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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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sie in ihre Faxablage und zog ein Schreiben heraus, auf dessen Briefkopf das Logo der biologischen Gesellschaft mit Sitz in Washington prangte. Sie reichte es ihm wortlos hinüber.
    »Was ist das?«
    »Lies.«
    Er überflog die Zeilen und machte ein ratloses Gesicht. »Du sollst unseren Neuzugang zum Ruwenzori begleiten und ihm die Höhlengorillas zeigen?«
    »Anweisung von ganz oben.«
    »Aber wozu? Ich verstehe ja, dass Whitman um die Gorillas besorgt ist und dort bald wieder eine feste Forschungsgruppe einrichten will, aber warum sollst du Ray dahin mitnehmen? Sollte er sich nicht erst mal bei uns einleben?«
    »Das habe ich mich auch gefragt, aber bisher keine Antwort erhalten. Whitman ist zurzeit auf einem Kongress in Baltimore und weder über Mobiltelefon, Fax oder E-Mail zu erreichen. Er wird vor übermorgen nicht wieder eintreffen und so lange kann ich nicht warten.« Sie machte eine kurze Pause.
    »Was hast du vor?«
    »Ich werde tun, was von mir verlangt wird, aber ich werde es auf meine Weise tun.«
    Der Wildhüter hob die Augenbrauen.
    »Ich bleibe nicht lange weg, keine Angst«, sagte sie. »Nur ein paar Tage. Ich werde mit einer handverlesenen Gruppe in Richtung der Ostflanke des Ruwenzori aufbrechen. Wenn ich Karls Wetterprognosen trauen darf, wird dort sogar ab und zu mal die Sonne scheinen.« Sie zwinkerte ihm zu. »Wir werden die Höhlengorillas besuchen und uns bei der Gelegenheit das verlassene Lager ansehen. Nicht, dass ich damit rechne, etwas zu finden, aber jetzt, nachdem Will und seine Leute nicht mehr da sind, steht es völlig ungeschützt da – ein willkommenes Ziel für Diebe und Plünderer. Ich teile Whitmans Ansicht, dass dort wieder gearbeitet werden sollte. Abgesehen davon sehne ich mich danach, endlich mal wieder den blauen Himmel zu sehen.«
    Richard blickte zu Boden. Seine Füße standen in einer etwa ein Quadratmeter großen Pfütze. »Und wen willst du außer Ray noch mitnehmen?«
    »Dan, Karl und Mellie.«
    Richard runzelte die Stirn. »Das ist nicht dein Ernst. Hast du nicht gehört, was ich dir über die drei erzählt habe?«
    »Natürlich habe ich das, aber ich muss mir über ein paar Dinge klarwerden. Vielleicht helfen ein paar Spannungen, die Auster Ray Cox zu knacken. In einer kleinen Gruppe kommt die Wahrheit viel schneller ans Licht.«
    Der Wildhüter presste die Lippen aufeinander. »Du und dein Psychologengewäsch. Und an die Gefahr denkst du wieder einmal überhaupt nicht. Was, wenn Ray und Dan wegen Mellie Streit anfangen? Was tust du dann?«
    »Es wird schon nichts passieren. Außerdem weißt du ja, wie vorsichtig ich bin.« Sie öffnete eine Schublade und nahm ihre Pistole, eine versilberte
Heckler & Koch,
heraus.
    »Nimm mich wenigstens mit.«
    »Geht nicht«, seufzte sie. »Ich kann dich hier nicht entbehren. Du musst den Laden am Laufen halten, solange ich weg bin. Sobald der Regen nachlässt, schnappst du dir Agnes und beginnst mit der Zählung. Wir sind ohnehin schon viel zu spät dran. Und mach dir keine Sorgen, mir passiert schon nichts. Ich bin wie eine Katze, ich falle immer auf die Füße.«
    Richards Gesichtsausdruck war alles andere als optimistisch.

7
    E s war am nächsten Morgen, als die beiden Fahrzeuge das regennasse Camp verließen und auf matschigen Pisten hinab ins Tal schlitterten. Die Strecke, die Ray und Amy einige Tage zuvor den Berg hinauf genommen hatten, war unter den Regengüssen zu einem reißenden Bach geworden. Mehr als einmal mussten sie alle aussteigen und die Fahrzeuge aus Schlammlöchern und Bodenrinnen befreien. Ohne die motorisierten Seilwinden hätten sie es vermutlich niemals geschafft. Unten angelangt ging es zwar besser, doch dauerte es immer noch über eine Stunde, ehe sie endlich die Hauptstraße erreichten, die Richtung Norden führte.
    Acht Stunden später waren sie immer noch unterwegs. Ray, der die meiste Zeit über geschlafen hatte, öffnete die Augen und blickte gedankenverloren in den grauen Himmel. Die Straße war merklich besser geworden. Ordentlich asphaltiert und hin und wieder unterbrochen von Temposchwellen, krümmte sie sich wie eine breite graue Schlange Richtung Fort Portal. Der Regen hatte aufgehört und es war heller geworden. Entlang der Seitenstreifen waren unzählige Fahrradfahrer unterwegs, die alles Mögliche transportierten. Grüne Bananen, Säcke mit Maniok, lebende Schweine, ja sogar Bettgestelle. Das Fahrrad schien in Uganda das Transportmittel Nummer eins zu sein, auch wenn es keine

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