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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ist mein Beruf. Ich bin Diagnostikerin, wie ein Gynäkologe, wenn Sie auf dem Untersuchungsstuhl liegen und Ihr Po in der Luft hängt. Ich habe kein persönliches Interesse. Ich sehe nur nach und betrachte, was da ist.«
    »Er war ein anständiger Mann. Das weiß ich.«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte ich. »Womöglich kommt nichts dabei heraus, dann fühlen Sie sich auch besser. Sie haben ein Recht auf Ihren Seelenfrieden.«
    »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Eigentlich nicht. Im Moment bahne ich mir erst mal einen Weg. Jedenfalls werde ich bald Schluß für heute machen. Ich komme morgen wieder und versuche es noch einmal.« Ich stopfte eine Handvoll Kataloge und Werbeprospekte in die Mülltüte. Dann sah ich erneut auf, da ich spürte, daß sie immer noch in der Tür stand.
    »Würden Sie mit mir zu Abend essen? Brant arbeitet, also wären wir nur zu zweit.«
    »Lieber nicht, aber trotzdem danke. Vielleicht morgen. Ich muß noch ein paar Anrufe erledigen, und dann wollte ich nur schnell einen Happen essen und früh schlafen gehen. Morgen vormittag müßte ich hier fertig werden. Irgendwann sollten wir die Telefonrechnungen durchgehen. Das ist ein enormer Aufwand, deshalb schiebe ich es bis zum Schluß auf. Wir setzen uns nebeneinander und halten fest, wie viele Telefonnummern Sie kennen.«
    »Na gut«, sagte sie zögerlich. »Dann lasse ich Sie jetzt mal Weiterarbeiten.«

    Als ich meine Arbeit für diesen Tag beendet hatte, gab mir Selma einen Hausschlüssel, versicherte mir jedoch, daß sie die Türen meist unversperrt ließ. Sie erklärte mir, daß sie oft weg sei, aber wolle, daß ich auch in ihrer Abwesenheit jederzeit freien Zutritt zum Haus hätte. Ich sagte ihr, daß ich Toms persönliche Dinge durchsehen wolle, wogegen sie nichts einzuwenden hatte. Ich wollte ja nicht, daß sie mich eines Tages unvorbereitet dabei erwischte, wie ich seine Kleider durchwühlte.
    Als ich ging, war es völlig dunkel, und die Straßenlampen trugen wenig dazu bei, mein Gefühl der Isoliertheit zu vertreiben. Der Verkehr durch den Ort war lebhaft. Die Menschen fuhren zum Essen nach Hause, und die Geschäfte schlossen nach und nach. In den Restaurants ging der Betrieb los, und die Türen der Bars standen offen, um überflüssigen Lärm und Zigarettenrauch hinauszulassen. Ein paar abgehärtete Jogger hatten sich mit einzelnen Hundebesitzern, deren Schützlinge hinter Büschen Erleichterung suchten, auf die Gehsteige gewagt.
    Wieder auf der Landstraße, wurde mir bewußt, auf welch weiten Flächen keinerlei menschliche Behausungen zu sehen waren. Am Tag vermittelten die Zäune und vereinzelten Nutzbauten den Eindruck, die Landschaft sei kultiviert worden. Doch bei Nacht waren die Bergketten pechschwarz, und die bleiche Scheibe des Mondes betupfte die schneebedeckten Gipfel nur ein wenig mit Silber. Die Temperatur war gefallen, und ich roch die finstere Feuchtigkeit des Sees. Einen Moment lang sehnte ich mich nach Santa Teresa mit seinen roten Ziegeldächern, den Palmen und dem tosenden Pazifik.
    Ich bremste ab, als ich das Schild »Nota Lake Cabins« sah. Vielleicht würden mich ein knisterndes Feuer und eine heiße Dusche aufmuntern. Ich parkte meinen Wagen auf dem kleinen Platz neben der Rezeption. Cecilia Boden hatte auf dem Weg zu den Hütten entlang ein paar Niedervoltlampen installieren lassen, kleine pilzförmige Schirme, die mattgelbe Kreise auf die Zedernspäne warfen. An der Tür zur Hütte hing eine kleine, leuchtende Lampe. Ich hatte kein Licht für mich angelassen, da ich (womöglich) gespürt hatte, daß die Geschäftsleitung eine derartige Verschwendungssucht nicht gern sähe. Ich schloß auf, ging hinein und tastete nach dem Lichtschalter. Die Deckenbeleuchtung ergoß ihren matten Vierzigwattschein. Ich ging zum Bett hinüber und schaltete die Nachttischlampe ein, die weitere vierzig Watt beisteuerte. Der Digitalwecker blinkte immer wieder 12:00, was auf einen kurzen Stromausfall im Laufe des Tages schließen ließ. Ich sah auf meine Uhr und korrigierte die Zeit auf den momentanen Stand: 06:22 Uhr.
    Das Zimmer wirkte trist und kalt. Es roch penetrant nach früheren Feuern und der Feuchtigkeit, die durch die Fußbodendielen von unten in die Hütte drang. Ich musterte das Holz auf dem Rost. Daneben lag ein Stapel Zeitungspapier, um das Feuer zu entfachen. Natürlich gab es keinen Gasanzünder, und ich nahm an, daß es länger dauern würde, das Feuer zum Brennen zu bringen, als ich Zeit hätte, es zu genießen. Ich ging im

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