Kopernikus 1
auch mit der Lage fertig werden konnte, wenn es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung kam, würde der andere Roboter doch gewarnt sein, und dann konnte die Sache für sie vielleicht sehr ungemütlich werden. Er konnte beispielsweise die Lichter ausschalten.
Die Leuchtröhren erstarben, und Dunkelheit senkte sich herab; Leo stieß ein klagendes Heulen der Enttäuschung hervor. Der ziemlich verärgerte Peyton zog seine Taschenlampe und schaltete sie ein.
„Es macht für mich wirklich keinen Unterschied“, sagte er. „Du kannst sie genausogut wieder einschalten.“
Der Ingenieur erwiderte nichts darauf, doch gingen die Leuchtröhren tatsächlich wieder an.
Wie in aller Welt, dachte Peyton, bekämpfte ich einen Feind, der meine Gedanken lesen kann und selbst imstande ist, mir beim Aufbau der Verteidigung zuzuschauen? Er mußte es vermeiden, an irgendeine Idee zu denken, die sich zu seinem Nachteil auswirken mochte, etwa wie – er unterbrach sich gerade noch rechtzeitig. Einen Augenblick lang blockierte er seine Gedanken durch den Versuch, Armstrongs Omegafunktionen im Kopf zu integrieren. Dann erlangte er wieder die Herrschaft über seinen Verstand.
„Hören Sie“, sagte er schließlich. „Ich schlage Ihnen ein Tauschgeschäft vor.“
„Was ist das? Ich kenne das Wort nicht.“
„Macht nichts“, erwiderte Peyton eilig. „Machen wir folgendes: Erlauben Sie mir, die Menschen aufzuwecken, die hier gefangen sind, zeigen Sie mir die fundamentalen Schaltkreise, und ich verschwinde von hier, ohne etwas anzurühren. Sie haben damit den Befehlen Ihrer Erbauer gehorcht, und es ist nichts Nachteiliges geschehen.“
Ein Mensch hätte über die Sache vielleicht zu diskutieren versucht, nicht jedoch der Roboter. Er benötigte vielleicht ein Tausendstel einer Sekunde, um alle Möglichkeiten, wie kompliziert sie auch sein mochten, abzuwägen.
„Na gut. Mein Denken verrät mir, daß Sie die Vereinbarung einzuhalten gedenken. Aber was hat das Wort, ‚Erpressung’ zu bedeuten?“
Peyton wurde rot.
„Nichts“, erwiderte er hastig. „Es handelt sich bloß um einen allgemein gebräuchlichen menschlichen Ausdruck. Ich nehme an, Ihr … äh … Kollege wird bald hier sein?“
„Er wartet schon seit einiger Zeit draußen“, erwiderte der Roboter.
„Passen Sie auf Ihren Hund auf?“
Peyton lachte. Es war zuviel verlangt, von einem Roboter zu erwarten, daß er sich in Zoologie auskannte.
„Meinetwegen Löwe“, sagte der Roboter, der sich korrigierte, als er seine Gedanken las.
Peyton richtete ein paar Worte an Leo und fuhr, um ganz sicherzugehen, mit der Hand durch die Löwenmähne. Bevor er ein „Herein“ mit den Lippen formen konnte, rollte der zweite Roboter lautlos in den Raum. Leo brüllte und versuchte sich loszureißen, aber Peyton beruhigte ihn.
Ingenieur Nr. 2 war in jeder Hinsicht das Ebenbild seines Kollegen. Schon beim Näherkommen tauchte er in der störenden Art, an die sich Peyton nicht gewöhnen konnte, in seine Gedanken ein.
„Ich erkenne, daß Sie zu den Träumern möchten“, sagte er. „Folgen Sie mir.“
Peyton hatte es satt, immer herumkommandiert zu werden. Warum sagten die Roboter nie „bitte“?
„Folgen Sie mir, bitte“, wiederholte die Maschine mit kaum merklicher Betonung.
Peyton folgte ihr.
Neuerlich befand er sich in jenem Gang mit den Hunderten von mohnverzierten Türen – oder zumindest einem ähnlichen Gang. Der Roboter führte ihn zu einer Tür, die von den übrigen nicht zu unterscheiden war, und hielt vor ihr an.
Lautlos glitt die Metallplatte zur Seite, und Peyton betrat das verdunkelte Zimmer ohne Gewissensbisse.
Auf der Couch lag ein sehr alter Mann. Auf den ersten Blick schien er tot zu sein. Sein Atmen hatte sich so verlangsamt, daß es fast aufgehört hatte. Peyton starrte ihn einen Augenblick lang an. Dann wandte er sich an den Roboter.
„Wecken Sie ihn auf.“
Irgendwo in den Eingeweiden der Stadt hörte der Strom der Impulse durch den Gedankenprojektor auf. Eine Welt, die es nie gegeben hatte, fiel in Ruinen zusammen.
Von der Couch blickten zwei glühende Augen zu Peyton auf, erhellt vom Feuer des Wahnsinns. Sie sahen durch ihn hindurch, und von dünnen Lippen ergoß sich ein Strom abgerissener Worte. Immer wieder stieß der Alte Namen hervor, welche die von Leuten oder Orten in der Traumwelt sein mußten, der er entrissen worden war. Es war entsetzlich und pathetisch zugleich.
„Aufhören!“ schrie Peyton. „Sie sind in die Wirklichkeit
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