Korona
hören. Karl drehte seinen Kopf und sah, wie zwei Mitglieder der Besatzung den Heckrotor in Gang setzten. Sie taten das, indem sie an einem Seil zogen, das über eine primitive Rolle lief und dabei den Propeller antrieb. Langsam, mit unendlicher Vorsicht steuerten sie das zerbrechliche Gefährt auf einen hölzernen Steg zu, der längsseits im Gestein verankert war. Immer tiefer tauchten sie in den Felsen. Dann war es so weit. Es gab einen Ruck und sie machten fest. Die beiden Affen verließen den Rotor und legten eine Laufplanke aus, die von zwei Helfern auf der anderen Seite mit Seilen fixiert wurde.
Tiefe, kehlige Rufe ertönten.
Der Schamane wechselte einige Worte mit der Bodenbesatzung und deutete dann auf Karl. Eine Bahre wurde organisiert, dann hob man Karl vorsichtig hoch und trug ihn über die Planke. Nur wenige Augenblicke später und er war wohlbehalten auf der anderen Seite. Er drehte seinen Kopf, um ein paar Worte mit seinen Freunden zu wechseln, doch anstatt anzuhalten, liefen die beiden Träger einfach weiter. Sie trugen ihn über schwankende Holzkonstruktionen immer tiefer hinein in die Höhle. Er wollte Ray und Mellie etwas zurufen, doch sie waren bereits zu weit weg. Seufzend sank er zurück. Es hatte keinen Sinn, er war jetzt völlig in der Hand dieser fremdartigen Kreaturen.
Die Höhlen und Stollen, durch die man ihn trug, waren kalt und schlecht beleuchtet. Er begann zu frieren. Orientierungslos starrte er an die Decke. Nur wenige Minuten später hatte er keinerlei Vorstellung mehr davon, was man mit ihm vorhatte und wohin man ihn brachte.
Er schloss die Augen und ließ sich einfach treiben, mitten hinein ins Herz dieser seltsamen Stadt.
55
E s war stockfinster, als Richard und Elieshi von ihrer Erkundungstour zur Pyramide zurückkehrten. Der Schein eines Lagerfeuers leitete sie durch die Nacht und warf lange Schatten über das Plateau. Richard sah die Silhouetten mehrerer Menschen, die um das Feuer versammelt saßen. Der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee stieg ihm in die Nase.
Als er näher kam, sah er, dass das Suchteam, das Katumba losgeschickt hatte, um nach dem Helikopter zu suchen, zurückgekehrt war. Sie saßen auf der einen Seite des Feuers zusammen mit den beiden Piloten. Er sah auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte. Die Piloten wirkten schwer angeschlagen. Über ihre Schultern hatte man Decken gelegt, und in ihren Händen hielten sie warme, dampfende Kaffeebecher.
Plötzlich blendete ihn das Licht einer Taschenlampe.
»Wer ist da?«
»Keine Sorge, wir sind’s nur«, erwiderte Richard und trat zusammen mit Elieshi in den Kreis des Feuers. Lauter neugierige Augenpaare blickten sie an. »Das hat aber lange gedauert«, sagte der Offizier. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht.«
»Alles in Ordnung«, sagte Richard. »Wir hatten nur ein paar Schwierigkeiten, bei der Dunkelheit zurückzufinden. Zumal unsere Lampe den Geist aufgegeben hat. Dank Elieshis Fähigkeit als Spurensucherin haben wir es aber doch noch geschafft. Wie ich sehe, rechtzeitig zum Essen.«
»Bedienen Sie sich.« Katumba deutete auf die Reste des kärglichen Mahls. Richard sah eine geöffnete Dose mit Corned Beef, ein Stück Käse und getrocknetes Brot.
»Mehr haben wir leider nicht anzubieten.«
»Schon okay.« Richard füllte Elieshi einen Teller und reichte ihr auch eine Tasse Kaffee. Die Kriegerin nahm alles dankbar an und verzog sich damit in eine Ecke.
Ein paar Minuten später saß Richard mit leergegessenem Teller und einer Tasse frisch gebrühtem Kaffee zwischen den Händen am Feuer. Die Wärme und das Koffein taten ihm gut. Langsam kehrte das Gefühl in seine ausgekühlten Fingerspitzen zurück. »Leider habe ich keine guten Nachrichten«, brachte Katumba ihn auf den aktuellen Stand. »Es ist genau das eingetreten, was wir befürchtet haben. Der Hubschrauber wurde ein Raub der Flammen. Damit ist unser letzter Kontakt zur Außenwelt abgerissen. Was wir noch an zusätzlichem Proviant und Waffen besaßen, wurde zerstört. Wir haben nicht ein funktionierendes Funkgerät mehr. Diese Kreatur hat wirklich ganze Arbeit geleistet.«
Richard hob den Blick. »Amys Notebook?«
Katumba schüttelte den Kopf. »Irreparabel.«
»Verdammt.« Richard presste die Lippen zusammen. »Ausgerechnet jetzt, wo sich die Dinge zum Guten wenden.«
»Wie meinen Sie das?«
Richard zog ein abgewetztes Armeemesser heraus und hielt es in die Höhe. Es war alt und rostfleckig und sein Griff war mit abgewetzten
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