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Kontrollverlust - Kontrollverlust

Kontrollverlust - Kontrollverlust

Titel: Kontrollverlust - Kontrollverlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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sofort eingegraben.
    Die mit einer Lkw-Plane abgedeckte Ladung auf der Pritsche des Defenders versperrte ihm die Sicht durch das Heckfenster des Fahrerhauses, und als Wedel noch näher dran war, registrierte er, dass Brecker den Außenspiegel verdreht hatte, um unsichtbar zu bleiben. Zwanzig Meter. Wedel ließ den Rocco sanft ausrollen, startete sein Hup- und Lichtkonzert und hielt zehn Meter hinter dem britischen Autofossil an. Er klaubte seine vollverspiegelte Aviator-Sonnenbrille aus dem Handschuhfach und setzte sie auf. Wenn tatsächlich Brecker vorne am Lenkrad saß, musste der ihn ja nicht auf den ersten Blick erkennen. Und lass ihn bitte nicht den Rocco erkennen. Dieser Brecker hatte eine Statur wie eine altdeutsche Schrankwand und galt als jähzornig. Wedel war selbst nicht gerade schwach auf der Brust, aber man musste es ja nicht drauf anlegen.
    Mit der Hand schon am Türöffner, sah er, wie der Defender links eine mächtige Rußwolke aus dem Endrohr hustete. Die Ladung bebte, als wollte die Pritsche sie abwerfen wie ein wilder Hengst einen Rodeoreiter. Dann ging alles furchtbar schnell, die Rückleuchten blitzten auf, und die ganze Metallmasse kam in Bewegung. Der Hund setzte zurück!
    Jetzt war Schadensbegrenzung angesagt. Wedel warf das Herz seines Roccos wieder an, packte den vergoldeten Empi-Schaltknauf wie der Jetpilot den Schubhebel, schob über die knackenden, verchromten Schaltgestänge den Rückwärtsgang ein, drehte auf sechstausend hoch und ließ die Kupplung kommen. Als sich zwischen den durchdrehenden Dunlops und dem spröden Asphalt so etwas wie Grip gebildet hatte, und die Raubkatze vehement zum Rückzug ansetzte, betrug der Abstand zwischen der Anhängerkupplung des Landrovers und der hochglanzpolierten Motorhaube des Scirocco noch knapp zweieinhalb Meter.

     

     

     

     

21

    Was für ein Albtraum. Er sollte nicht bis tief in die Nacht über seinem Manuskript brüten. Na ja – er sollte wenigstens nicht danach noch zur Entspannung drei weitere Pfungstädter Märzen wegzischen und bis zum Morgengrauen Technik-Dokus auf N24 schauen.
    Auf N24 war immer Verlass. Ein Männersender, Testosteron-TV am laufenden Meter. Der Sender bediente mit Hingabe das leidenschaftliche Verlangen von Männern nach potenten Maschinen. Berichte über gigantische Tunnelbohrmaschinen unter dem Gotthardmassiv, japanische Kamikaze-Piloten im Zweiten Weltkrieg oder den Transfer eines riesigen Braunkohlebaggers aus dem Tagebau. Und wenn man den 20:00-Uhr-Beitrag über die Entwicklung der Neutronenbombe verpasst hatte, konnte man ihn mit Sicherheit nachts um 1:00 Uhr nachholen.
    Das Sympathische an N24-Dokumentationen war die Redundanz der gesprochenen Kommentare, sie waren perfekt auf das beschränkte Aufnahmevermögen des männlichen Großhirns nach Feierabend abgestimmt. Alle paar Minuten wiederholte der Sprecher das zuvor Gesagte noch einmal in einfachen Subjekt-Prädikat-Objekt-Sätzen. So konnte man mit einigen Litern Pfungstädter in der Leber ruhig mal einen Moment wegdämmern, ohne gleich den Anschluss zu verlieren. Die Jungs und Mädels von N24 wussten, was sie ihrer Klientel zumuten konnten.
    Höhepunkt der langen Fernsehnacht war ein Beitrag über eine aktuelle Militärversion der Gatling Gun; der Pressesprecher der US-Waffenschmiede Dillon Aero, Inc. berichtete mit unverhohlener Begeisterung über die Entwicklung einer besonders leichten und mobilen Version der Mutter aller Schusswaffen. Zu Vorführzwecken hatten die Entwickler einen Prototypen der Waffe an die offene Seitenluke eines UH-1 Iroquois-Helikopters der Air Force montiert, und flogen in der Abenddämmerung eine Teststrecke über der Wüste von Arizona ab, die mit Dutzenden aufgetankten Schrottautos präpariert war. Wie die kleine Gatling mit ihrem vergleichsweise bescheidenen NATO-Kaliber von 7,62 × 51 Millimeter diese Wracks innerhalb von Sekunden zerlegte und in stimmungsvollen Feuerbällen untergehen ließ, war so atemberaubend, dass Rünz für Minuten vergaß, die Flasche anzusetzen.
    Der Kommissar beneidete die Amerikaner um ihr unverkrampftes Verhältnis zu Waffen. In Deutschland musste man sich ja immer gleich entschuldigen, wenn man jemandem von seinem Hobby erzählte. Beteuern, dass es einem natürlich nur um die sportlichen Aspekte ging, und nicht um das destruktive Potenzial. Das war natürlich Humbug, Rünz hätte jederzeit einen Abend auf dem Schießstand gegen eine zünftige Schießerei im Einsatz eingetauscht, aber der

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