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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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konnte Zeit für Auri gewinnen. Ein Speer zischte neben ihm in den Boden. Er riß ihn heraus und erwartete die Angreifer. Anstatt zuzustechen, benutzte er den langen Schaft als Keule. Das harte Holz donnerte auf einen Schädel, brach Finger, die Äxte hielten, rammte in eine Magengrube, brachte Angreifer zu Fall und hielt ihm die Gegner vom Leibe.
    Plötzlich stand Lockridge allein und rieb sich verblüfft die Augen. Drei Yuthoaz wanden sich stöhnend zu seinen Füßen, die anderen waren an das Feuer geflohen und starrten ihn keuchend an. Schweiß glänzte auf ihren Körpern.
    »Die Maruts sollen euch holen!« brüllte Withukar. »Er ist nur ein einzelner Mann.« Seine vier unversehrten Gefolgsleute rührten sich nicht. Kein Bogen wurde gespannt.
    Withukar griff selbst an, nachdem er zu Atem gekommen war. Er parierte den von Lockridge geschwungenen Speer mit seiner Axt. Der Speer entfiel Lockridges Händen. Mit dem Fuß beförderte der Häuptling die Waffe außer Reichweite und näherte sich mit wildem Siegesschrei. Von allen Lagerfeuern strömten die Männer herbei.
    Lockridge blockierte Withukars Schlag und setzte einen Armhebel an. Ein kurzer, grausamer Ruck – es klang wie ein Pistolenschuß, als der Knochen brach. Keuchend fuhr Withukars Atem durch zusammengepreßte Zähne, als er mit schmerzverzerrtem Gesicht zurückwich.
    Ein großer Mann von einem andern Feuer hatte Lockridge fast erreicht. Er trug eine Tunika und schwang seine Axt. Lockridge wich seitlich aus, setzte dem Anstürmenden die Hüfte entgegen. Ein Judogriff verwandelte den Angriff in einen Flug, der krachend zwei Meter entfernt endete.
    Wildes Heulen erfüllte die Nacht. Die Männer zogen sich zurück. Sie begriffen nur, daß ein einzelner Mann ein halbes Dutzend Gegner in wenigen Minuten kampfunfähig gemacht hatte. Für sie war es ein Fabelwesen, das menschliche Gestalt angenommen hatte, und Entsetzen packte sie.
    Langsam wandte Lockridge sich um, hob die Axt seines Gegners auf und ging davon. Seine Muskeln spannten sich. Jeden Augenblick erwartete er einen heimtückisch geschleuderten Speer, den tödlichen Schlag einer Axt. Aber er blickte sich nicht um. Eine knorrig gewachsene Eiche hob sich aus der Dunkelheit, ihre Blätter flüsterten. Eine Hand griff nach Lockridge. Er zuckte zurück, griff dann zu. Seine Hand berührte weiches Fleisch.
    »Malcolm«, flüsterte sie.
    Sein Gaumen war trocken. »Auri, du hättest das Weite suchen sollen«, erwiderte er.
    »Ich mußte hier warten, um zu sehen, was dir geschah. Komm!« Sie drückte sich fest an ihn. »Ich kenne die Wege, die in den Wald führen«, sagte sie.
    »Das ist gut.« Lockridge konnte wieder klar denken. Er erkannte die Feuer auf den Feldern, Gestalten, die zwischen ihnen hin und her huschten, zuweilen Aufblitzen von glattem Stein oder Kupfer. Die Stimmen waren zu entfernt, um Worte zu verstehen.
    »Sie werden bald wieder mutig werden«, sagte er. »Besonders wenn Brann erfährt, was geschehen ist und an ihr Selbstvertrauen appelliert. Die Wälder sind nicht nahe, und sie werden nach uns suchen. Können wir uns verborgen halten?«
    Auri nickte und zog ihn weiter. Dann ließ sie sich auf alle viere nieder und folgte einem gewundenen Pfad durch hohes Gras. Lockridge stellte sich ungeschickter an, obwohl er sich vor langen Jahren, in jener ungeborenen Zukunft, als er ein Junge war, ähnlich fortbewegt hatte.
    Bald darauf heulte ein Wolf in den Wäldern, die sich dunkel vor ihnen abzeichneten. Als wäre es ein Signal, begannen die Bisonhörner zu dröhnen, die Rufe der Verfolger klangen hinter ihnen auf.
    Der Rest der Flucht war für Lockridge wie ein Traum. Ohne Auri wäre er nie entkommen. Als sähe sie im Dunkeln, umrundete sie alle Hindernisse und nutzte jeden Schatten aus. Einmal lagen sie hinter einem Hügel und hörten die Verfolger knapp einen Meter entfernt vorüberhasten. Dann erklommen sie einen Baum, kurz bevor die Speere unter ihnen vorüberschwankten. Als der Wald sie schließlich umgab, sank Lockridge zu Boden.
     
    Schritt für Schritt kehrte er in die Wirklichkeit zurück. Zuerst sah er den Himmel zwischen den Blättern schimmern. Davon abgesehen, war er fast blind in der Nacht. Farnkräuter raschelten und streiften mit harten Wedeln über seine Glieder, aber der scharf riechende Boden war weich und feucht. Auri hatte sich an ihn geschmiegt; er spürte die Wärme ihres Körpers, und ihr Haar duftete schwach nach dem Rauch eines Holzfeuers. Tiefe Stille herrschte

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