattformen künftig mit einfachen, deutlich weiter verbreiteten und
     auch in ländlichen Gebieten von Schwellenländern zahlreicher vorhandenen Geräten wie etwa Mobiltelefonen zugänglich werden.
    Die eindrucksvollen Zahlen allein sind aber noch nicht besonders aussagekräftig, denn die Frage ist, wie sie sinnvoll zu interpretieren
     sind. Zunächst ist festzuhalten, dass sie keine konkrete Aussage über die tatsächliche Medienrezeption zulassen und darüber,
     wie sich diese etwa im Hinblick auf Nationalität oder Alter gestaltet. So geben diese Zahlen – oder zumindest jene, die offen
     verfügbar sind – keinen Aufschluss darüber, was genau einzelne BesucherInnen auf den Seiten der sozialen Netzwerke wie YouTube
     ansehen. Auch das Verhältnis der Inhalte, die tatsächlich eigens von Nutzenden erstellt wurden, gegenüber solchen, die aus
     kommerziellen oder massenmedialen Angeboten übernommen wurden (wie z. B. Musikvideos oder Trailer für Spiele und Filme), lässt
     sich kaum aus den vorliegenden |194| Zahlen rekonstruieren. 5 Außerdem ist nicht zu ermitteln, welche Informationsangebote insgesamt wahrgenommen werden, wie groß also der Anteil von
     etablierten Nachrichtenagenturen, großen Fernsehanstalten und kommerziellen Kinofilmen ist im Vergleich mit dem des Web 2.0.
    Solche Daten sind schwierig zu erheben, da Informationen auf ganz unterschiedlichen Wegen zu ihren Rezipienten gelangen, sich
     also nicht allein auf traditionelle oder kommerzielle Kanäle wie Zeitungen, Sendeanstalten und Kinos beschränken. Denn die
     prinzipielle Akzeptanz von Angeboten wie Weblogs, RSS-Feeds, Beiträgen in Diskussionsforen, Videoclips und so weiter erlaubt
     noch keinerlei Aussage darüber, welche Informationen letztlich transportiert werden; sie lassen sich nicht aufgrund ihres
     jeweiligen Formats zuordnen. Aber selbst wenn es präzise Zahlen gäbe, wäre damit keinesfalls klar, welche Rolle kommerzielle
     Informationsquellen oder eben nutzergenerierte Inhalte bei der Sicht auf die Welt und auf die eigene Situation einnehmen.
     Zu fragen wäre folglich, wie das Verhältnis der über Massenmedien verbreiteten Deutungen einzuschätzen ist, und zwar in Korrespondenz
     mit alternativen Entwürfen, die an anderer Stelle angeboten werden. Wäre also das Verständnis der Welt automatisch und zwangsläufig
     ein grundlegend anderes, wenn eine Person alle relevanten Informationen über Weblogs und so weiter bezöge? Und lässt sich
     umgekehrt einer Person, die ausschließlich etablierte Zeitungen liest, ein elementar anderes, deutlich unterscheidbares Weltbild
     unterstellen?
    Die Kunst des Medienhandelns: Taktiken als Strategien
    Aus mehreren Gründen sind sich im Hinblick auf das Web 2.0 so unterschiedliche Gruppen wie Medienkonzerne, Hersteller elektronischer
     Geräte, aber auch der Tenor des akademischen Diskurses weitgehend einig in der positiven Bewertung nutzergenerierter Inhalte.
    Die akademische Sichtweise fokussiert dabei besonders jugendkulturelle Phänomene, aktivistische oder politische Äußerungen.
     Deren Wichtigkeit soll nicht in Zweifel gezogen werden, sie repräsentieren jedoch kaum |195| die typische Mediennutzung der weit überwiegenden Mehrheit. Eine derart praktizierte Lobrede auf das Web 2.0 impliziert eine
     gewisse Gleichsetzung von nutzergenerierten Inhalten mit »alternativ« oder »progressiv«,

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