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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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für seinen eigenen Verfall.
     
    Er fand eine Katze in der Überlaufröhre unter der Kläranlage in Bedford. Es war inzwischen dunkel geworden, und wie immer war die Röhre erfüllt von dem bebenden Getöse der Schwertransporter auf der Straße bei der Kläranlage. Es war eine große Röhre – eher ein Tunnel –, aber er mußte sich doch bücken, als er hindurchging, und als er die Abflußöffnung erreichte, streifte seine Hand etwas Pelziges. Unwillkürlich stieß er mit dem bloßen Fuß zu und beförderte etwas Lebendiges in das diffuse Licht des vorbeirollenden Verkehrs. Das Tier blieb schlaff liegen, wo er es hingestoßen hatte, als sei es betäubt, aber als er es sanft mit dem Zeh berührte, zuckte es und scharrte einen Augenblick lang sinnlos gegen den Beton. Dann lag es wieder still.
    Er zog die Sandalen aus der Tasche und warf sie auf den Boden. Dann streifte er sie schüttelnd an die Füße, ohne sich zu bücken. Noch einmal berührte er die Katze mit der Spitze seiner Sandale, aber diesmal bewegte sie sich kaum. Zögernd kniete er nieder und nahm sie sanft auf den Arm. Ihre Augen waren bis auf einen Spalt geschlossen – ein kleines, rundes Tier mit zerschlissenen Ohren. Sie sah verdreht aus, beinahe knochenlos. Er dachte, daß sie wohl sterben würde.
    Es fiel ihm schwer, mit vollen Händen wieder aufzustehen, und beinahe hätte er die Katze wieder hingelegt und liegengelassen. Aber dann empfand er Scham bei dem Gedanken, sie dort sterben zu lassen. Er hielt sie in einem Arm, stützte sich mit dem anderen gegen die feuchte Wand der Röhre und kam taumelnd auf die Beine. Er konnte sie ja zu den Wachposten bei Diversified bringen und in deren Obhut lassen.
    Er kroch durch die Röhre zurück und ging am Ufer der Kläranlage entlang, auf der Suche nach einem Loch im Zaun von Diversified. Das Ufer lag im Schatten, mir trübe erleuchtet von den Lichtern der Kläranlage, die von den höher liegenden Straßen reflektiert wurden. Die Abendluft war noch immer klar genug, so daß er die Zackenreihe oben auf dem zehn Meter hohen Zaun erkennen konnte.
    Plötzlich stand er vor der unförmigen Masse eines Schwertransporters, der von der Straße abgekommen war und versucht hatte, den Zaun zu überqueren. Die vordere Einheit hing über dem durchhängenden Drahtgitter, mit der Nase nach oben wie ein startendes Flugzeug. Die hintere Einheit balancierte buchstäblich senkrecht mit der Nase im Graben, und als er näher kam, sah er, daß das Ende auf der Straße glatt hochgehoben worden war; nur noch ein paar Drähte hingen an einem Oberleitungsmast. Ein Teil des verdrehten Zaunes hatte sich aus seiner Verankerung gehoben; er stieg darunter hindurch und um den mächtigen Schatten des schwebenden Fahrzeugs herum auf das Grundstück.
    Er hatte unterwegs einen Versorgungstunnel gesehen, der ihn zu dem Wachtposten bringen müßte, deshalb ging er das Stück zurück und dort hindurch, im Licht einer Straßenreinigungsmaschine, die hinter ihm herratterte, zu langsam allerdings, um ihm gefährlich sein zu können. Die Maschine bog in einen Seitentunnel ein, gerade als er auf ein freies Gelände hinaustrat, und ganz plötzlich umgab ihn tiefe Stille, während er durch den riesigen Canon blickte, über nackte Erde, umgeben von hohen, kahlen Wänden.
    Damit hatte er nicht gerechnet. Vor ihm zog der Canon sich so weit hin, daß er die hintere Wand nicht sehen konnte; und er war mehrere hundert Meter breit – fast so breit, wie seine Wände hoch waren. Er erkannte, daß die ungeheure Arbeitsmaschine, die in der nächstgelegenen Ecke parkte, eine Wiederaufbereitungseinheit war: Er war auf eine Blockreinigung gestoßen, in den wenigen Stunden zwischen Materialauflösung und Neuformung. Hinter ihm in der Tunnelmündung waren Lichter zu sehen, und eine regenfeuchte Fahrstraße zog sich über die offene Fläche hin zu einem verschwommenen Lichtschein; das mußte die Fortsetzung des Tunnels sein. Davon abgesehen war die gewaltige Ebene mit Schlamm und Steinen bedeckt; er stellte sich vor, wie sie an den glatten Wänden emporleckten.
    Die Erde war natürlich nur aufgeschüttet. Aus dem Boden zu seinen Füßen ragte ein Pfeiler aus halbgeschmolzenem Kunststoff; es mußte sich um einen Ladepunkt handeln, der auf der Plattform eines unterirdischen Schutzraumes ruhte. Der Tiefbunker würde sich unter der Erde hinziehen wie oben die Blocks. Dennoch, die Erde war echt. Er ging ein Stück die Straße entlang in die Dunkelheit und blieb dann stehen

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