Kopernikus 1
untersuchen?“ Er drehte sich um, damit er sie direkt ansehen konnte. „Da war e t was im Langstreckenschirm. Ich verliere noch nicht den Verstand …“ Als wäre er sich seiner selbst nicht absolut sicher.
Sie zuckte die Achseln. „Wenn wir schon mal hier sind, warum nicht?“ Das kilometerlange Stück Gestein unter ihnen umkreiste ein gemeinsames Gravitationsze n trum, zusammen mit einem größeren Gefährten, den sie sehen konnte, ein unechter Stern über der öden, toten Masse, die sie gerade näher untersucht hatten.
Erneut wechselte sie den Kurs und fühlte die diffizile Meisterschaft ihrer Fingerfertigkeit, die sie in den ve r gangenen Megasekunden wiedergewonnen und ausg e baut hatte. Das war etwas, das ihr gesamtes Können in Anspruch nahm, sie forderte und anspornte … Aber bald würde alles vorüber sein. Sie bereute die Entscheidung nicht, die sie getroffen hatten, alles auf diese lange Reise zu setzen, doch es tat ihr leid, daß ihnen nichts Gutes daraus erwachsen war – die Zufriedenheit jenes Moments würde sie nur um so hungriger zurücklassen, wenn ihre letzte Chance sowie dieses Schiff vertan waren.
Sie näherten sich dem zweiten Planetoiden. Chaim nahm die Ergebnisse des Erkundungsschirms nur obe r flächlich wahr, die unter dem nackten Gestein, das im Sichtschirm auftauchte, zu sehen waren. Ein Zwillingss y stem … es war hoffnungslos, die Fabrik war nicht B e standteil eines Zwillingssystems gewesen. Ihre Lan g streckenin strumente mußten einfach zwangsläufig sche i tern. Mürrisch sah sie über seine Schulter, als die Schrif t zeichen erschienen, Reihe um Reihe, die sie gelernt hatte zu lesen, reich an Eisen- und Nickelerzen. Für Kohle n wasserstoffe und Metallvorkommen erwartete sie eine Anzeige von Null und sah hinaus auf die Einöde unter ihnen, bevor sie die tatsächlichen Ausdrucke sah … Sie blinzelte und blickte ein zweites Mal hin. „Chaim.“ Sie griff nach ihm, ihre Hand strich gedankenlos über seinen Arm.
Er sah auf. „O Gott“, stieß er hervor. „O Gott …“ Sein Arm erstarrte und zitterte. Eine kühle, farblose Dämm e rung brach über die Oberfläche herein, das Licht wurde von den ungleichmäßigen Oberflächen von Türmen und Kuppeln reflektiert. Sie wandte ihre Augen von diesem Anblick ab. Die Ausdrucke wurden weiter ausgespuckt, und sie präsentierten nicht länger Nullwerte …
„Fünfundneunzig“, murmelte Chaim. „Schau dir das an. Sieh doch! Wir haben’s gefunden! Wir haben’s g e funden! Großer Gott, wir sind reich!“ Er griff nach ihrer Hand und zog sie an sich, gemeinsam wirbelten sie durch die Luft, bis sie an der Decke des Kontrollraums ansti e ßen. „Er hatte recht, mein alter Herr hatte recht, Gott s e gne ihn … letztlich hat er doch noch etwas für mich g e tan!“
Durch seine Rufe hörte sie ihr eigenes Lachen, das durch das Schiff hallte – ihr eigenes Lachen, so fremda r tig wie eine Stimme aus den Tiefen des Weltraums. Chaims Arme schlossen sich um sie, plötzlich fühlte sie sich schwer wie Stein und doch auch wieder leicht wie eine Seifenblase. Sie zog sein Gesicht an das ihre und küßte ihn.
Als sie ihn wieder losließ, starrte er sie sprachlos an. Er küßte sie wieder, mit geschlossenen Augen, seine A r me klammerten sich um sie, mit unvermittelter Heftigkeit preßte er sie an sich.
Sie riß sich los und taumelte zurück zum Instrume n tenpult. „Ich – ich bring’ uns runter.“ Sie fühlte, wie ihr Blut in die fernsten Enden ihres Körpers wich und z u rückflutete, durch jede Arterie, Kapillare, Vene ihres Körpers pulste, durchdrungen von einem Gefühl, heftig und tief wie ein Schrecken, doch das war es sicher nicht. Ihre Hände zitterten über den Instrumenten.
Chaim nickte hinter ihrem Rücken und räusperte sich. „Klar … Mal sehen, was wir entdeckt haben.“ Er nahm am Instrumentenpult neben ihr Platz, seine Stimme war heiser. „Sieh dir das an. Es ist überhaupt kein Anzeichen von Strahlung festzustellen. Alles muß noch in einwan d freiem Zustand sein!“ Er grinste, als er endlich langsam wieder zu sich kam.
Sie nickte und fühlte, wie ihre eigene Freude erneut die Form wechselte, als sie die Zeichen neben ihm las. Sie sah, wie die Symbole unerwartet flackerten, bedingt durch die gelegentliche Energiefluktuation, die sie seit dem Start begleitete. Es erschien ihr wie eine Ironie, daß nach einer Gigasekunde diese Fabrik noch in einem be s seren Zustand war als ihre eigene Ausrüstung. Wieder glitt
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