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Kopfloser Sommer - Roman

Kopfloser Sommer - Roman

Titel: Kopfloser Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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aber er habe das Gefühl, als fehle irgendetwas. Aber vermutlich wüssten sie das selbst.
    Sie reagieren nicht.
    »Ihr wisst doch genau, was es ist«, wiederholt er. Als sie ihn nur verwirrt ansehen, schlägt er so hart auf den Tisch, dass die Tassen klirren. Und die Eltern fangen noch einmal von vorn an, repetieren die letzten Antworten, zeigen noch mehr Begeisterung als zuvor.
    »Gärtner? Das würde deinen alten Vater aber freuen. Du hast mir immer gern bei der Gartenarbeit geholfen und dich sehr geschickt dabei angestellt. Und die Hauptsache ist doch,dass du dich bei deiner Arbeit wohl fühlst. Das haben wir immer gesagt.«
    »Ja. Das Wichtigste ist, dass es dir gut geht.«
    Ich wage kaum zu atmen, das ist wirklich krank. Ihre Stimmen klingen zunehmend rauer, und sie sprechen viel zu gefühlsbetont, um noch glaubwürdig zu wirken. Anders unterbricht sie.
    »Nein, so geht das nicht.«
    Er stößt den Stuhl mit einer solchen Kraft zurück, dass der hintüberkippt und bis an die Kartoffelsäcke rutscht. Ich kauere mich zusammen und habe wieder Angst, dass er mich gesehen hat.
    »Ich spüre einfach nicht, dass ihr es ernst meint«, seufzt er.
    »Aber das tun wir doch!«, rufen sie wie aus einem Mund.
    »Ich höre nur, dass ihr alles sagt, um mich zufriedenzustellen. Damit ich euch freilasse.«
    Sie streiten es ab, die Ketten rasseln.
    »Doch, doch, so ist es! Ihr spielt mir Komödie vor, ich merke es. Dass ihr es wagt, unglaublich! Verdammt, es muss von innen kommen, wie oft soll ich das noch sagen? Von innen!«
    Er brüllt so laut, dass die Stimme in dem fast kahlen Raum widerhallt. Die Eltern schwören, dass sie jedes Wort ernst meinen, so wäre es schon immer gewesen. Er soll einfach tun, wozu er Lust hat.
    »Einfach tun, wozu ich Lust habe?«, fragt Anders nach. Plötzlich ist er misstrauisch geworden. »Sagt mal, ist euch eigentlich egal, was ich mache?«
    »Egal? Aber nein, weiß Gott nicht«, schwören sie im Chor, fast wie zwei siamesische Zwillinge. »Wir machen uns viele Gedanken um dich, aber wir finden, es ist wichtig, dass du selbst …«
    »Ja, genau so seid ihr. Euch ist es doch scheißegal, euretwegen könnte ich auch Strichjunge werden, es würde euch ebenso wenig interessieren.«
    Sie protestieren energisch, husten und spucken.
    »Okay, wenn es euch nicht egal ist, dann müsst ihr doch wissen, was ich werden soll. Was schlagt ihr vor? Na, heraus damit, heraus mit der Sprache!«
    »Na ja, wenn du es wirklich wissen willst … wir finden, du solltest, du solltest ….«, stammelt die Mutter.
    »Was? Heraus damit?«
    »Nun ja, Psychologie studieren«, vollendet der Vater.
    »Das dachte ich mir, ich will aber lieber Gärtner werden. Wie oft soll ich euch das denn noch sagen? Es ist immer dasselbe mit euch. Zum Teufel noch mal, was machen wir, was machen wir? Soll ich euch wirklich wieder in den Hobbyraum schleifen?«
    Sie betteln ihn an, sie nicht in den Hobbyraum zu bringen.
    »Okay, diesmal kommt ihr davon. Aber ich komme morgen wieder, und dann fangen wir von vorn an.«
    Der Mann murmelt etwas in seinen Bart, stampft auf den Boden.
    »Entschuldigung, aber ich habe dich nicht verstanden«, höre ich Anders sagen. Ich weiß nicht, was passiert, aber ich habe das Gefühl, dass er ihnen wehtun will. Ernsthaft. Vorsichtig gucke ich durch den Spalt zwischen den beiden Säcken. Jetzt ist er zu seinem Vater gegangen ‒ freundlich und bedrohlich zugleich. »Könntest du das bitte wiederholen?«
    »Wie lange soll das noch so weitergehen, lieber Anders?«
    »Bis ihr es richtig macht, natürlich. Ihr müsst mich überzeugen, dass ihr es ernst meint.«
    »Was?«
    »Das, was ihr sagt. Ich muss es spüren können, und das kann ich nicht.«
    »Ist es dir nie in den Sinn gekommen, dass es etwas mit dir zu tun haben könnte?«
    Die Frau versetzt ihrem Mann einen warnenden Stoß. Anders geht vor ihnen auf und ab und starrt sie an. Mit einer schnellen Bewegung zieht er den Ledergürtel aus der Hose und holt damit vor dem Gesicht seines Vaters aus. Der hebt schützend die Arme vor den Kopf. Als die Mutter etwas sagen will, bekommt sie einen Schlag in den Nacken.
    »Du schlägst deine Mutter nicht!«, brüllt der Mann, das führt aber nur dazu, dass Anders ihn noch einmal schlägt, wieder und wieder. Als könne er überhaupt nicht wieder aufhören, er stößt ihm auch ein Knie in den Bauch. Ich habe Angst, dass er den entkräfteten Mann umbringt, ich halte es einfach nicht mehr aus. Ich stehe auf und komme aus meinem

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