Kopf Geld Jagd: Wie ich in Venezuela niedergeschossen wurde, während ich versuchte, Borussia Dortmund zu retten. (German Edition)
Behörden hätten mich schon wenige Wochen nach meinem Ausscheiden weltweit gesucht.
Ich war von Gier und Ehrgeiz zerfressen – genau wie viele Tausend andere Profis von der Wall Street, die ihren moralischen Kompass verloren hatten, Millionen von verschuldeten Verbrauchern und andere Schuldenjunkies, Minister, die die Wirtschaftsdaten manipulierten, und Regierungen, die die Menschen über ihre Schulden und Haushaltsdefizite belügen. Im Jahr 2007 war ich immer noch athletisch und schlank, aber eine Frau, mit der ich mich seit Jahren jeden Sommer traf, sagte mir, ich sei in einem einzigen Jahr um Jahrzehnte gealtert. Meine Sicherungen brannten schnell durch und ich war äußerst reizbar. Ich hatte die Leichtigkeit des Seins, meine schnodderige, pietätlose Art und meinen Sinn für Ironie verloren. Ich erinnere mich, dass ich bei einer Gelegenheit wie ein alternder Dorian Gray vor dem monumentalen Spiegel in der palastartigen Eingangshalle unserer Villa stand und versuchte, mein Spiegelbild anzulächeln. Ich war physisch nicht in der Lage zu lächeln. Alles, was bei dem Versuch herauskam, war die Grimasse eines Mannes, der sich und seine Zwangslage zu ernst nahm. Ich war hässlich und hatte die Fähigkeit verloren, von Herzen zu lachen. Ich war einmal unterhaltsam. Nun war ich zumeist ein selbstbezogener, primitiver Idiot, der mit Frauen herumschäkerte und älter aussah und sich älter fühlte als Kronos. Wo war der Junge, der einst im Wald die Rehe fütterte?
Das Leben ist jedoch voller Widersprüche. Einerseits sah ich aus ein Idiot, fühlte mich so und verhielt mich auch so. Einige der Dinge, die ich tat, waren unethisch und problematisch. Auf der anderen Seite war ich nie großzügiger und erfolgreicher als bei der Beschaffung von Geldern für wohltätige Projekte und der Gewinnung potenzieller Spender und Investoren für Liberia. Ich unternahm mit den Kindern einen viertägigen, verlängerten Wochenendtörn auf meiner Jacht und einen ganz besonderen Ausflug mit dem Hubschrauber, schaltete meine Mobiltelefone aus und versuchte mit allen Mitteln, ein hingebungsvoller und liebenswerter Vater zu sein. Das hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht. Ich spürte, wie meine Hülle Risse bekam und ich langsam zerfiel. Vielleicht erwachte in dem Moment mein Bewusstsein. Ich wollte, dass meine Kinder wussten, dass ich sie liebte und sie mir wichtig waren. Ich war Doktor Jekyll und Mister Hyde.
Ich bin schon immer rastlos, manisch und obsessiv gewesen. Mit 17 Jahren verschrieb ich mich völlig dem materiellen Erfolg. Ich leide an AKD (Akutes Klugheitsdefizienz) und vielleicht sogar an FDS (Fatales Dummheitssyndrom). Nicht ist so erfolgreich wie der Exzess, aber nichts ist gleichzeitig auch so zerstörerisch. In den Jahren 2006/07 befand ich mich bestenfalls am Rande der geistigen Gesundheit. Die schwere Schussverletzung, die ich in Caracas erlitt, hätte die Nebel in meinem Hirn lichten sollen. Das geschah aber nicht.
In dem Maße, wie meine Beziehung mit Susan immer weiter in die Brüche ging, wurde meine Gier immer größer. Susan war stets mein externer Selbstbeschränkungsmechanismus gewesen. Ich scheine zu Selbstbeschränkung überhaupt nicht in der Lage zu sein. Aber ich lerne dazu. Anfang 2006 redete sie mir den Kauf eines Anwesens mit 2.300 Quadratmeter Wohnfläche und 24 Hektar Land, eigenen Bergen, Teichen und einer atemberaubenden Aussicht über die Bucht von Palma für 20 Millionen Dollar aus. Bei anderer Gelegenheit bot ich ihr an, ihr zum Geburtstag jede Villa oder Jacht irgendwo auf diesem Planeten zu schenken, die sie sich wünschte, und hatte zu diesem Zweck alle möglichen Broschüren und Prospekte mitgebracht, die sie sich ansehen sollte. Sie wischte sie einfach beiseite und bat mich um ein schönes Abendessen ohne Mobiltelefon sowie meine ungeteilte Aufmerksamkeit für drei Stunden. Susan verwandelte sich nie in eine Charity-Tussi der High Society und behielt immer ihre Klasse. Zwar genoss sie den VIP-Glamour und die Promiszene, aber sie machte sich nie zur Sklavin von Reichtum und Macht. Sie liebte die schönen Künste und genoss Luxus, blieb sich und ihren Prioritäten aber immer treu: Familie, Kinder und Haustiere. Ohne sie war mein moralischer Anker zu klein und zu leicht, um den Verführungen schneller Spielzeuge, angesagter Klubs und noch schnellerer Frauen zu widerstehen. Sie hatte mit angesehen, wie mein Stil im Verlauf der Jahre verkam, und konnte nichts dagegen tun. Ich war
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