Kopf in der Schlinge
bekam. »Tatsächlich? Mit wem denn?«
»Mit dem Leichenbeschauer und ein paar Polizisten. Einem Fahnder aus dem Morddezernat namens Jonah Robb«, sagte er. Er stützte einen Ellbogen auf und trommelte mit dem Zeigefinger auf den Tisch, während er in den Raum hinausstarrte.
»Aha. Die Geschichten überprüfen, die über mich im Umlauf sind.«
Sein Blick kehrte zu mir zurück. »Genau. Ich kann es Ihnen ja sagen: Aus der Sicht des Sheriffbüros sind Sie in Ordnung, aber ich habe Gerüchte gehört, die mir nicht gefallen, und das beunruhigt mich.«
»Ich fühle mich auch nicht gerade besonders wohl, aber ich wüßte nicht, wie sich das vermeiden ließe. Wenn man auf Gerüchte reagiert, wirkt man erst recht schuldig und defensiv. Das weiß ich, weil ich es versucht habe und nicht weit damit gekommen bin.«
Er rutschte nervös hin und her. Dann drehte er sich so, daß er mich direkt ansah, während seine Hände gefaltet vor ihm lagen. Seine Stimme wurde eine Stufe leiser. »Passen Sie auf, ich weiß über Ihre Vermutungen Bescheid. Sagen Sie mir doch einfach, was Sie in der Hand haben, dann tue ich mein möglichstes, um Ihnen zu helfen.«
Ich sagte: »Toll« und fragte mich, warum ich nicht überzeugter und begeisterter klang. Ich dachte kurz nach und merkte, wie mich ein unbehagliches Schaudern überlief. »Wissen Sie, was mir im Moment Kopfzerbrechen macht? Ein Zivilfahnder — oder jemand, der sich als solcher ausgegeben hat ist mit einem Haftbefehl für Toth in einem Billighotel in Santa Teresa aufgetaucht. Das Sheriffbüro von Santa Teresa hat nirgends in seinen Unterlagen einen ausstehenden Haftbefehl vermerkt, also war der Wisch vermutlich Schwindel. Ich habe allerdings keine Möglichkeit, das zu überprüfen, weil ich keinen Zugang zum Computer habe.«
»Das kann ich übernehmen«, sagte er sofort. »Was noch?«
Ich merkte, daß ich meine Worte mit Bedacht wählte. »Ich glaube, daß der Mann selbst auch ein Schwindler war. Er könnte zwar Polizist gewesen sein, aber ich glaube, er hat sich nur als einer ausgegeben.«
»Was hat er für einen Namen genannt?«
»Das habe ich auch gefragt, aber der Angestellte, mit dem ich gesprochen habe, war an dem Tag nicht an der Rezeption, und er behauptet, sein Kollege hätte sich keinen Namen nennen lassen.«
»Sie glauben, es war jemand aus unserem Revier«, sagte er. Es klang wie eine Feststellung, keine Frage.
»Möglich.«
»Ausgehend wovon?«
»Tja, wirkt die zeitliche Übereinstimmung nicht ein bißchen zufällig?«
»Inwiefern?«
»Tom wollte im Zusammenhang mit Pinkie Ritters Tod mit Toth sprechen. Der andere Kerl ist ihm zuvorgekommen, und das war das Ende des armen Alfie. Tom war ab Mitte Januar, als Toth’ Leiche gefunden wurde, mit den Nerven am Ende, stimmt’s?«
»Das behauptet Selma.« Rafer gab sich nun reserviert, und er begann wieder, auf den Tisch zu klopfen, wo er mit der Spitze seines Zeigefingers eine rasche Folge von Schlägen trommelte. Vielleicht sandte er mir eine Morsebotschaft.
»Wäre denn nicht denkbar, daß es das war, worüber Tom nachgegrübelt hat? Ich meine, was sollte es sonst gewesen sein?«
»Tom war fünfunddreißig Jahre lang Vollblut-Polizist. Er hat die Ermittlungen in einer Mordsache geleitet, die, wie ich sagen würde, sein Interesse geweckt, ihn aber keinesfalls dazu getrieben hat, nachts wach zu liegen und an den Nägeln zu kauen. Natürlich dachte er über seine Arbeit nach, aber sie hat seinen Herzinfarkt nicht verursacht. Die Vorstellung ist absurd.«
»Wenn er unter massivem Streß stand, könnte das dann nicht dazu beigetragen haben?«
»Warum sollte Toth’ Ableben Tom überhaupt Streß bereiten? Das war sein Beruf. Er ist dem Mann nie begegnet, soweit ich weiß.«
»Er hat sich verantwortlich gefühlt.«
»Wofür?«
»Für den Mord an Toth. Tom glaubte, daß sich jemand Zugang zu seinem Notizbuch verschafft hatte, wo er Toth’ damalige Adresse und Telefonnummer im Gramercy Hotel vermerkt hatte.«
»Woher wollen Sie wissen, was Tom geglaubt hat?«
»Er hat es jemandem aus einer anderen Sheriff-Dienststelle anvertraut.«
»Colleen Seilers.«
»Genau.«
»Und Tom hat ihr das erzählt?«
»Na ja, nicht explizit. Aber so hätte der Mörder Toth gefunden und ihn umgebracht haben können.«
»Sie haben mir immer noch nicht verraten, weshalb Sie jemanden aus unserer Dienststelle verdächtigen.«
»Ich weite meinen Verdacht aus. Sagen wir, es war jemand von irgendeiner Polizeibehörde.«
»Reine
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