Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
kam auf sie zu. Ein Blitz zuckte auf und enthüllte die tropfnasse Gestalt von Ray Cox.
    Das Wasser lief über sein Gesicht, doch er lächelte geheimnisvoll. Schneeflocken umtanzten ihn, während er näher kam. In seiner Hand hielt er einen kleinen goldenen Gegenstand, dessen gläserne Oberfläche das Licht ihrer Lampe reflektierte. Amy trat näher. Es dauerte eine Weile, bis ihr das volle Ausmaß seiner Entdeckung bewusst wurde.
    Sie hob den Kopf und blickte in Rays eisblaue Augen.
    »Wo hast du die gefunden?«

21
    Am nächsten Morgen …
    E ine dünne Schicht Eis und Schnee lag über dem Bergwald. Sie überzog Steine und Pflanzen mit einem glitzernden Zuckerguss, der aussah, als würde er beim ersten lauten Geräusch in tausend Stücke zerspringen. Die Farben waren verblasst und einem kalten, gleichförmigen Grau gewichen, das den Dingen ihre Konturen raubte. Die Welt wirkte, als wäre sie in einem Dornröschenschlaf erstarrt. Ein eiskalter Wind strich über das Land und machte ihnen das Atmen schwer. Kleine Atemwölkchen ausstoßend, stapfte die Gruppe durch den Schnee. Alle hatten ihre Jacken angezogen, hielten die Arme vor der Brust verschränkt und blickten zu dem unglaublichen Bauwerk hinüber, das vor ihnen aufragte.
    Ray hielt an und klopfte den Schnee von seinen Schuhen.
    »Da ist sie. Na, habe ich euch zu viel versprochen?«
    Die Pyramide war auch bei Tageslicht immer noch beeindruckend genug, um ehrfürchtiges Schweigen auszulösen. Karl war der Erste, der seine Stimme wiederfand. »Heiliger Strohsack.« Er pfiff durch die Zähne. »Was für ein abgefahrenes Teil.«
    »Abgefahren? Das ist
sensationell.
« Mellie holte ihre Kamera heraus und schoss einige Fotos. Ihre Finger waren bleich von der Kälte, doch das hielt sie nicht davon ab, immer wieder auf den Auslöser zu drücken. »Ich glaube, das ist der atemberaubendste Fund seit dem Grab von Tutanchamun. Eine Nachricht, die um die Welt gehen wird, das verspreche ich euch.« Sie machte kehrt und fotografierte das Team. »Lächelt mal, Leute, ihr werdet berühmt werden. Die Titelseiten der wichtigsten Zeitschriften werden mit unseren Konterfeis gepflastert sein, denkt an meine Worte.«
    Amy blickte ungeduldig im Kreis herum. »Wo hast du Burkes Brille denn nun gefunden?«
    »Seht ihr die halb eingestürzte Bogenkonstruktion?« Ray deutete in die Ruinen. »Die Statue ist gleich daneben. Passt auf, es sind eine ganze Menge Spalten und Wurzeln unter dem Schnee verborgen. Nicht, dass ihr euch den Fuß vertretet.« Er ging ein Stück die Prachtstraße entlang, bog dann ab und ging querfeldein durch die eingestürzten Gebäude. Kurz darauf erreichten sie die Skulptur.
    »Himmel noch mal.« Mellie strich mit ihren Fingern über den rauhen Stein. »Sieht genau aus wie die Statue in der Hütte der Hexenmeisterin, findest du nicht, Amy?«
    »Nur, dass diese hier noch ein Stück größer ist.«
    Die Botanikerin schauderte. »Mir wird eiskalt, wenn ich das Ding nur ansehe.« Sie hob die Kamera, um ein Foto zu schießen, doch Dan drängte unsensibel ins Bild. »Wo hast du die Brille denn nun gefunden?«
    »Hier oben.« Ray deutete auf den Spalt. »Sie steckte dort drin.« Er stieg auf den Sockel und wischte den Schnee mit dem Ärmel runter. Die kleinen Blumen waren unter der Eiseskälte erfroren. Schlapp ließen sie ihre Blüten hängen.
    »Wie könnte die dort hingekommen sein?« Mellie war ein paar Schritte zur Seite getreten und schoss weitere Fotos.
    »Da bin ich überfragt«, sagte Ray. »Dass jemand sie da oben verloren hat, halte ich für ausgeschlossen. Noch mysteriöser finde ich die Tatsache, dass sie völlig unversehrt ist. Kaum ein Kratzer – weder auf dem Gestell noch auf den Gläsern. Man dürfte doch annehmen, dass ein solch empfindliches Gebilde bei einen Kampf oder einer Entführung Schaden genommen hätte.«
    »Bleibt eigentlich nur eine Erklärung.« Amy griff in die Tasche und zog die teuer aussehende Fassung heraus. Das feingeschwungene Goldgestell mit den randlosen Gläsern war schon auf vielen Pressefotos zu sehen gewesen. Zuletzt auf den Titelseiten von
National Geographic
und
Vanity Fair.
    »Und die wäre?«
    »Jemand hat sie dort abgelegt. Jemand, der wollte, dass sie gefunden wird.«
    »Das ist doch lächerlich«, sagte Dan. »Warum sollte William sie dort ablegen? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    »Ich behaupte nicht, dass es William gewesen ist. Ich behaupte auch nicht, dass ich es verstehe«, gab Amy ungeduldig zurück.

Weitere Kostenlose Bücher