Korona
Lederbändern fixiert. Bei Brandverletzungen war es wichtig, dass die Patienten nicht anfingen, an sich herumzukratzen. Stewart hob seine Hände. »Nur keinen Stress«, sagte er. »Ich wollte Ihnen nur die Rüstung vom Körper nehmen, damit ich Ihre Brandverletzungen behandeln kann.«
»Die Frau ist eine Bugonde«, warf einer der beiden Sanitäter in gebrochenem Englisch ein. »Sie darf nicht berührt werden von einem Mann.«
»Sagen Sie ihr, dass ich ein Heiler bin. Ich will ihr helfen, dass sie wieder gesund wird.«
»Das ist ihr egal«, sagte der Sanitäter.
»Verstehe.« Stewart öffnete seinen Arzneikoffer. »Aber es geht leider nicht anders. Wir haben nun mal keine Frau an Bord. Also entweder sie lässt sich freiwillig von mir verarzten oder ich muss ihr eine Narkose verpassen.« Er holte eine Spritze und eine Durchstichflasche mit
Trapanal
heraus. »Die Verbrennungen sind großflächig und müssen dringend versorgt werden. Wenn sie sich weigert, muss ich sie narkotisieren, sagen Sie ihr das.«
Der Sanitäter sprach mit der Frau und übersetzte die Antwort. »Sie will von Ihnen nicht berührt werden«, sagte er. »Lieber stirbt sie.«
»Na gut. Aber wenn sie sich schon nicht selbst helfen lassen will, soll sie es wenigstens für ihre Angehörigen tun. Sie ist die einzige Überlebende und eine wichtige Zeugin. Sagen Sie ihr, dass wir herausfinden wollen, wer das angerichtet hat, und dass wir den Schuldigen bestrafen wollen.«
Noch einmal redete der Sanitäter mit der Frau, diesmal länger. Allmählich schien sie zu begreifen, dass man nichts Böses von ihr wollte. Immer wieder blickte sie zwischen Stewart und den Soldaten hin und her, doch es dauerte eine ganze Weile, ehe sie zu einer Entscheidung gelangte. Sie sprach in kurzen, abgehackt klingenden Worten.
»Sie sagt: In Ordnung. Sie weiß zwar nicht, warum wir helfen, aber sie ist jetzt einverstanden mit der Behandlung. Ihr Name ist Elieshi.«
»Elieshi? Ein schöner Name. Ich heiße Stewart.« Er deutete eine Verbeugung an.
Die Frau blickte ihn ernsthaft an und nickte dann.
»Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte«, fragte Stewart.
»Ja.« Der Sanitäter nickte. »Sie hat gesagt, dass alle anderen Männer raus müssen. Sie sind der Einzige, der sie ansehen darf.«
»Na schön, Ihr Kollege kann gehen. Aber ich brauche jemanden, der für mich dolmetscht. Fragen Sie sie, ob es in Ordnung ist, wenn ich Ihnen eine Augenbinde anlege.«
Noch einmal redete der Mann mit der Frau, dann nickte er.
»Prima. Wie heißen Sie, mein Junge?«
»Herbert.«
»Herbert?« Stewart lächelte. »Interessanter Name.«
»Ein deutscher Name.« Der Sanitäter hob sein Kinn. »Meine Vorfahren kamen einst von Tansania über den Victoriasee.«
»Aus Deutsch-Ostafrika, verstehe. Also gut, Herbert, ich freue mich, dass Sie mir zur Hand gehen. Holen Sie mir einen Topf mit abgekochtem Wasser, einige saubere Tücher und Mullbinden. Ich werde der Frau solange eine leichte Morphiumspritze setzen.«
Als Herbert mit dem Wasser zurückkam, war die Bugondefrau bereits merklich ruhiger. Entspannt sah sie zu, wie Stewart dem Sanitäter die Augen verband und ihn auf einen Stuhl setzte. Dann war es Zeit, ans Werk zu gehen. Stewart betrachtete seine Patientin genauer. Sie war schlank und groß, ihr Gesicht schmal und ebenmäßig und ihre Wangenknochen hoch. Ein stolzer und hochmütiger Ausdruck schimmerte in ihren Augen. Es lag ihm auf der Zunge, sie zu fragen, was sie von dem Angriff mitbekommen hatte, doch dann überlegte er es sich anders. Erst musste sie wieder zu Kräften kommen.
Der Brustpanzer war mit Lederriemen an den Schultern befestigt. Es dauerte eine Weile, bis er das Verschlussprinzip durchschaut hatte. Das Metall hatte sich an einigen Stellen ins Fleisch gebrannt. Es gab keinen anderen Weg, als den Harnisch mit Gewalt zu lösen. Die Frau gab trotz des Morphiums leise Schmerzlaute von sich. Blut lief an ihrem Arm herab, doch Stewart war darauf vorbereitet und legte eine Mullbinde auf. Er legte den Harnisch zur Seite, dann betrachtete er das Ausmaß der Verletzungen. Die Frau trug ein Hemd aus weißem Leinenstoff. Es war völlig durchgeschwitzt und klebte an einigen Stellen auf der Haut. Zum Glück war das Gewebe nicht eingebrannt. Er entschied, das Hemd nicht zu entfernen. Die Verbrennungen am Oberkörper hielten sich in Grenzen. Im Bereich der Schultern war die Haut hingegen verkohlt. Dort würden in jedem Fall Narben zurückbleiben. Er fertigte einige
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