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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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packen und wieder abzuschließen. Ich holte meinen Wagen und fuhr die zehn Blocks zum Santa Teresa Hospital.

15

    Ich erwischte Dr. Yee auf dem Weg zum Parkplatz. Den VW hatte ich am Straßenrand gegenüber der Ambulanz des Krankenhauses abgestellt. Ich ging gerade um das Gebäude herum, um es durch den Haupteingang zu betreten, als Dr. Yee aus einer Seitentür heraus — kam und sich anschickte, die Straße in Richtung Parkhaus zu überqueren. Ich rief ihn beim Namen, woraufhin er sich umdrehte. Ich winkte, und er wartete, bis ich bei ihm war.
    In Santa Teresa County ist noch das System Sheriff-Leichenbeschauer in Kraft, bei dem der Sheriff als gewählter Beamter auch für das Amt des Leichenbeschauers zuständig ist. Die Autopsie an sich wird von verschiedenen Gerichtsmedizinern vorgenommen, die beim County unter Vertrag stehen und mit den Ermittlern des Leichenbeschauers zusammenarbeiten. Steven Yee war Mitte Vierzig, ein Sinoamerikaner der dritten Generation, der eine Schwäche für die französische Küche hatte.
    »Suchen Sie mich?« Er war gut einsachtzig groß, schlank und gutaussehend und hatte ein weiches, rundes Gesicht. Seine Haare waren glatt, glänzend schwarz und mit exotischen weißen Strähnen durchzogen, die er nach hinten gekämmt trug.
    »Gott sei Dank habe ich Sie erwischt! Sind Sie auf dem Weg nach Hause? Ich müßte Sie etwa eine Viertelstunde lang beanspruchen, wenn Sie soviel Zeit erübrigen können.«
    Er sah auf die Uhr. »Ich muß erst in einer Stunde im Restaurant sein«, erwiderte er.
    »Davon habe ich schon gehört. Sie haben eine zweite Laufbahn eingeschlagen.«
    Er lächelte erfreut und zuckte bescheiden mit den Achseln. »Na ja, der Gewinn ist nicht besonders, aber ich verdiene ja hier genug. Es ist erholsam, einmal Lauch zu zerkleinern anstelle... anderer Dinge.«
    »Zumindest können Sie mit dem Tranchiermesser umgehen.«
    Er lachte. »Glauben Sie mir, niemand zerlegt Fleisch so sorgfältig wie ich. Sie müssen abends mal kommen. Ich lade Sie zu einem Essen ein, das Sie vor lauter Begeisterung zum Weinen bringt.«
    »Das täte mir gut«, sagte ich. »Sie kennen ja mich und meine Big Mäcs.«
    »Also, was gibt’s? Ist es etwas Berufliches?«
    »Ich brauche Informationen über einen Mann namens Alfie Toth. Sind Sie mit dem Fall vertraut?«
    »Muß ich wohl. Ich habe die Autopsie vorgenommen.« Er wies mit dem Daumen in Richtung des Gebäudes. »Kommen Sie mit in mein Büro. Ich zeige Ihnen, was wir haben.«
    »Wunderbar«, freute ich mich und folgte ihm. »Ich habe erfahren, daß Toths Tod eventuell etwas mit einem vermutlichen Mord in Nota Lake zu tun hat... ein Mann namens Ritter. Einer der Ermittler des Sheriffbüros hat an dem Fall gearbeitet, als er vor wenigen Wochen an einem Herzinfarkt starb. Er hieß Tom Newquist. Ist er an Sie herangetreten?«
    »Ich kenne den Namen, aber er hat sich nicht direkt an mich gewandt. Ich habe mit dem Leichenbeschauer von Nota Lake telefoniert, und er hat ihn erwähnt. Was haben Sie mit dem Fall zu tun? Geht es um einen Versicherungsanspruch?«
    »Ich arbeite nicht mehr für die Versicherung. Ich habe jetzt ein Büro in Lonnie Kingmans Anwaltskanzlei in der Capillo Street.«
    »Was ist aus der Versicherung geworden?«
    »Sie haben mir einen Tritt in den Hintern verpaßt, was mir aber ganz recht ist«, antwortete ich. »Es war Zeit für eine Veränderung, daher arbeite ich jetzt überwiegend freiberuflich. Newquists Witwe hat mich engagiert. Sie sagt, ihr Mann stand unter enormem Streß, und ich soll herausfinden, warum. Die Polizei in Nota Lake hat sich zu diesem Thema sehr bedeckt gehalten, und die hiesige ist nicht viel besser.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    Am Aufzug angekommen, drückte er den Knopf für »Abwärts«, und wir plauderten beiläufig über andere Dinge, während wir in die Tiefen des Gebäudes hinabsanken.
    Dr. Yees Büro war eine kleine kahle Kammer auf dem gleichen Flur wie die Leichenhalle. Im Vorraum standen beigefarbene Aktenschränke, und das Büro selbst war kaum groß genug für seinen wuchtigen Rollschreibtisch, den Drehstuhl und einen einfachen Holzstuhl für Besucher. Seine Fachbücher waren in ein freistehendes Regal umgesiedelt worden, und die Schreibtischplatte war nun für eine Reihe französischer Kochbücher reserviert, die auf beiden Seiten von einem großen Glas trüben Formalins gestützt wurden, in dem etwas schwamm, das ich mir lieber nicht näher ansah. Ein Brustimplantat aus Gel diente als

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