Kopernikus 7
dumpfe Geräusche vernommen zu haben, als würde schwer auf einen menschlichen Körper eingeschlagen.
Braun hatte das Tonband wieder ausgeschaltet. Dann, als er sich entschlossen hatte, einem Funkstreifenwagen Bescheid zu geben, war ihm eingefallen, daß dies nicht die erste seltsame Nachricht war, die Nachbarschaft der Franziusstraße betreffend. Er überlegte, ob er Sperrle, den Kommissar, wecken lassen sollte. Er fühlte sich jetzt selbst ein wenig in Panik, da er nicht genau wußte, wie er sich verhalten sollte. Dann beschloß er, die Erhebungen der Besatzung des Funkstreifenwagens abzuwarten.
Es hatte in dieser Nacht von Donnerstag auf Freitag unaufhörlich geregnet. Die Parkallee war schwarz und glitschig. Durch die kahlen Bäume konnte man die Ampeln bei ihrer öden Routine sehen, die wenigstens etwas Licht in das Parkviertel brachte. Der Streifenwagen A 12 war, von der Universität kommend, indem er einige Nachtschwärmer, die aus der Waldbühne kamen, passierte, nachdem er gewendet hatte, in die Franziusstraße eingebogen.
Die Häuser, die alle drei, vier Etagen nach oben gingen, lagen dunkel. Die Büsche vor den Häusern waren schwarze, durch den nahen Winter reduzierte Schatten. Die Laterne des Hauses mit der Nummer 113 brannte, als der Streifenwagen langsam die Straße hinabfuhr. In der Tür stand ein Schatten. Der Polizeiwagen fuhr langsam vor und bremste.
Die beiden Beamten, Kahl und Strobel, waren ausgestiegen. Es war die Frau von Nummer 113, die angerufen hatte. Sie stand zitternd unter der Tür. Ihre Augen waren geweitet, als hätte sie das Verbrechen höchstpersönlich gesehen. Sie hatte sich einen Bademantel umgeschlagen, und während sie, da sich die beiden Beamten noch näherten, schon auf das Nachbargrundstück, 112, zeigte, schien es, als würden ihre Hände wie schwarze, blau geäderte Vögel flattern.
Frau Ademar wiederholte, was die beiden Beamten bereits über Funk gehört hatten. Neu war, daß sich seltsame Dinge im Keller des Nachbarhauses schon seit Jahren zugetragen haben sollten. Da hätte es merkwürdige Lieferwagen gegeben, die technische Apparate brachten. Da wären Handwerker angefahren, die den Keller ausgemauert hätten. Die Stromrechnung, wie die Stadtwerke bestätigen könnten, wäre ins Unermeßliche gestiegen.
Die Frau Ademar hatte den beiden Beamten, während sie – jetzt einigermaßen beruhigt – unter der Tür stehenblieb, den Kellereingang des Hauses 112, in dem ein Dr. Broadnar alleine wohnte, gewiesen. Tatsächlich fand Strobel, der zuerst die Betonrampe hinuntergegangen war, daß die Türe nur angelehnt war. Es war eine Holztür mit schweren, eisernen Beschlägen, über die jetzt der Regen in dünnen Rinnsalen hinablief.
Der Keller, in den die beiden Beamten, die Taschenlampen in ihren Händen, eintraten, roch kalt und muffig. Und doch waren sie froh, daß sie dem steten Regen einen Augenblick entronnen waren. Sie waren in eine Waschküche eingetreten, in der man eine große, aus Beton bestehende Badewanne sehen konnte, in der unordentlich verstreut Kartoffeln lagen. Über den Boden des Kellers rollten sich Schläuche. Aus einem Hahn über einem Becken tropfte gleichmäßig Wasser.
Kahl bückte sich nieder, dem Strahl seiner Taschenlampe folgend.
„Was ist denn?“ fragte Strobel.
„Siehst du nicht?“ hatte Kahl geantwortet, und tatsächlich, jetzt konnte es auch Strobel sehen. Auf dem Betonboden waren frische, dunkle, noch ein wenig rote Flecke zu erkennen. Ohne daß sie sprachen, dachten sie das gleiche. Jetzt hatten sie ihre Dienstwaffen entsichert und gingen vorsichtig zur
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