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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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mich wegen Tom Newquist etwas fragen wollten.«
    »Genau. Danke, daß Sie sich gemeldet haben. Ehrlich gesagt, ist es ein bißchen heikel. Ich nehme an, Sie haben gehört, daß er verstorben ist.« Ich hasse das Wort »verstorben«, wenn man in Wirklichkeit »tot« meint, aber ich hielt etwas Zartgefühl für angebracht.
    »Ich hab’s gehört.«
    Weiter verriet sie mir nichts, also war ich gezwungen, weiterzubaggern. »Also, weshalb ich Sie anrufe... Ich bin Privatdetektivin hier am Ort...«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Ich habe es überprüft.«
    »Aha, gut. Das erspart mir lange Vorreden. Jedenfalls bin ich aus Gründen, die zu kompliziert zu erklären sind, von seiner Witwe engagiert worden, um herauszufinden, was sich in den letzten zwei Monaten seines Lebens abgespielt hat.«
    »Warum?«
    »Warum?«
    »Warum ist es zu kompliziert zu erklären?«
    »Wäre es irgendwie möglich, das unter vier Augen zu besprechen?« fragte ich.
    Ihre Antwort ließ eine Weile auf sich warten, während deren ich ein Einatmen hörte. Ich vermutete, daß sie rauchte. »Wir könnten uns irgendwo treffen«, sagte sie.
    »Das wäre gut. Wohnen Sie in Perdido? Ich kann gerne rüberfahren, wenn Sie möchten, oder...«
    »Ich wohne in Santa Teresa, gar nicht mal weit von Ihnen.«
    »Wunderbar. Noch besser. Sagen Sie mir einfach, wann und wo.«
    Wieder trat eine Pause ein, während sie nachdachte. »Wie wär’s mit dem Spielplatz gegenüber von Emile’s in fünf Minuten?«
    »Dann bis gleich«, sagte ich, doch sie hatte schon aufgelegt.
    Ich sah sie schon aus der Feme, wie sie in einem gelben Regenmantel mit übergezogener Kapuze auf einer der Schaukeln saß. Sie hatte den Sitz seitwärts gedreht, und die Ketten bildeten ein verzerrtes X auf ihrer Brusthöhe. Als sie die Füße hob, lösten sich die Ketten voneinander, und ihre Beine wurden erst in die eine, dann in die andere Richtung gewirbelt. Sie setzte die Fußspitzen hinten auf und verharrte so einen Moment. Dann stieß sie sich ab. Ich sah ihr zu, wie sie die Beine streckte und wieder anzog, was sie höher und höher schwingen ließ. Ich dachte, mein Näherkommen würde ihr Spiel unterbrechen, doch sie schaukelte weiter. Ihre Miene war finster und ihr Blick auf mich fixiert.
    »Aufgepaßt!« rief sie und glitt in ihrem Schwung nach vorne aus der Schaukel. Sie schwebte kurz und landete dann mit den Füßen direkt nebeneinander im Sand, die Arme über den Kopf gereckt wie nach einem Abstieg vom Pferd.
    »Bravo!«
    »Können Sie das auch?«
    »Sicher.«
    »Vormachen.«
    Mein Gott, was tue ich nicht alles von Berufs wegen, dachte ich insgeheim. Ich bin eine hemmungslose Schleimerin, wenn es um Informationen geht. Ich nahm ihren Platz auf der Schaukel ein und stemmte mich wie sie nach hinten, bis ich auf Zehenspitzen stand. Ich hielt mich an den Ketten fest und stieß mich ab. Dann lehnte ich mich zurück, streckte die Beine aus und zog sie nach hinten, lehnte mich wieder vor und fuhr in einem wiegenden Bewegungsablauf fort, während die Flugbahn der Schaukel zunahm. Ich schwang höher und höher. Am höchsten Punkt ließ ich los und flog ebenso vorwärts, wie sie es getan hatte. Die Landung schaffte ich nicht ganz makellos, da ich zur Balance einen winzigen Schritt zur Seite treten mußte.
    »Nicht schlecht. Man braucht Übung«, sagte sie nachsichtig. »Gehen wir doch ein bißchen spazieren. Haben Sie Ihren Schirm dabei?«
    »Es regnet ja nicht.«
    Sie schob ihre Kapuze zurück und sah nach oben. »Aber bald. Hier. Sie können meinen mitbenutzen.«
    Sie spannte ihren Schirm auf, ein weiter schwarzer Baldachin über unseren Köpfen, während wir losmarschierten. Wir hielten den Schritt gemeinsam und waren so gezwungen, Schulter an Schulter zu gehen. Aus der Nähe roch sie nach Zigaretten, doch sie zündete sich in meiner Gegenwart keine einzige an. Ich schätzte sie auf Ende Vierzig. Sie hatte ein kantiges Gesicht, trug eine übergroße Brille mit einer eckigen roten Fassung und hatte schulterlanges blondes Haar. Ihre Augen waren von einem warmen Braun, und ihr breiter Mund dehnte sich zu einer Reihe von Falten, wenn sie lachte. Sie war grobknochig und hochgewachsen und hatte eine Schuhgröße, die sie wahrscheinlich zwang, im Versandhandel einzukaufen.
    »Arbeiten Sie heute nicht?« fragte ich.
    »Ich habe mir frei genommen.«
    »Darf ich fragen, warum?«
    »Sie dürfen fragen, was Sie wollen. Glauben Sie mir, ich bin geübt darin, Antworten zu umgehen, wenn mir die Fragen nicht

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