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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Scholz
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efreit und als "vermeintlicher Todesfall bei der Geburt" deklariert, wurde ihr Blut in eben diesen Stunden zwischen Mitternacht und Morgendämmerung zum Wohle aller geopfert.
    Wobei das Wohl in erster Linie vornehmlich alle Ra tgeber einschloss. Ausschließlich.
    Der Mann, somit geimpft mit der wohl ehrlichsten und unverfälschten Diät , die ihm seine Ratgeber reichen konnten, gesundete kurzzeitig. Doch verlangte es dem Ahnungslosen bald nach mehr.
    Mit der Äußerung nach mehr war nun die Verpuppung des Mannes abgeschlossen. Man reichte ihm den Kelch, nach dessen Inhalt ihm verlangte, war sich aber inzwischen klar geworden, dass dies mitnichten so weiter gehen konnte. Zudem war die Beschaffung jener Zutat, die ihn schmierte doch selbst für die Ratgeber nicht ohne Risiko.
    Als es den Mann ein drittes Mal nach jener Diät , die ihm solche kurzzeitige Kraft verlieh, gelüstete, waren die Medien wie auch die Hüter des Rechts entsprechend informiert.
    Ein neuer Mann war ebenfalls schon in Stellung g ebracht worden. Natürlich kann man nicht zweimal hintereinander einen strahlenden Ritter auf den Thron setzen, das wirkt — irgendwie unecht.
    Also ist der neue Mann ein wenig kümmerlicher, ein wenig weniger strahlend.
    Kurzum: etwas mehr menschlich.
    Aber dafür mit ehrlicher aufrichtiger Empörung ausgesta ttet.
    Ein Wutbürger.
    Einer wie du und ich.
    Meine Stimme hat er.
    Und wie ist es mit deiner?

Eine Geschichte Leben
     
    Passen Sie auf.
    Ich möchte Ihnen etwas erzählen. Von mir.
    Ich möchte, dass ich mehr für Sie bin, als nur eine einfache Stimme.
    Meinen Sie, Sie schaffen das? Sie müssen das nicht.
    Ist nur ein Angebot. Sie entscheiden. Nur Sie. Ja?
    Gut, dann fange ich an und Sie hören einfach zu.
     
    Sie denken, dass ich anders bin als Sie.
    Und dass mir das Sicherheit bietet. Sie irren sich.
    Dass ich hier sitze, verdanke ich dem Umstand, dass ich einmal genau dort gestanden hab , wo Sie jetzt sind. Am Abgrund – oder einen halben Schritt davor.
    Und er gähnt sie an. Auf diese einladende Art und Weise, dass man sich einfach nur noch ein Stück weiter nach vorne lehnen möchte, stimmt´s?
    Und er gähnt sie an. Einfach so.
    Das ist alles, was er tun muss.
    Denn der Abgrund zeichnet sich dadurch aus, dass ihm e igentlich alles egal ist. Deshalb gähnt er auch in seiner alles verschlingenden Schwärze.
    Früher oder später kriegt er Sie und mich. Uns alle.
    Und da der Abgrund der Ewigkeit gleich ist, kommt es ihm auf ein paar Tage, Wochen, Monate und Jahre nicht an.
     
    Wir füttern ihn alle.
    Wenn nicht zur Gänze, dann mit unserer Verzwei flung. Und wenn wir ihn in unserer Verzweiflung als Verlockung sehen, preisen wir ihn auch noch.
    Jede Wette – das gefällt ihm. Auch wenn er nur eine Metapher ist. Eine Metapher für das eigene Versagen, das eigene Scheitern. Mein Scheitern.
    Ich sagte Ihnen doch – ich bin nicht so anders wie Sie.
     
    Mein Scheitern im Leben zeichnete sich durch Verlust aus. Machen wir uns nichts vor: erst wenn wir etwas verlieren, stellen wir fest, wie hoch die Bedeutung dessen wirklich für uns ist.
    Bei mir waren es meine Frau und mein Kind.
    Ein Wimpernschlag Tod.
    Eine Handvoll Erde.
    Ein Loch im Boden.
    Und dann…
    Ewigkeit.
    Die Ewigkeit beginnt nicht im Augenblick des Todes für den oder die Verstorbenen. Die Ewigkeit wirft ihr Netz schon zu Lebzeiten aus. Fängt die oder den Zurückgebliebenen. Sie überschüttet dich mit Trauer, die dich einschließt, dass du das Atmen vergisst. Sie krampft sich in dein Herz und macht es taub für jedes Gefühl.
    Zum Einzug schenkt sie dir dafür reine Angst.
    Die nistet sich in dir fest, wie in einem Himmelsbett. Ohne die Ahnung eines Horizonts. Und sie träumt fortan mit dir.
     
    Und wie ich geträumt habe.
    Ich kroch zu ihr mit allem , was ich noch hatte und ließ sie gewähren. Denn auf diese Weise konnte ich diese Leerstellen meines so genannten Lebens vergessen.
    Wenn auch nur kurz.
    Die Rückbesinnung war dafür umso brutaler.
    Also galt es , mit offenen Augen weiter zu träumen.
    Nur damit die richtigen Träume keine Chance bei mir hatten. Wenn ich mich dazwischen tatsächlich müde geschlafen hatte, flüchtete ich ins Internet.
    Dort – in der Interna des Lebens der anderen – ist es wirklich nett. Nett vergessenswert.
    So viel ungelebtes Leben, das man miteinander teilt, um sich der eigenen Bedeutungslosigkeit nicht mehr sicher sein zu müssen. Alle und alles ist wichtig – nur man selbst nicht.
    Oder wenn, dann nur

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